Hamburg/Bottrop. Die Eltern hatten ihre Söhne aus einer Schutzeinrichtung in Heimfeld geholt. Nun wurden die Jungen wohlbehalten in Obhut genommen.

Die Suche nach den Eltern, die ihre beiden Kinder aus einem Kinderschutzhaus in Heimfeld entführten, ist beendet. Wie die Polizei Hamburg am Sonnabend mitteilte, sei die 35 Jahre alte Mutter in Bottrop „lokalisiert“ und gegen 20 Uhr von den Kollegen vor Ort angetroffen worden.

Die beiden Kleinkinder seien in Obhut genommen und wohlbehalten an das örtliche Jugendamt übergeben worden. Die weiteren Ermittlungen in der Sache dauerten an.

Entführte Kinder: Polizei Hamburg weitete Fahndung nach Eltern aus

Die Polizei Hamburg hatte noch am Nachmittag die Fahndung ausgedehnt und jetzt auch mit einem Foto des 24 Jahre alten Vaters aus Bottrop nach der verschwundenen Familie gesucht.

Für die Eltern war es offensichtlich einfach, ihre beiden Kinder zu entführen. Beide stießen in dem Kinderschutzhaus am Eißendorfer Pferdeweg, so hieß es aus Kreisen der Polizei, auf keinen nennenswerten Widerstand, als sie mit den beiden Jungen das weitläufige Gelände verließen. Der Vater hatte für den Tag seinen Besuch angekündigt.

Der Mann war, so schreibt es die Mutter in einer von ihr initiierten Onlinepetition, bereits dreimal aus Nordrhein-Westfalen angereist, um seine Söhne zu besuchen. An dem Tag gab es einen guten Grund. Das jüngste ihrer beiden Kinder feierte seinen zweiten Geburtstag. Der andere Sohn ist ein Jahr älter.

Entführung Hamburg: Personal im Kinderschutzhaus leistete keinen Widerstand

In dem Kinderschutzhaus, das in einem Flachdachbau – von der Straße nicht einsehbar – hinter einer prächtigen, historischen Stadtvilla liegt, die ebenfalls eine Einrichtung der Jugendhilfe beherbergt, waren die Kinder nach der Wegnahme von der Mutter am 28. Februar untergebracht.

Als nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter auftauchte, wurde ihnen offenbar trotzdem Zugang gewährt. Beide sollen nur kurze Zeit dort gewesen sein und dann so forsch aufgetreten sein, dass sie schließlich mit den Kindern die Einrichtung verlassen konnten. So flüchteten die Eltern dann mit den kleinen Jungen in Richtung einer Bushaltestelle.

Die um 11.15 Uhr alarmierte Polizei leitete eine umfangreiche Fahndung ein. Auch die Bundespolizei wurde eingeschaltet, weil die Beamten es für möglich hielten, dass die Eltern ihre Flucht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortsetzen könnten. In Heimfeld und Harburg überprüften Beamten gezielt Bahnhöfe. Auch eine S-Bahn wurde im Bereich Heimfeld gestoppt, um sie zu kontrollieren.

Mutter wollte Ende Februar wohl Suizid in der Wohnung begehen

In Altona durchsuchten Polizisten die Wohnung der Mutter in der Biernatzkistraße. Hier soll die Frau um den 23. Fe­bruar herum Gas aus einer Kartusche freigesetzt haben – nach Erkenntnissen der Behörden, um sich das Leben zu nehmen. Es wird davon ausgegangen, dass die Kinder zu dem Zeitpunkt in der Wohnung und damit ebenfalls in Gefahr waren.

Dazu wurde noch ermittelt. Überprüft wurde außerdem die Wohnung des leiblichen Vaters in Bottrop. Noch am Donnerstagnachmittag galt das, was Polizeisprecher Florian Abbenseth bereits am Mittwochabend zu dem Fall gesagt hatte: „Es fehlt von ihnen jede Spur“.

Wolfgang Arnhold, Sprecher der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration, äußerte sich nicht zum konkreten Fall, nur zu generellen Abläufen bei einer Kindeswohlgefährdung: „Das Verfahren ist standardisiert und streng strukturiert“, so Arnhold.

Kinder würden nur in „dramatischsten Fällen“ in ein Schutzhaus kommen

Zu Beginn werde eine Kindeswohlgefährdung beim Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) gemeldet. Ein solcher Hinweis komme in den meisten Fällen von der Polizei, den Schulen oder den Kitas. Blaue Flecken oder Verletzungen, magere Körper, stark auffälliges Verhalten – die Gründe für eine gemeldete Kindeswohlgefährdung seien sehr unterschiedlich. Wenn die Mitarbeitenden des ASD nach Prüfung zu dem Entschluss kommen, dass die Kinder tatsächlich gefährdet seien, können sie vom Jugendamt in Obhut genommen werden.

„Wir tun uns damit nicht leicht“, schildert Arnhold. Eine Inobhutnahme sei ein „sehr weitreichender Schritt“. Dazu komme es nur in den dramatischsten Fällen – „zum Beispiel durch Überforderung der Eltern, Gewalt oder psychische Erkrankungen in der Familie“. Eine Inobhutnahme kann bei der Tante oder dem Onkel sein – oder auch in einem Kinderschutzhaus.

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Laut Arnhold sind die Kinder hier bis zu mehreren Monaten untergebracht. „Die Eltern werden in der Regel über den Aufenthaltsort ihrer Kinder vom Jugendamt informiert.“ Ziel sei es, eine dauerhafte Lösung für die Kinder zu finden, etwa die Aufnahme in eine Pflegefamilie oder die Rückkehr zur leiblichen Familie.

Entführung Hamburg: Mutter erstellte Online-Petition, um Kinder wiederzubekommen

In den Schutzhäusern gebe es nach individueller Absprache feste Besuchszeiten für die Eltern. Nur in den schlimmsten Fällen könne es zu einem Kontaktabbruch zwischen Eltern und Kindern kommen: „Bei einer erkennbaren Gefahrenlage für die im Kinderschutzhaus betreuten Kinder, können Umgänge durch das Familiengericht temporär ausgesetzt werden oder es erfolgt eine Inkognito-Unterbringung des Kindes.“

Die Mutter hatte bereits vor zwei Wochen die Petition auf der Website change.org erstellt. Sie wollte erreichen, dass ihre Kinder wieder zu ihr zurückkehren und nicht länger im Heim untergebracht werden.