Hamburg. Viele dürften das NDR-Urgestein von „Frühstück bei Stefanie“ oder die „Freeses“ kennen. Doch was treibt Andreas Altenburg jetzt?

Mit „Frühstück bei Stefanie“ war er fünf Jahre auf Sendung, mit den „Freeses“ sogar acht Jahre, macht zusammen rund 3000 Folgen. Jetzt arbeitet Andreas Altenburg an seinem nächsten Projekt, ohne hält er es nicht lange aus. In unserer Reihe „Entscheider treffen Haider“ spricht der 52-Jährige über Rocker, die Quickstepp tanzen, den Irrtum mit dem Gendern – und Hörerinnen und Hörer, die niemals das Gefühl haben sollen, das ihm nichts Lustiges mehr einfällt. Zu hören unter www.abendblatt.de/entscheider

Das sagt Andreas Altenburg über…

… die erste Zeit nach dem Ende der Freeses:

„Ich war mit meinen Kollegen auf einer Insel. Das klingt nach einer Saisonabschlussfeier, aber es war ein Evaluierungs-Workshop, und wir haben tatsächlich überlegt, was noch so im Köcher sein könnte, was wir als nächstes machen könnten. Es ist gut, schon mal ein bisschen in die Zukunft zu denken, solange man noch das Adrenalin in der Rübe hat. Ich habe mehrere Konzepte im Kopf, aber noch ist nichts spruchreif.“

… den Ort, an dem ihm die besten Ideen kommen:

„Ich kann sehr gut denken beim Küchenflächenreinigen, wenn ich mit dem Mikrofasertuch über die Arbeitsplatte gehe und dann vielleicht noch mal mit Edelstahlöl arbeite. Dabei kann ich auch sehr gut abschalten.“

… das Studium der Angewandten Kulturwissenschaften in Lüneburg:

„Mir ist viel eingefallen, was ich nach der Schule hätte machen können, aber ich konnte mich nicht entscheiden. Ich hätte zehn verschiedene Lebensentwürfe wählen können und wäre in allen irgendwie glücklich geworden. Zum Beispiel als Architekt, als Lehrer, als Graphikdesigner, im Landschaftsbau. Dann hatte ich einen Kumpel, der in Lüneburg BWL studiert hat, und bin einfach mitgegangen. In solchen Entscheidungen sind junge Männer manchmal ziemlich simpel gestrickt. Ein Fach war Sprache und Kommunikation, und dafür habe ich einen Radio-Workshop gemacht. Der Dozent war Stephan Brünjes, damals bei NDR 2, und der hat mich nach dem Workshop gefragt, ob ich nicht Lust hätte, beim NDR zu arbeiten. Ich weiß bis heute nicht, warum. Und schwupps war ich drin.“

… die Frau, die allein vor dem DJ tanzt:

„Heutzutage lebt man als Journalist ja gern mal in einer Blase und meint, was in den Medien, vor allem in den sozialen Medien, veröffentlicht wird, wäre das normale Leben. Ich kann nur jedem empfehlen: Geht in die Kneipen, geht auf die Stadtfeste, guckt euch die Leute dort an. Stellt euch mal zu der Frau, die ganz allein vor dem DJ tanzt, und unterhaltet euch mal mit der. Ich hatte da nie Berührungsängste und fühle mich in solchen Situationen eigentlich immer ganz wohl. Man muss etwas erleben, damit man irgendwann etwas abrufen kann. Den Menschenschlag habe ich inzwischen im Kopf, diesen ganz normalen Norddeutschen, also Rocker, die zu Black Betty Quickstepp tanzen. Das habe ich erlebt, das bleibt im Kopf, und das rufe ich dann eines Tages ab.“

… Vorbehalte gegen „Frühstück bei Stefanie“:

„Als wir mit ‚Frühstück bei Stefanie‘ angefangen haben, haben sich viele beim NDR gefragt: Was ist das denn für ein Kram, wie reden die denn, und über was reden die denn? Grundsätzlich braucht man Zeit, um in solche Formate als Hörer reinzukommen, bestimmt zwei, drei Monate, und deshalb bin ich dem Sender dankbar, dass er mir diese Zeit gegeben hat.“

… das (selbstgewählte) Ende seiner Serien:

„Wir spüren, wenn eine Sache auserzählt ist, und wir wollten sowohl bei ‚Frühstück mit Stefanie‘ als auch bei den ,Freeses’ verhindern, in eine Situation zu kommen, in der die Leute sagen: Nun fällt denen aber wirklich nichts mehr ein. Bei ‚Frühstück mit Stefanie‘ stand das Enddatum von Folge eins fest, weil mein Partner Harald fest entschlossen war, mit 60 Jahren in den Ruhestand zu gehen. Deshalb wusste ich, dass wir die Serie maximal fünf Jahre machen, wobei ich ursprünglich davon ausgegangen bin, dass sie vielleicht zwei Jahre dauert. ,Die Freeses’ gab es noch länger, am Ende acht Jahre, und schon Weihnachten vergangenes Jahr wusste ich nicht mehr so recht, was ich erzählen sollte, das ich nicht schon erzählt habe. Es ist auch eine Gnade, das Ende solcher Formate selbst in der Hand zu haben.“

… seinen ersten Roman „Man ist ja Nachbar“, der gleich ein „Spiegel“-Bestseller wurde:

„Wir hatten schon ein ,Freeses’-Buch mit dem Rowohlt Verlag gemacht, und die haben mich gefragt, ob ich nicht mal einen schönen Roman schreiben wolle. Er handelt von Ralf Prange aus Barmbek-Süd, der für die Nachbarn nicht nur die Pakete annimmt, sondern auch sonst die gute Seele im Haus ist. Schließlich gibt es so einen Nachbarn eigentlich überall, auch in unserem Haus am Schlump. Ich habe übrigens niemandem von dem Roman erzählt, bis kurz vor dem Erscheinen wussten nur die Mitarbeiterinnen bei Rowohlt, dass er erscheinen würde. Inzwischen arbeite ich schon an meinem zweiten Roman ...“

… ein neues Hörfunk-Projekt:

„Ich arbeite jetzt noch an der letzten ,Freeses’-CD, und dann muss bald das nächste Projekt kommen. Auch, weil ich ohne gar nicht könnte. Die Fähigkeit, in die Wolken zu gucken und gar nichts zu tun, habe ich leider irgendwann im Verlauf meines Lebens verloren. Früher konnte ich wunderbar gar nichts tun, damals konnte ich im Urlaub den ganzen Tag am Strand liegen, mit Dosenbier und AC/DC aus dem Kassettenrekorder. Das ginge heute gar nicht mehr, ich muss immer etwas zu tun haben.“

… das Gendern:

„Ich tu mich mit den Unterstrichen und Doppelpunkten etwas schwer, weil die in einem normalen Dialog niemand verwendet. Deswegen spielt das Gendern in meinen Formaten erstmal keine Rolle. Wenn ich es wirklich erlebe, dass in einem echten Frühstücks-Bistro, besser noch irgendwo auf dem Land, jemand sagt ,Hallo, liebe Kolleg:innen’, dann denke ich drüber nach. Ich glaube nicht, dass das Gendern in der Sprache schon so angekommen ist, dass man es in fiktionalen Beiträgen verwenden muss.“