Specken: Montagnacht vor 30 Jahren stürmte die Polizei
Vor 30 Jahren gehörten sie zum harten Kern der Besetzer der Bergedorfer Speckenhäuser - und sie würden es wieder tun: Fünf der Aktivisten von damals, heute alle über 50 Jahre alt und selbst Väter, trafen sich kurz vor dem 30. Jahrestag der Räumung am alten Standort der legendären Arbeiterhäuser. "Zwei Jahre haben wir damals durchgehalten. Das war ein ganz wichtiger Schritt, um die willkürliche Zerstörung des alten Bergedorf in die Köpfe der Menschen zu bekommen - und so letztlich zumindest einzudämmen", sagt Dietrich Becker, heute Leiter der Bergedorfer Bücherhalle.
Der 58-Jährige ist Vater zweier Töchter und hätte nichts einzuwenden, wenn sich seine Kinder ebenfalls so aktiv engagieren würden. "Das hat nichts mit Krawall zu tun. Es ist ein persönlicher Einsatz für die Lebensqualität in unserem Stadtteil", stellt Prof. Dr. Thomas Schramm (58) klar, heute Dozent an der HafenCity-Universität. "Und durch uns ist damals der unsägliche Filz zwischen dem SPD-Rathaus und der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille öffentlich geworden", ergänzt Gerald Jörs (51), heute Erzieher in einer Mutter-Kind-Einrichtung der Stiftung Alsterdorf in Neuallermöhe.
Dass es diese enge Verbindung auch heute noch gibt, sieht Thomas Schramm im Abriss des alten Nettelnburger Gutshauses 2013 bestätigt: "Dort ist die Bergedorf-Bille trotz des heftigen Protestes der Bürger einfach vorangeschritten. Wir von der HafenCity-Universität hatten damals angeboten, vor dem Abriss zumindest noch ein originalgetreues 3D-Modell zu erstellen. Doch die Genossenschaft hat uns schlicht den Zutritt verboten. Es gab wohl die Befürchtung, wir hätten sonst den Abriss noch gefährden können."
"Heute ist der Lohbrügger Wasserturm wieder akut gefährdet", betont Jörn Lindemann (51), aktuell stellvertretender Chefredakteur des Magazins "selber machen". "Nur davon, dass das Bezirksamt mittlerweile nicht mehr hinschaut, ist die Bausubstanz des Lohbrügger Wahrzeichens nicht besser geworden", weiß auch Dr. Geerd Dahms, mittlerweile Deutschlands einziger öffentlich vereidigter Denkmal-Sachverständiger und damals einer der Redensführer der Speckenhäuser-Besetzer und langjähriger Kämpfer um den Erhalt des Sander Dickkopps.
In der Nacht von Montag auf Dienstag kommender Woche jährt sich die Räumung der Häuser nun zum 30. Mal. Damals gingen mit dem Sturm von zwei Hundertschaften der Hamburger Polizei und dem Heraustragen der etwa 25 Besetzer vor den Kameras und Mikros zahlreicher Medien zwei Jahre Hausbesetzung zu Ende. So lange hatte es gedauert, bis Bezirksamtsleiterin Christine Steinert endlich die Räumung durchsetzen konnte. Dabei tönte ihr Vorgänger Jörg König zum Anfang der Aktion der Bergedorfer Aktivisten im Sommer 1982 noch: "Ich lasse mir doch von so ein paar großen Jungs nicht vorschreiben, wie ich Politik zu machen habe."