Hamburg. Navigationsunternehmen fördert interessante Daten zu Tage und gibt Tipps, wie Autofahrer den Stau umfahren können.

Das ist wieder einmal ein unrühmlicher Rekord für Hamburgs Verkehr: In keiner anderen deutschen Stadt haben Autofahrerinnen und Autofahrer im vergangenen Jahr so viel Zeit für den Arbeitsweg gebraucht wie in Hamburg. Das jedenfalls behauptet das Navigations-unternehmen TomTom in seinem jetzt vorgestellten „Traffic Index“.

Darin wird der Autoverkehr in mehr als 380 Städten in 56 Ländern verglichen. Die Grundlage bilden laut TomTom „anonymisierte GPS-Daten, die aus mobilen Navigationsgeräten, Apps, Festeinbauten und professionellen Telematiklösungen stammen“. Weltweit speisen nach Angaben des Unternehmens mehr als 600 Millionen mobile Geräte die Verkehrsdatenbank.

Autofahrer in Hamburg: Zehn Kilometer in rund 23 Minuten

Verglichen werden bei der Auswertung auch die Zeiten, die Autofahrer im Berufsverkehr benötigen. Für eine Strecke von zehn Kilometern bis zur Arbeit (morgens hin, abends zurück) brauchte man in Hamburg im vergangenen Jahr demnach insgesamt 201 Stunden und 53 Minuten Fahrzeit. In keiner anderen deutschen Stadt waren Autofahrer für die gleiche Strecke länger unterwegs. Zum Vergleich: Die Berliner kamen auf 193 Stunden und 35 Minuten, die Münchner auf 187 Stunden und 50 Minuten für zehn Kilometer in der Rushhour.

Im Durchschnitt benötigten die Autofahrer in Hamburg laut TomTom 2022 für zehn Kilometer 23 Minuten und 20 Sekunden. Damit landete die Hansestadt im weltweiten Ranking der Städte mit den größten Verkehrsbehinderungen auf Platz 23. Am längsten brauchen die Menschen, die auf das Auto nicht verzichten können oder wollen, in London: mit 36:20 Minuten. Es folgen Bengaluru, Dublin, Sapporo und Mailand.

In Europa ist London das traurige Schlusslicht

Wie langsam es in London vorangeht, zeigt auch die dort ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit. Sie liegt bei gerade einmal 14 Kilometern pro Stunde in der Rushhour – da ist man mit dem Fahrrad vermutlich deutlich schneller unterwegs. In Hamburg lag die durchschnittliche Geschwindigkeit der Autos in der Hauptverkehrszeit bei 23 Kilometern pro Stunde.

Staus und Verkehrsbehinderungen verlängerten die Fahrzeiten in Hamburg dabei aufs gesamte Jahr gerechnet um etwa 66 Stunden. Schlechter ging es nur den Münchner Autofahrern, die im Jahr 2022 mehr als 67 Stunden Lebenszeit im Stau verbrachten. Hinter Hamburg folgen Berlin und Leipzig.

Hamburg: Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei 26 Kilometer pro Stunde

Allerdings gibt es aus Sicht von TomTom auch Lichtblicke bei der Entwicklung des Verkehrs in Hamburg. „Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Situation auf den Straßen in Hamburg kaum verändert: Die Geschwindigkeit im Tagesdurchschnitt ist mit 26 Kilometern pro Stunde konstant geblieben, und auch die Fahrzeit für zehn Kilometer ist im Tagesdurchschnitt mit etwas mehr als 23 Minuten unverändert“, so die Macher des Vergleichs.

„Vor dem Hintergrund, dass 2022 kaum noch Restriktionen aufgrund der Corona-Pandemie das öffentliche Leben beeinträchtigt haben, ist diese Entwicklung durchaus positiv zu bewerten.“ Während der Rushhour floss der Verkehr im Vergleich zum Vorjahr demnach am Morgen etwas langsamer, während sich die Lage am Abend geringfügig entspannt hat.

E-Autos haben die Nase in vielerlei Hinsicht vorn

TomTom hat diesmal auch die Klima­belastung durch den Verkehr berechnet – und die Spritkosten. Demnach stieß jeder Hamburger Autofahrer mit einem Benziner-Pkw im Laufe des Jahres bei einer Zehn-Kilometer-Strecke 881 Kilogramm (kg) des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) aus. 154 kg davon entstanden durch das Stehen in Staus. Dabei gaben Autofahrer im Jahr durchschnittlich 712 Euro für Benzin aus, 124 Euro mehr als im Vorjahr.

