Hamburg. Linke fordert Hotelunterbringung auf Staatskosten. „Das Sterben auf der Straße muss ein Ende haben“, fordert auch Hinz & Kunzt.
Die niedrigen Temperaturen, Nässe, Stress und möglicherweise auch Corona haben in den letzten Tagen vier Obdachlosen in Hamburg das Leben gekostet. Das bestätigte die Polizei der Obdachlosenzeitung Hinz & Kunzt. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken fordert deshalb jetzt eine umgehende Reaktion der Stadt, um das Sterben auf der Straße zu beenden. Auch nach Ansicht von Hinz & Kunzt ist nun die Politik gefordert, Maßnahmen zu ergfreifen.
Ein 45 Jahre alter Mann verlor in der Nacht zum Montag unter der Überdachung eines Mehrfamilienhauses in der Altonaer Virchowstraße sein Leben. Er wachte nicht mehr auf. Am Neujahrstag starb ein Obdachloser im Schanzenpark, einen Tag später ein weiterer Obdachloser auf dem Altonaer Hauptfriedhof. Am Silvestermorgen war ein vierter Mann „auf Platte“ an den Landungsbrücken tot aufgefunden worden.
Vier tote Obdachlose: Hinz & Kunzt fassungslos
Die Todesursachen sind unklar. Die Kälte? Corona? Ein allgemein angegriffener Gesundheitszustand? In allen vier Fällen wird noch ermittelt. Ausgeschlossen hat die Polizei nur Fremdverschulden. „Die Häufung der Todesfälle macht fassungslos", schreibt Hinz & Kunzt auf seiner Internetseite.
"Das Sterben muss ein Ende haben“, sagte die Linken-Sozialpolitikerin Stephanie Rose dem Abendblatt. „Die Obdachlosen nehmen die Unterbringungsangebote der Sozialbehörde nicht gut an. Deshalb sollten sie jetzt, wie zum Teil schon im vergangenen Winter, in Hotels untergebracht werden.“
Vergangenen Winter starben neun Obdachlose in Hamburg
Im Winter 2019/2020 waren trotzdem neun Obdachlose gestorben. Die öffentliche Unterbringung sieht Mehrbettzimmer mit in der Regel vier Betten vor, in denen die Obdachlosen laut Rose keine Privatsphäre haben und die Hygienestandards zu wünschen übrig ließen. Die privat finanzierte und von der Diakonie organisierte Hotel-Unterbringung des letzten Winters sah dagegen Einzelzimmer vor und bot den Obdachlosen Rückzugsräume und Schutz vor Kälte auch am Tage.
„Hotels stehen coronabedingt jetzt vielfach leer“ sagte Rose, „und die Evaluierung der Hotelunterbringung vom letzten Winter war sehr positiv. Deshalb sehen wir keinen Grund, warum die Sozialbehörde diese Form der Unterbringung nicht praktizieren sollte.“
Linksfraktion fordert Hotel-Unterbringung von Obdachlosen
Anfängliche Vorbehalte des Hotelpersonals im vergangenen Winter konnten abgebaut werden. Es gab laut Rose auch keine „Zwischenfälle“. In Berlin und London wird die Hotelunterbringung Obdachloser bereits praktiziert und gut angenommen. In Hamburg organisiert die Diakonie zwar auch in diesem Winter wieder eine privat finanzierte Hotelunterbringung, doch die 20 verfügbaren Plätze 2021 sind im Vergleich zu den 170 des letzten Winters deutlich weniger geworden und hatten schon 2019/2020 nicht ausgereicht.
„Das Leben auf der Straße ist sehr anstrengend“, sagte Rose. „Für den Körper und für die Psyche. Da ist es gut und richtig, den Menschen auf Platte Rückzugsräume für eine zumindest teilweise Erholung zu bieten.“ Bisher hat die Linke mit ihren Forderungen nach öffentlich finanzierter Hotelunterbringung für Obdachlose im Winter auf Granit gebissen.
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Die rot-grüne Koalition lehnte entsprechende Anträge in der Bürgerschaft mehrfach ab und berief sich dabei auf ein Argument der Sozialbehörde. Diese hatte erklärt, eine Betreuung der Obdachlosen bei so dezentraler Unterbringung in über die Stadt verstreuten Standorten nicht leisten zu können. Rose dagegen meint, dass eine mobile Beratung möglich ist.