Hamburg. Die Polizei Hamburg war in einer Rahlstedter Wohnung auf der Suche nach Drogen, entdeckte dort jedoch etwas ganz anderes.

Sie waren auf der Suche nach Drogen. Doch der Zufallsfund, den Ermittler am 13. September 2021 in einer Rahlstedter Wohnung machten, war fast noch spektakulärer. Sie stießen auf hunderte gelbe Impfpässe – und auf eine regelrechte Fälscherwerkstatt für angebliche Corona-Impfungen. Impfnachweise, ohne dass es jemals einen Piks gegen das Sars-Cov-2-Virus gegeben hat: Sollte hier im großen Stil getäuscht werden?

Vom kommenden Freitag an, dem 18. Februar, muss sich nun der Mann, der für die falschen Impfpässe mit verantwortlich sein soll, vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Ihm wird gewerbsmäßige Urkundenfälschung vorgeworfen. Darüber hinaus ist er, gemeinsam mit einem weiteren Mann, wegen Handels mit Marihuana angeklagt.

Gefälschte Impfpässe: Gewerbsmäßige Urkundenfälschung?

Wegen der Impfpässe wird dem Beschuldigten A. zur Last gelegt, in neun Fällen gewerbsmäßig Urkundenfälschung begangen zu haben. Dabei soll er Blanko-Impfpässe mit den Namen seiner jeweiligen Kunden versehen und Eintragungen über angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus mit Daten der beiden Impfungen vorgenommen haben. Diese Eintragungen habe er mit einem Stempel versehen, der aus einem Impfzentrums im niedersächsischen Buchholz gestohlen worden sei, sowie mit der Unterschrift des angeblichen Impfarztes.

Je 200 Euro, so die Anklage weiter, habe A. für die so hergestellten Impfnachweise von seinen Kunden kassiert. Den Ermittlungen zufolge hat er gewusst, dass die Kunden nicht gegen das Sars-CoV-2-Virus geimpft waren. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass die Impfpässe dazu verwendet werden sollten, sich gegenüber beispielsweise in Apotheken, bei Veranstaltungen, in der Gastronomie, beim Reisen oder beim Arbeitgeber als geimpfte Personen auszugeben.

Gefälschter Impfpass fiel in einer Apotheke auf

In einem Fall habe die Abnehmerin den manipulierten Impfpass in einer Apotheke vorgezeigt, um sich ein digitales Impfzertifikat ausstellen zu lassen – hier fiel die Fälschung auf. Allein die angeklagte gewerbsmäßige Urkundenfälschung ist mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht.

In dem Prozess wird folgende Frage eine Rolle spielen: Ist die Fälschung in sogenannten Altfällen strafbar? Mehrere Gerichte hatten dies verneint mit der Begründung, dass nach der damaligen Rechtslage der Straftatbestand „Fälschung von Gesundheitszeugnissen“ nur Fälle erfasste, in denen die gefälschten Unterlagen zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften verwendet wurden — nicht aber beispielsweise in Restaurants. Seit aber im November 2021 das Gesetz geändert wurde, gilt hier Rechtssicherheit.

Was aber ist mit den Fällen, die sich vor der Gesetzesänderung zugetragen haben? Hier bleibt die Frage, ob die Fälschung von Impfnachweisen als Urkundenfälschung strafbar ist. Das Landgericht Hamburg hatte dies wie viele andere Gerichte zunächst verneint und die Zulassung der Anklage abgelehnt. Das wollte die Staatsanwaltschaft aber nicht hinnehmen und legte gegen die Entscheidung Beschwerde ein. Daraufhin hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) die Entscheidung am 27. Januar 2022 aufgehoben. Jetzt gilt: Es besteht ein hinreichender Tatverdacht jedenfalls bei den Impfpässen, bei denen der Name einer bestimmten Person sowie die Chargennummer eines angeblichen Impfstoffs eingetragen wurde. Es handele sich in solchen Fällen um eine Urkunde, die über den Aussteller täusche, so das OLG.