Bergedorfs SPD: Neues Buch erzählt von Partei und Prominenz

Sie wollten das Hansa-Gymnasium zur Volksschule für alle machen. Sie forderten, der Witwe von Bürgermeister Ernst Mantius (* 1897) die Pension zu streichen, um das Geld hungernden Arbeitern am Weidenbaumsweg zu geben. Und natürlich kämpften sie gegen ein Wahlrecht, das die Stimmabgabe ans Einkommen knüpft.

Die Geschichte der Bergedorfer SPD bietet einen gänzlich neuen Blickwinkel auf die vergangenen 150 Jahre des heutigen Bezirks. Denn bisher dominieren hier jene Quellen, die sich in der Sammlung des Bürgervereins finden und damit auch im Archiv des Bergedorf-Museums. Diese Sicht verschweigt den "Blick von unten", dem sich Bergedorfs Sozialdemokratie von Anfang an verpflichtet fühlte.

Wie der aussah, kann jetzt auf 202 Seiten nachgelesen werden: "Unbeugsam und leidenschaftlich - Streifzüge zur Geschichte der Bergedorfer SPD" (ISBN: 978-3-00-042714-5) haben Dr. Christel Oldenburg, Michael Schütze und Hartmut Lutz ihr Werk genannt (10 Euro, in allen Buchhandlungen). Es ist ein Buch zum Schmökern geworden, nimmt die eigentliche Geschichtsaufarbeitung doch nur gut 80 Seiten ein. Der Rest ist Interviews und Beiträgen gewidmet, die von der aktuellen SPD-Prominenz handeln.

So stellen sich Christine Steinert und Dr. Christoph Krupp den Fragen der Autoren zu ihrem Regierungsstil und den Tricks, die "Bergedorfer Sicht der Dinge" auch in Hamburg durchzusetzen. Zudem erzählt der langjährige Bundestagsabgeordnete Dr. Rolf Niese aus seinem Leben als Spross einer typischen SPD-Familie. Und Ties Rabe, amtierender Bildungssenator, berichtet aus dem aktuellen Politik-Geschäft: "Wünsch Dir was gibt es nur im Fernsehen". Dazu bietet das Buch zahlreiche Bilder, etwa Hans-Ulrich Klose als Hamburger Bürgermeister, "Mr. Bezirksversammlung" Egon Boldt und natürlich Helmut Schmidt.

Doch auch Bergedorfs SPD-Historie wird spannend erzählt. "Auch wenn die Nazis 1933 alle Unterlagen des Lohbrügger Ortsvereins verbrannten und das seit 1919 erschienene Bergedorf-Sander Volksblatt zerstörten, gibt es reichlich Material", sagt Christel Oldenburg. So lasse sich heute zwar nicht mehr nachweisen, ob die SPD hier schon vor dem Bismarckschen Sozialistengesetz (1878-90) gegründet war. Danach ging es aber schnell: 1890 entstand der Bergedorfer Ortsverein, 1893 der Lohbrügger und im Jahr 1900 zog der erste Sozialdemokrat in die Bergedorfer Bürgervertretung ein - ein Jahr früher als in die Hamburgische Bürgerschaft.

Der wirkliche Siegeszug begann nach dem Ersten Weltkrieg: "Sieben Prozent der damals 19 000 Bergedorfer waren Mitglied der SPD", sagt Michael Schütze, der für die Zeit nach 1949 mit einer Anekdote aufräumt: "Die SPD hat den Bergedorfer Wahlkreis nicht durchgängig gewonnen. 1953-57 saß mit Hans Griem ein CDU-Politiker für uns in Bonn. Die folgenden 56 Jahre war Bergedorf aber ununterbrochen durch die SPD im Bundestag vertreten."

Zur offiziellen Buchvorstellung kommt am Freitag, 18 Uhr, Bürgermeister Olaf Scholz ins Gewerkschaftszentrum an der Serrahnstraße 1. Wer dabei sein möchte, meldet sich unter (040) 7 21 49 13 oder hh-bergedorf@spd.de an.