Lohbrügge. Nur selten hat eine Bluttat in der Hamburger Polizei ein solch öffentliches Echo gehabt: Als vor 13 Jahren der Polizeihauptmeister Matthias Schipplick an seinem 34. Geburtstag bei einer Fahrzeugkontrolle in Lohbrügge getötet wurde, war die Betroffenheit riesig. Bergedorfer Kollegen gedachten am Sonntag der Bluttat und legten am Tatort ein Blumengesteck nieder.
Auf den Schock folgte eine Welle von Hilfsbereitschaft, so sammelten etwa Bürger und die Belegschaft der Hauni Geld für die Witwe und ihre beiden damals neun und zehn Jahre alten Söhne. Obwohl seit dem Mord die Ausrüstung der Hamburger Streifenpolizisten verbessert wurde, wäre eine solche Bluttat auch heute noch denkbar. Gestern legten Kollegen Blumen am Tatort nieder.
Nach dem Schock waren im Sommer 1996 bald kritische Fragen aufgetaucht. Tatsächlich war Schipplick allein im Peterwagen unterwegs gewesen, doch das war keineswegs ungewöhnlich. Der Polizeihauptmeister war nicht auf Streifenfahrt. Er hatte die Zeugin einer Straftat zum Polizeipräsidium gefahren, damit sie dort Einsicht in die Täterdatei nehmen konnte. Auf dem Rückweg fiel dem Polizeibeamten ein verdächtig erscheinendes Fahrzeug auf. Er stoppte den Wagen auf der Billwerder Straße. Nachdem er sich vom Fahrzeugführer Führerschein und Fahrzeugpapiere hatte geben lassen, setzte sich Schipplick auf den Beifahrersitz seines Wagens, um über Funk die Sachlage zu klären. Der Polizeihauptmeister hatte nicht die Spur einer Chance, als der Fahrzeugführer unvermittelt neben ihm eine Waffe zog und aus kürzester Entfernung schoss.
„Matthias Schipplick war ein sehr umsichtiger und auf Sicherheit bedachter Kollege“, erinnert sich Polizeioberkommissar Thomas Bendfeldt. „Er gehörte zu denen, die sich auf eigene Kosten damals eine Schutzweste gekauft haben.“
Die mangelhafte Ausstattung mit wenigen beziehungsweise extrem unhandlichen, überschweren Westen gehört heute bei Hamburgs Polizei der Vergangenheit an. Doch Schutz bieten auch die modernen Westen im Wesentlichen nur gegen Schusswaffen und herkömmliche Munition, kaum gegen Stichwaffen oder etwa Stahlmantelgeschosse. „Und wenn jemand aus kürzester Entfernung ohne Vorwarnung auf deinen Kopf schießt, hilft dir sowieso keine Weste“, sagt ein jüngerer Beamter, der heute regelmäßig Streifendienst tut.
Schipplicks Mörder, ein ehemaliger Fremdenlegionär, wurde kurz nach der Tat gefasst. Er war zu Fuß geflohen. Ein Zeuge war dem 65-Jährigen in gebührendem Abstand gefolgt, hatte die Polizei per Handy zu seinem Versteck dirigiert. Der Mann wurde vom Landgericht Hamburg zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof bestätigte später in einem Revisionsverfahren das Urteil.