Hamburg. Feuerwehr spricht von deutlich mehr Einsätzen. Doch manchmal geht es auch nur um einen eingewachsenen Zehnagel.

1350 Einsätze hat Hamburgs Feuerwehr am Montag innerhalb von 24 Stunden absolviert. Damit rückten die Einsatzfahrzeuge öfter aus als in den zwölfstündigen Silvesternächten, die gern als „heißeste Nacht“ des Jahres bezeichnet werden. Das Gros der Einsätze geht auf das Konto des Rettungsdienstes. Dort verzeichnet die Feuerwehr seit Jahren stetig steigende Einsatzzahlen. Trotzdem sieht man sich in Hamburg bislang gut aufgestellt, auch wenn weiter steigende Einsatzzahlen prognostiziert werden.

Feuerwehr Hamburg: Das „Geschäft“ mit der Rettung boomt

Das „Geschäft“ mit der Rettung boomt. Zu 282.516 Einsätzen wurde die Hamburger Feuerwehr im vergangenen Jahr gerufen. Knapp 89 Prozent davon, 250.716, waren Einsätze der Rettungsdienstes. Ein Langzeitvergleich zeigt, dass die Steigerung enorm ist. 2001 verzeichnete die Feuerwehr noch 217.418 Einsätze, von denen 186,557 auf den Rettungsdienst entfielen. Das ist eine Steigerung von über 34 Prozent.

„Wir sind aber deutlich besser aufgestellt, als 2001“, sagt Feuerwehrsprecher Jan Ole Unger. „Das gilt sowohl für das Personal wie auch für das Material.“ Noch unter Feuerwehrchef Klaus Maurer war der Ausbau des Rettungsdienstes forciert worden, nachdem 2014 der neue Beruf des Notfallsanitäters eingeführt worden war. Es sind in Hamburg Feuerwehrleute, die speziell nur für den Rettungsdienst ausgebildet sind. Zahlen untermauern seine Aussage.

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2001 waren 2136 Feuerwehrleute im Einsatzdienst. Im vergangenen Jahr betrug die Zahl der Mitarbeiter in dem Bereich 3060. Die freiwillige Feuerwehr konnte ihr Personal im Vergleich zu damals leicht ausbauen. Dort sind noch einmal 2648 Hamburger als Feuerwehrleute aktiv. 2001 waren es 2553.

„Es gibt aber auch eine andere Anspruchshaltung“

Bewältigt wird das Einsatzgeschehen im Rettungsdienst in Hamburg in der Spitze von 89 Rettungswagen, 13 Notarzteinsatzfahrzeugen und zwei Rettungshubschraubern. Für dringende Verlegungen zwischen Krankenhäusern stehen zwei Spezialfahrzeuge bereit, die Intensivpatienten transportieren können. Beteiligt sind neben der Feuerwehr auch Hilfsorganisationen, die Bundeswehr und eine Firma.

„Wir haben in den vergangenen Jahren auch immer wieder neue Rettungswagen in den Dienst genommen“, so Unger. Dazu sind sie so verteilt, dass im Westen und Osten der Stadt in der Spitze jeweils 35, im Süden Hamburg 19 Rettungswagen einsatzbereit sind.

Dass es so hohe Einsatzzahlen, speziell im Rettungsdienst, gibt, macht Unger an mehreren Faktoren fest. Die alternde Gesellschaft erfordert naturgemäß einen höheren Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen und an schneller Hilfe. „Es gibt aber auch eine andere Anspruchshaltung“, sagt Unger. Da wird die Feuerwehr schon mal gerufen, weil ein Zehnagel eingewachsen ist und Schmerzen verursacht.

In anderen Fällen sind Menschen einfach mit einer Situation überfordert. Es gibt sogar „Extremnutzer“ des Rettungsdienstes, Menschen, die immer wieder sich als Notfall per Rettungswagen ins Krankenhaus transportieren lassen, oft ohne tatsächlichen Grund. „Das sind aber eine Handvoll, die am Ende nicht ausschlaggebend für den Trend sind“, so Unger.

Der Trend wird weitergehen

Und der Trend wird weitergehen. Zwar will die Hamburger Feuerwehr keine aktuellen Zahlen aus diesem Jahr nennen, weil die „noch nicht gesichert“ seien. Sicher ist aber jetzt schon: Es wird wieder eine Steigerung zu 2021 vor allem beim Rettungsdienst geben.

Aktuell gibt es auch bei der Hamburger Feuerwehr Belastungen durch hohe Krankenstände. „Wir priorisieren bei Bedarf den Rettungsdienst“, sagt Unger. Dann wird Personal bei den Löschzügen abgezogen, das die Rettungswagen besetzt. Das ist möglich, weil jeder Hamburger Feuerwehrmann auf einem Löschzug auch die Befähigung hat, im Rettungsdienst zu arbeiten.

Bei der Hamburger Feuerwehr gibt es hohe Krankenstände

Anders scheint es im Hamburger Umland zu sein, wo der Rettungsdienst in der Regel von Hilfsorganisationen durchgeführt wird. In dem „Brandbrief“ eines Notfallsanitäters aus Schleswig-Holstein, der dem Abendblatt vorliegt, wird davon gesprochen, dass der Rettungsdienst dort „nicht mehr lange durchhält“. Als Grund wird eine hinterherhinkende Berechnung des Personal- und Rettungswagenbedarfs aufgeführt.

„Rettungsdienste arbeiten mit Gutachtern, die die entsprechende Vorhaltung von Rettungsmitteln anhand von Einsatzzahlen und der Art der Einsätze berechnen. Diese Gutachten hängen ihrer Zeit jedoch mindestens zwei Jahre hinterher, sodass es überhaupt keine Besserung geben kann. Man kennt die prozentuale Steigerung der Einsatzzahlen genau, und es ist bekannt, dass diese Zahlen falsch sind. Dennoch nimmt man diese Berechnungen als Richtwerte“, heißt es in dem Schreiben. Das habe dazu geführt, dass viele sich andere Jobs suchen oder ihre Stellen reduzieren.