Bergedorf. Seit gestern, 12.59 Uhr, ist die Bergedorfer Mühle nicht mehr zu übersehen. Niederländische Mühlenbauer haben dem Galerie-Holländer an der Chrysanderstraße 52 b seine Flügel wiedergegeben.
Vorangegangen waren gut zwei Stunden Präzisionsarbeit - und fast sechs Jahre oft schweißtreibender Vorbereitung durch den Verein Bergedorfer Mühle.
"Es ist einfach ein gutes Gefühl", sagt der zweite Vorsitzende Peter Specka beim Blick auf das Flügelkreuz in 15 Metern Höhe. Bereits um 8 Uhr war der Tieflader mit den roten Stahlflügeln und mächtigen hölzernen Blättern aus dem holländischen Lochem bei Enschede eingetroffen. Es folgte ein riesiger Telekran, der die beiden 20 Meter langen und je 1,1 Tonnen schweren Doppelflügel bis auf knapp 50 Meter anheben und von der Chrysanderstraße zur 35 Meter entfernten Mühle heben sollte.
Während die schwere Technik unter den Augen Hunderter Schaulustiger auf engstem Raum in Position gebracht wurde, trafen auch die Mühlenbauer ein. Für das Experten-Trio der Firma Groot Wesseldijk war es kein alltäglicher Einsatz: Die Lochemer installierten in Bergedorf die Doppelflügel Nummer 99 und 100 aus ihrer Fertigung.
75 000 Euro lässt sich der Mühlenverein diesen letzten Schritt der Sanierung des künftigen Technikdenkmals, Baujahr 1831, kosten. "Ich hoffe, dass wir damit nach 13 flügellosen Jahren wieder eine funktionsfähige Mühle haben", sagt Vereinschef Bruno Kluß, der mit seinem sechs ehrenamtliche Handwerker kleinen Team seit 2005 fast täglich an dem hölzernen Riesen gearbeitet hat. So kamen mehr als 15 000 Stunden zusammen. Nach der Rechnung des Denkmalschutzamtes entspricht das einem Gegenwert von 105 000 Euro.
"Zählt man die 300 000 Euro hinzu, die wir für Material und Fachfirmen wie die Mühlenbauer bezahlt haben, sind wir fast im 2004 aufgestellten Kostenplan von 380 000 Euro geblieben", freut sich Kluß. Das Geld kam neben Spenden von Bergedorfern und Vereinsbeiträgen durch Zuschüsse vom Denkmalschutzamt, der Powalla-Stiftung, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Stiftung Denkmalpflege Hamburg, der Bergedorfer Bezirksversammlung und der Haspa zusammen.
Ob es tatsächlich bei diesem Kostenrahmen bleibt, wird sich in der kommenden Woche zeigen: Dann sind die Holländer zur Endmontage der Jalousie-Flügel erneut für einige Tage in Bergedorf. Anschließend folgt der erste Testlauf und damit die Premiere für das hölzerne Getriebe mit riesigen Zahnrädern im Innern der Mühle. "Ich hoffe, dass wir alles wieder funktionsfähig hergerichtet haben", sagt Bruno Kluß. Andernfalls müssten auch dort wohl die Holländer Hand anlegen.
Wer die "neue" Mühle in Augenschein nehmen will, hat dazu am Wochenende, 23. und 24. Oktober, Gelegenheit: Der Mühlenverein lädt für Sonnabend, 14 bis 18 Uhr, und Sonntag, 11 bis 18 Uhr, zur Kunstmesse in das 179 Jahre alte Bauwerk ein.
Richtig feiern will der Verein aber erst im Frühjahr 2011. "Bis dahin müssen wir noch kräftig üben, um mit den neuen Flügeln für den Mahlbetrieb richtig umzugehen", sagt Kluß. "Es gibt keinen Computer, der uns bei den Launen des Windes hilft. Das hier ist und bleibt reine Handarbeit."