Bergedorf. Das Bergedorfer Schloss war 50 Jahre umkämpftes Streitobjekt der norddeutschen Herrscher. In diese spannende Zeit - die Jahre 1370 bis 1420 - entführt Dr. Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt die Leser des neuen Lichtwark-Heftes (5,20 Euro; 52 Seiten; zu haben unter anderem in Buchhandlungen und Kiosken im Großraum Bergedorf).
Serie über das aktuelle Lichtwark-Heft / 2. Teil: Bergedorfs wilde Jahre von 1370 bis 1420
In seinem Aufsatz ordnet er Bergedorfs Geschichte in die beiden Dominanten jener Jahre ein: Die Expansionsbestrebungen der mächtigen Hansestädte Hamburg sowie Lübeck und die Reaktionen der adligen Territorialherren vom dänischen König über die Herzöge von Sachsen-Lauenburg bis zu den vielen kleinen Adligen der Region. Dabei trafen zwei völlig gegensätzliche Welten aufeinander. Die Hansestädte brauchten frei Straßen und Flüsse, um Handel betreiben zu können. Die Landherren dagegen bedienten sich gerne an den Transporten, forderten Abgaben oder nahmen sich gleich alles mit Waffengewalt.
"Raubrittertum" brandmarkten die Städte dieses Verhalten, das für manchen Adligen vor ihren Toren allerdings geradezu überlebenswichtig war. Denn die Ausgaben für die Höfe samt Personal und herrschaftlichem Lebenswandel überstieg chronisch die Einnahmen aus den Abgaben ihrer Untertanen.
Bergedorfs Herrscher, die Herzöge von Sachsen-Lauenburg, waren da keine Ausnahme. Allerdings war hier der Finanzbedarf Mitte des 14. Jahrhunderts so groß, dass sie das Städtchen samt seiner Burg 1370 gleich ganz an Lübeck verpfändeten. Wer aber erwartet hätte, dass damit die Verhältnisse geklärt waren, sah sich kurz nach 1400 getäuscht: Gerade zum Herzog geworden, holte sich Erich IV. Bergedorf zurück - allerdings nicht mit dem Geldbeutel sondern mit dem Schwert.
Es war ein Coup, der die Städte überraschte und tatsächlich wieder für einige herzogliche Jahre in Bergedorf sorgte. 1420 dann das gewaltige Echo: Mit einem Söldnerheer zogen beide Hansestädte gegen den Herzog. Nach kurzem Krieg eroberten sie Bergedorf samt Burg. Im Frieden von Perleberg wurde dann die ganze Misere Erichs IV. aktenkundig: Er verlor nicht nur Bergedorf sondern auch den halben Sachsenwald, die Vierlande und Geesthacht.
Das war der Beginn von 448 Jahren, in denen Bergedorf Lübeck und Hamburg gemeinsam gehören sollte. Erst 1868 kam wieder Bewegung in den Landstrich: Hamburg kaufte dem mittlerweile verarmten Lübeck seine Hälfte für 200 000 Goldtaler ab. Bergedorf ist damit heute 141 Jahre hamburgisch.