Hamburg. Tausende wollen Anfang Mai für bezahlbaren Wohnraum auf die Straße gehen. Senatorin Stapelfeldt macht sich für Baugebote stark.
Am 4. Mai (Start 13 Uhr, Rathausmarkt) werden wieder Tausende in Hamburg beim „MietenMove“ gegen steigende Mieten demonstrieren. 109 Gruppen – darunter die Gewerkschaften Ver.di und GEW, die Hamburger Mietervereine, das
Hamburger Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot
und die Interventionistische Linke – gehören zu den Unterstützern.
„Wohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf", sagte Berthold Bose, Leiter ver.di Landesbezirk Hamburg. "Wenn Mieten in einem Maße steigen, dass wir in unserer Stadt nicht mehr leben können, dann brauchen wir eine veränderte Politik in diesem Bereich.“ Gerade Kollegen mit geringem Einkommen, Auszubildende und Studenten litten unter dem Mietenwahnsinn. Bose: "Wir fordern bezahlbaren Wohnraum für alle – nicht nur in Hamburg!“
"Zeichen gegen die Mietenexplosion setzen"
Es sei wichtig, dass möglichst viele Mieterinnen und Mieter beim "MietenMove" mitmachten, sagte Siegmund Chychla, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg. „Damit können sie als Mehrheit der Bevölkerung ein Zeichen gegen die Mietenexplosion setzen und bezahlbare Wohnungen einfordern.“ Der "MietenMove" werde Forderungen, wie etwa die nach einem kommunalen Mietendeckel, nach einem Verkaufsverbot für städtische Immobilien und Wohnungen oder auch Enteignungen von Immobiliengroßbesitzern auf die politische Agenda setzen“, kündigte Marc Meyer, Rechtsanwalt von Mieter helfen Mietern, an. „Wann, wenn nicht jetzt: Wohnen ist ein Grundrecht, da darf es keine Denkverbote mehr geben. Mieterschutz muss Spekulanten auch weh tun dürfen."
Bereits im Juni 2018 hatten Tausende Menschen in der Hamburger City gegen rasant steigende Mieten und fehlenden sozialen Wohnungsbau demonstriert. Während die Polizei damals von rund 3000 Teilnehmern beim "MietenMove" sprach, nannten die Organisatoren die Zahl von 8000 Demonstranten, darunter viele junge Erwachsene, aber auch Familien mit Kindern
"MietenMove" in Hamburg 2018
Im Vorfeld bekundet Dorothee Stapelfeldt (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, ihr Verständnis für das Anliegen der Organisatoren: „Ich halte die Sorgen um bezahlbares Wohnen für berechtigt.“ Diese Sorge sei inzwischen in der „Mitte der Gesellschaft angekommen“, auch bei Bürgern, die ein passables Einkommen hätten.
10.000 neue Wohnungen im Jahr
Anders als die Unterstützer von „MietenMove“ sieht die Senatorin Hamburg aber auf einem guten Weg, vor allem dank des Bündnisses für das Wohnen. Seit 2011 kooperieren Verbände der Wohnungswirtschaft mit dem Senat in der Wohnungspolitik, um gemeinsam das jährliche Ziel von 10.000 neuen Wohnungen im Jahr zu erreichen. Laut Mietenspiegel 2017 (neue Zahlen liegen noch nicht vor) würden rund 335.000 Mietwohnungen in Hamburg unter acht Euro pro Quadratmeter (Kaltmiete) kosten, seien damit „bezahlbar“.
Bei den Steigerungen der Angebotsmieten steht Hamburg nach einer Auswertung der Behörde mit vier Prozent hinter Bremen (5,9), Berlin und Stuttgart (jeweils 5,3) und München (5,2) bei den deutschen Metropolen an fünfter Stelle.
Mietpreisbremse bleibt
Für bezahlbaren Wohnraum sorgen laut Stapelfeldt vor allem Saga sowie Genossenschaften, ihnen gehören zusammen 264.000 Wohnungen. Bei den privaten Vermietern sei der Anteil von Wohnungen unter acht Euro pro Quadratmeter mit 25 Prozent deutlich geringer.
Stapelfeldt kündigte bei einem Pressegespräch am Mittwoch an, dass sie sich für neue bundesweite Regeln für ein Baugebot stark machen werde. Mit einem Baugebot kann eine Kommune Grundstückseigentümer verpflichten, ihr Grundstück entsprechend dem Bebauungsplan zu bebauen - damit die Spekulationen eingedämmt werden. Derzeit seien die juristischen Hürden zu hoch.
Beim Streit um die Erbpacht - wie das Abendblatt berichtete, wehren sich Wohnungsbaugenossenschaften vehement gegen den neuen Kurs des Senats, städtische Grundstücke nicht mehr zu verkaufen, sondern zu verpachten - zeichnet sich eine Lösung ab. Denkbar ist, dass der Erbpachtzins gesenkt wird.
Mieter juristisch schützen
An ihren Vorhaben, Mieter juristisch zu schützen, will Stapelfeldt festhalten - sowohl an der Mietpreisbremse (erlaubt bei Neuvermietungen maximal zehn Prozent mehr Miete) als auch an der sozialen Erhaltungsverordnung, mit der Mieter in bestimmten Quartieren vor Verdrängung geschützt werden sollen.
Stapelfeldt forderte private Investoren auf, sich an „Recht und Gesetz zu halten“. Enteignungen von großen Wohnungsbaukonzernen, wie sie derzeit von verschiedenen Gruppen in Berlin über ein Volksbegehren angestrebt werden, lehnt sie für die Hansestadt ab.