Lohbrügge. Großer Bahnhof für das neue Holzheizkraftwerk am Havighorster Weg: Zur offiziellen Einweihung des Zwölf-Millionen-Euro-Projektes, das bereits seit 22. Oktober 2008 mehr als 8000 Haushalte in Lohbrügge-Nord mit Fernwärme versorgt, kam gestern sogar Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL).
Die Politikerin stimmte mit ihrer Rede vor etwa 200 geladenen Gästen in den Jubel der Fachwelt über den hochmodernen Riesen ein. Sie nannte das Kraftwerk einen „wichtigen Schritt auf dem Weg zu energie-intelligenten Stadt Hamburg“. Tatsächlich überzeugt die Anlage durch eine ganze Reihe von Faktoren. So verbrennt das Werk fast ausschließlich Gehölzschnitt, also bisher für die Energieerzeugung praktisch wertlose Blätter, Äste und Zweige. Sein Bedarf ist mit 32.000 Tonnen pro Jahr klein genug, um aus dem Großraum Bergedorf gedeckt zu werden. Und seine modernste Technik bringt es auf einen Wirkungsgrad von ausgezeichneten gut 85 Prozent. Zum Vergleich: Selbst dem erst im Bau befindlichen Kraftwerk Moorburg wird es maximal gelingen, 61 Prozent der Energie aus seinem Brennstoff nutzbar zu machen.
Viel Lob für ein Projekt, das Anton Lutz, Vorstand des Bauherrn und Betreibers KWA Biotechnologie AG, denn auch gleich als „Prototyp für weitere Hamburger Stadtkraftwerke“ ins Gespräch brachte. Ein Ansinnen, für das er gleich zwei Fürsprecher unter den Rednern bei der Einweihung hatte: Michael Sachs, Vorstand der Wohnungsbaugesellschaft Saga/GWG, und Dr. Herbert Koppenhagen, als Geschäftsführer der Esso-Tochter Favorit Herr über das Fernwärme-Netz in Lohbrügge-Nord, empfahlen die KWA aus der Erfahrung der fünfjährigen Projektierungs- und Bauzeit als zuverlässigen Partner.
Lohbrügger waren zur Einweihung nicht geladen, weshalb kritische Stimmen dem Fest fehlten. Denn die Abnehmer der Fernwärme mögen über den Neubau nicht so recht jubeln – zumindest wenn sie auf ihre jährliche Rechnung schauen. Dort schlägt sich der mit dem Neubau vollzogene Umstieg vom alten Gasheizwerk (das jetzt nur noch die Spitzen abdeckt) auf billigen Gehölzschnitt gar nicht nieder. Hintergrund: KWA und Favorit haben sich auf die Kopplung des Gehölzschnitt-Preises an den des Erdgases geeinigt.
Favorit-Chef Herbert Koppenhagen sieht darin keinen Wucher, wie er gegenüber unserer Zeitung erklärte: „Das Gegenteil ist der Fall. Die Lohbrügger bekommen nun umweltfreundlich produzierte Fernwärme, ohne dass wir sie an den zwölf Millionen Euro Investitionskosten für das neue Kraftwerk beteiligen.“