Bergedorf ist nur im Zentrum städtisch, durch die Vier- und Marschlande aber ländlich geprägt. Der Bezirk hat aber weit mehr zu bieten, als sein Ruf als Hamburger Provinz ahnen lässt.

Die Sternwarte als angehendes Weltkulturerbe, ein malerisches Villengebiet, modernes Wohnen und Arbeiten am Wasser in der Schleusengraben-Region direkt neben der City – Bergedorf hat weit mehr zu bieten, als sein Ruf als Hamburger Provinz ahnen lässt. Vielleicht haben die Bergedorfer aber auch ihren Teil dazu beigetragen, als die etwas anderen Hamburger wahrgenommen zu werden: Wer hier „in die Stadt“ fährt, der meint Bergedorfs City. Geht es dagegen Richtung Mönckebergstraße, Neuer Wall & Co., reist der Bergedorfer „nach Hamburg“.

Tatsächlich versteht sich Bergedorf als Großstadt in der Metropole Hamburg, sieht sich in einer Liga mit Schwerin, Lüneburg und Lübeck. Bei gegenwärtig 121.885 Einwohnern (Stand 2013), der vom Umsatz her zweitwichtigsten Einkaufsstraße Hamburgs und einem Einzugsbereich von gut 250.000 Menschen eine logische Perspektive. Gleichzeitig ist Bergedorf in guter hanseatischer Tradition sozialdemokratisch. Nie stellte hier eine andere Partei als die SPD den Bezirksamtsleiter, den die Bergedorfer natürlich ihren „Bürgermeister“ nennen. Allerdings hat Bergedorf mit dem Groß-Hamburg-Gesetz 1938 seine Stadtrechte verloren, ist seither zum Verwaltungsbezirk der Hansestadt geworden.

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Um das bis heute große Selbstbewusstsein der Bergedorfer zu verstehen, braucht es also einen kleinen Ausflug in die Geschichte. Die Hamburger Zeit an der Bille beginnt mit einem handfesten Krieg gegen die renitenten Bergedorfer: Um dem Raubrittertum auf ihren wichtigsten Handelsstraßen ein Ende zu machen, heuerten die Hansestädte Hamburg und Lübeck 1420 ein vermutlich 4000 Soldaten großes Söldnerheer an. Im Juli wurde die Burg Bergedorf, das heutige Schloss, belagert und nach fünf Tagen Beschuss mit schweren Geschützen und erheblichen Verlusten unter den Angreifern eingenommen. Der Aufwand für diesen Feldzug, der auch die Vierlande und Geesthacht an die beiden Hansestädte fallen ließ, gilt Historikern als klares Indiz, welche Bedeutung Bergedorf damals erlangt hatte.

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