Diesel-Fahrer waren für den Ausstoß von 847 kg CO2 verantwortlich (136 kg davon durch Staus). Mit 659 Euro kamen sie beim Treibstoff besser weg als Fahrer von Benzinern, aber auch sie zahlten 106 Euro im Jahr mehr als 2021. Nicht nur deutlich klimaschonender, sondern auch besonders günstig waren dagegen E-Autos auch in Hamburg unterwegs. Ihre Fahrer zahlten fürs Laden im Jahresdurchschnitt 379 Euro (59 Euro mehr als 2021).

Auto stehenlassen: 9-Euro-Ticket war größerer Anreiz, als hohe Spritkosten

Der deutliche Anstieg der Spritpreise hat laut TomTom allerdings nicht dazu geführt, dass viele Autofahrer auf andere Transportmittel umgestiegen sind. Ein solcher Effekt lasse sich nicht feststellen. Das für drei Monate gültige 9-Euro-Ticket dagegen hatte offenbar größeren Einfluss auf das Nutzungsverhalten der Verkehrsteilnehmer.

„Vergleicht man die Fahrzeit pro Kilometer während der Geltungsdauer des 9-Euro-Tickets mit der Fahrzeit pro Kilometer während des restlichen Jahres und setzt sie ins Verhältnis zum Spritpreis, so fällt auf, dass während der Geltungsdauer des 9-Euro-Tickets der Autoverkehr in Hamburg besser geflossen ist, und zwar unabhängig vom jeweiligen Preis für Benzin und Diesel“, so die Macher der Studie. „Dies deutet darauf hin, dass die Zahl der Fahrzeuge auf den Straßen im Aktionszeitraum des 9-Euro-Tickets tatsächlich niedriger gewesen ist.“

Ein Tag lohnt sich besonders für das Home Office

Die Daten aus dem TomTom Traffic Index 2022 legten „die Vermutung nahe, dass Autofahrer während der 9-Euro-Ticket-Kampagne bewusst zeitweise das eigene Auto stehen gelassen haben – unabhängig vom Preis für Benzin und Diesel“, sagt auch der von TomTom befragte Mobilitätsforscher Prof. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum für Sozial­forschung Berlin. „Das deckt sich mit den Ergebnissen einer Befragung zum 9-Euro-Ticket, die wir gemeinsam mit dem Institut für angewandte Sozialwissenschaft Infas im September 2022 durchgeführt haben.“

TomTom hat auch noch einen Tipp, wie Berufstätige, die mit dem Auto fahren, ihre Zeit in Staus am einfachsten reduzieren können. „Pendler, die beispielsweise den verkehrsreichsten Tag der Woche – in Hamburg ist dies der Donnerstag – von zu Hause arbeiten, sparen sich auf ein Jahr betrachtet 41 Stunden Fahrzeit bzw. bis zu 142 Euro Benzinkosten“, so die TomTom-Experten.

Fahrtzeit sparen dank flexibler Arbeitszeiten

„Es lohnt sich also bei der Wahl eines Homeoffice-Tages nicht reflexartig Montag oder Freitag zu wählen, sondern sich über die verkehrsreichsten Stunden der Woche zu informieren.“

Noch mehr Fahrzeit spare man, wenn man seine Arbeitszeiten flexibler gestalte, um die Rushhour zu vermeiden. „Wer beispielsweise seinen ersten Call am Dienstag von zu Hause aus erledigt und erst um 10 Uhr ins Büro fährt, benötigt für eine zehn Kilometer lange Strecke etwas mehr als 23 Minuten“, hat TomTom ausgerechnet. „Wäre die Person stattdessen um 8 Uhr ins Büro gefahren, hätte sie für dieselbe Strecke beinahe 27 Minuten gebraucht – und wahrscheinlich deutlich stärkere Nerven.“

Der mit Abstand nervenaufreibendste Tag für Hamburger Autofahrer war übrigens nicht ein in der Regel besonders verkehrsträchtiger Donnerstag, sondern ein Dienstag. Am 1. November brauchten sie durchschnittlich 30 Minuten und 20 Sekunden für zehn Kilometer – etwa 30 Prozent länger als im Jahresdurchschnitt.