Bezirksamt: Sozialdezernentin Angela Braasch-Eggert geht in Ruhestand - und hat nun mehr Zeit für ihre vielen Ehrenämter

Das Mobile mit den Holzvögeln ist längst im Karton gelandet. Ebenso die 18 roten Mini-Autos, magnetischen Geduldsspiele und die vielen dicken Gesetzestexte. Nach fast 40 Dienstjahren geht heute Bergedorfs Sozial-, Jugend- und Gesundheitsdezernentin Angela Braasch-Eggert in Ruhestand und verabschiedet sich von langjährigen Weggefährten im Spiegelsaal des Rathauses: "Eigentlich war ich bang davor, in Rente zu gehen. Aber jetzt habe ich auch endlich mehr Zeit für meine Ehrenämter", sagt die 65-Jährige.

Dass sich die Frau auch nur eine Sekunde im Leben gelangweilt haben könnte, mag niemand glauben. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften startete Braasch-Eggert 1976 ihre Verwaltungslaufbahn an der Hamburger Uni und durfte internationale Hochschulbeziehungen aufbauen: "Meine ersten Dienstreisen führten mich nach Bukarest und St. Petersburg, das damals noch Leningrad hieß." Längst vergilbt sind auch die 62 Seiten mit der Aufschrift "Über die Situation der Frauen in Hamburg". Auf Anfrage der Bürgerschaft berichtete Braasch-Eggert über Teilzeitarbeit, Wohnhilfen und Heimarbeit: "Danach wurde eine Gleichstellungsbeauftragte eingestellt", freute sie sich über erste Erfolge in der Arbeits- und Sozialbehörde des Wandsbeker Bezirksamtes. 1981 bekam sie ihre "erste große Aufgabe" und leitete (mit Unterbrechungen für die drei Töchter) acht Jahre die 200 Mitarbeiter der Sozialtherapeutischen Dienste: Da galt es etwa Mündelgelder zu verwalten oder Hilfen für Drogen- und Alkoholkranke zu stellen.

1989 schließlich landete ein Bergedorfer Telefonbuch auf ihrem Schreibtisch - als Zeichen, dass ihre Bewerbung im hiesigen Bezirksamt angenommen worden war. Aus der Jugend- und Sozialdezernentin wurde nach drei Jahren eine Rechtsdezernentin, "weil Christine Steinert mich als ihre Vertreterin haben wollte". Tatsächlich lobt die ehemalige Bezirksamtsleiterin heute noch: "Frau Braasch-Eggert war zukunftsorientiert und hat die Fähigkeit, in schwierigen Fällen tragfähige Kompromisse zu erarbeiten."

Und das musste sie wahrlich nicht selten. Zunächst demonstrierten die Sozialarbeiter gegen zu hohe Arbeitsbelastung - es half eine straffe Umorganisation: "Das waren schließlich keine freischaffenden Künstler." Der Stress sollte sich später wiederholen: "Bei der großen Fluktuation im Jugendamt nach dem Umzug ins Dienstleistungszentrum waren wir zunächst ratlos. Aber durch eine gute Teamentwicklung ist die Lage jetzt stabil."

Als schwierig empfand sie die braunen Zeiten, als die DVU 1997 in die Bezirksversammlung gewählt war: "Unter Polizeischutz wurden die von hinten ins Rathaus geschleust. Ich musste durchsetzen, dass unsere Politiker deren Tagesordnungspunkte nicht immer mehrheitlich unter den Tisch fegten." Den Rechtsextremen zu helfen, sei eine schräge Situation gewesen, "sie waren nicht nur borniert, sondern auch dumm."

Als die Liegenschaft noch zu ihren Aufgaben als Rechtsdezernentin zählte, war es besonders spannend. "Wir haben ja die Flächen für Neuallermöhe gekauft, und es gab viele Verträge mit Pachthöfen." Auch mit Milchquoten und der Schweinepest beschäftigte sich die Juristin, die ganz nebenbei auch noch zwei Jahre das Gesundheitsamt leitete (und die Drogenberatungsstelle Kodrobs nach Bergedorf holte): "Ich konnte halt Management, aber thematisch habe ich immer dazugelernt." Mit der Bezirksverwaltungsreform änderte sich zwar die Bezeichnung ihres Dezernats, aber Sozialthemen blieben ihr stets ein Anliegen. Und so lässt sie nun das Thema Flüchtlinge nur ungern offen: "Ich hätte die Menschen gern an der Brookkehre oder auf dem Frascatiplatz untergebracht, bevor sie winters in Zelten übernachten müssen." Nachfolgerin Sabine Steffen wird ein zweites Großprojekt anpacken müssen, so Braasch-Eggert: "Neuallermöhe ist zwar als Gebiet der sozialen Stadtteilentwicklung beschlossen. Noch ist aber kein Projekt umgesetzt."

Dass Politik und Verwaltung nicht immer an einem Strang ziehen, zeige sich auch im Jugendhilfe-Ausschuss, dessen Besetzung sie sich "jünger, mutiger und schwungvoller" wünscht, um Bedarfe anzupassen: "Dass hier freie Träger vertreten sind, ergibt oft eine Interessenkollision, wenn die Zuwendungen verteilt werden. Da lassen sich die Politiker oft zu viel vorsetzen."

Zumindest ihre beiden Ehrenämter führen sie selbst in politisches Fahrwasser, so als Vizepräsidentin beim Hamburger Sportbund (HSB), die sich um die Sportinfrastruktur kümmert. Oder als frisch gewählte Chefin des Weltverbandes der Jugendherbergen.

Langeweile? "Ach, da sich mein Mann als Seniorstudent mit Brückenbau beschäftigt, bleibt mir hoffentlich noch viel Zeit für mein Ruder-Hobby. Das kann man bis ins hohe Alter machen. Und die Strecke vom Isebekkanal bis nach Bergedorf ist sehr schön."