Hamburg. Mit einem Triage-System teilen die Mediziner die kleinen Patienten ein. Warum das Eltern verzweifeln lässt.

Ob es auf der Homepage zum kinderärztlichen Notdienst der Asklepios Klinik Heidberg ist, auf denen der anderen Krankenhäuser oder von niedergelassenen Kinderärzten im Stadtgebiet – sie alle machen den kleinen Patienten und deren Eltern eines vorab klar: Wer kommt, muss warten. Und das lange.

„Aktuell verzeichnen wir in ganz Hamburg eine Infektionswelle bei Kindern. Diese führt sowohl in den Kliniken, als auch in den Praxen zu erheblichen Wartezeiten“, so heißt es schon vor dem Patientengespräch. Die aktuelle Lage mit einer heftigen Erkältungswelle, Corona-Infektionen und dazu dem Grassieren des gerade für kleine Kinder bedrohlichen RS-Virus, lässt Ambulanzen, Notfallpraxen und Sprechstunden der Pädiater fast bersten.

Hamburger Eltern und Kinder warten viele Stunden in Notaufnahmen

Bis zu acht Stunden harrten Eltern am vergangenen Wochenende, während die kassenärztliche Notfallpraxis kurzfristig geschlossen war, beispielsweise im Wilhelmstift aus. „Unfassbar“, schreibt Nedz2022 in seiner Bewertung von gestern dazu. „Es kann nicht sein, dass für 7 Patienten mehr als 3 Stunden für eine Untersuchung benötigt wird. Es geht um kleine Kinder die gezwungen sind mit Fieber/Schüttelfrost und Schmerzen Stundenlang IM WARTEZIMMER zu sitzen und warten.“ Maike Hinrichs, Sprecherin des Katholischen Kinderkrankenhauses weiß um den Zustand. „Natürlich prüfen wir jedes Kind sofort, wenn es kommt. Unsere Ärzte ordnen dann die Dringlichkeit der Behandlung ein.“

Um nachvollziehen zu können, wie es zu den für viele Eltern absurd langen Wartezeiten kommt, lohnt der Blick auf das System, mit dem das Personal in den Notaufnahmen und Ambulanzen arbeitet: Das „Manchester-Triage-System“ ist eines von fünf gängigen Standard-Instrumenten, um die Krankheitsschwere der Patienten abzuschätzen und eine Behandlungspriorisierung vorzunehmen zu können.

Dringlichkeit für Untersuchung im Fünf-Stufen-System

Anhand der Symptome wird die Dringlichkeit der Behandlung in fünf Stufen und damit die Wartezeit bis zum ersten Arztkontakt eingeteilt. Die Differenzierung reicht von „1 - sofort, sehr kritisch mit akuter Lebensgefahr“ bis hin zu „5 - nicht dringend“. Durch ein Gespräch zwischen Notfallmediziner oder Notfallpflegepersonal wird der Status ermittelt: „Hier überprüfen wir anhand einiger Fragen und Messwerte, wie eilig die Vorstellung bei einem Arzt ist“, heißt es aus dem Helios Mariahilf Klinikum und auf der Homepage weiter.

Und: „Auch wenn das vielleicht manchmal schwer zu verstehen ist: Es ist ein gutes Zeichen, wenn Sie ein wenig warten müssen. Das bedeutet nämlich, dass Ihr Kind – beurteilt nach objektiven Kriterien – nicht so schwer erkrankt ist wie andere Kinder. Auf diese Einschätzung können Sie sich verlassen. Bei ganz kleinen oder schwer kranken Kindern steht selbstverständlich sofort ein Arzt zur Verfügung.“

Viele gehören nicht in die Notaufnahme

Die Krux an der aktuellen Lage ist jedoch die: Viele kleine Patienten und deren Eltern sind in den Notaufnahmen nicht einmal richtig. Mit ihren Symptomen gehörten sie vielmehr zum niedergelassenen Kinderarzt. Doch entweder müssen derzeit viele Praxen aufgrund von Mitarbeiter-Ausfällen ihre Sprechzeiten verkürzen, telefonisch ist kein Durchkommen oder Anrufbeantworter weisen ab.

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„Die Überlastung der ambulanten Ressourcen ist in der Tat ein Problem für uns alle“, weiß Prof. Philippe Stock, Ärztlicher Direktor des AKK. „Viele Praxen können aufgrund ihrer hohen Auslastung keine Patienten mehr annehmen. Das führt dann wiederum dazu, dass Patienten, die in einer Kinderarztpraxis ideal aufgehoben wären, sich in Ihrer Verzweiflung an die Zentrale Notaufnahme unseres Krankenhauses wenden. Dieser Umstand bindet in erheblichem Maß unsere Ressourcen, die wir eigentlich für die Kinder benötigen, die aufgrund der Schwere ihrer Krankheit im Krankenhaus bleiben und hier versorgt werden müssen. Die genauen Zahlen schwanken, aber ein großer Teil der Patienten in der Notaufnahme unseres Krankenhauses gehört eigentlich in eine Kinderarztpraxis.“

Notfallpraxen müssen am Wochenende Patienten auffangen

Und am Wochenende? Wenn die Niedergelassenen gar nicht erreichbar sind? Stock macht es deutlich. „Eines ist klar: für die ambulante Notfallversorgung trägt die Kassenärztliche Vereinigung die Verantwortung. Wir als Krankenhaus müssen uns auf die wirklich kranken Kinder, diejenigen die stationär aufgenommen werden müssen, konzentrieren können.“ Natürlich wisse er um die niedergelassenen Kollegen, die „auch am Anschlag“ arbeiten. „Wenn am Wochenende dann die Praxen geschlossen haben, müssen wir uns auf die vollständige Besetzung der KV-Notfallpraxis verlassen können. Leider kommt es auch dort immer wieder zu Ausfällen.“