Hamburg. Die Stadt reagiert auf stark gesunkene Asylbewerberzahlen. Im Mai mussten nur noch 346 Flüchtlinge in Hamburg untergebracht werden.


Monatelang ist um die Zahl der nach Hamburg kommenden Flüchtlinge gestritten worden. Nun hat die Stadt ihre Prognose deutlich nach unten korrigiert. Nach Abendblatt-Informationen rechnet Hamburg in diesem Jahr mit einem Unterbringungs­bedarf für 14.500 Flüchtlinge. Ursprünglich ging man davon aus, 40.000 Unterbringungsplätze bis zum Ende dieses Jahres zur Verfügung stellen zu müssen. Die neuen Zahlen liegen damit um fast zwei Drittel niedriger.

Der rot-grüne Senat hatte sich trotz der sinkenden Flüchtlingszahlen bislang dagegen gesträubt, die Prognose anzupassen. Stets hieß es, es sei noch nicht absehbar, ob nicht doch wieder mehr Menschen den Weg nach Europa wagen würden – angesichts der geschlossenen Balkanroute etwa über das Mittelmeer.

Im November mussten noch 4000 Flüchtlinge untergebracht werden

Dennoch kommt die Stadt nun offenbar nicht mehr umhin, die eigenen Schätzungen neu zu ordnen. So mussten im Mai nur noch 346 Flüchtlinge in Hamburg untergebracht werden. Zum Vergleich: Im vergangenen November, also zur Hochzeit der Flüchtlingskrise, lag die Zahl noch bei rund 4000 und damit mehr als zehnmal so hoch.

Die neue Prognose, die Anselm Sprandel, der Leiter des Zentralen Koordinierungsstabs Flüchtlinge (ZKF), heute vorstellen will, orientiert sich allerdings nicht nur an den aktuell niedrigen Zuwanderungszahlen. Vielmehr stellt sie einen Durchschnitt der vergangenen 24 Monate dar. Umgerechnet auf einen Monat bedeutet sie, dass den Planungen nun durchschnittlich 1200 neu eintreffende Flüchtlinge zugrunde gelegt werden. Zudem gehen die Berechnungen von einer dynamischen Entwicklung aus. So erwartet man für 2017 einen Unterbringungsbedarf für 15.500 Menschen. Dies bedeutet eine Aufnahme von durchschnittlich rund 1290 Flüchtlingen im Monat.

7000 Plätze in der Erstaufnahme sind frei

Zudem wird die Stadt bis Ende 2017 rund 14.500 Plätze abbauen müssen, weil etwa bestehende Mietverträge auslaufen. Darunter fällt auch eine große Zahl prekärer Standorte, also ehemalige Baumärkte und Zelte. Schon jetzt sind 7000 der 20.000 Plätze in der Erstaufnahme frei. Allerdings wird der ZKF nicht alle Standorte komplett aufgeben, sondern einige weiter vorhalten. Sollten die Flüchtlingszahlen doch wieder steigen und ein ähnliches Ausmaß wie im Herbst vergangenen Jahres annehmen, würden diese Standorte reaktiviert. Der Koordinierungsstab geht davon aus, dass die Stadt bis Ende 2017 etwa 48.000 Flüchtlinge unterbringen muss.

Unterdessen haben Bürgermeister Olaf Scholz, Sozialsenatorin Melanie Leonhard, Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (alle SPD), die Fraktionschefs Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) sowie die Bürgerinitiative Neugraben-Fischbek den von ihnen ausgehandelten ersten Bürgervertrag zur Unterbringung und Integration von Flüchtlingen vorgestellt. Der Vertrag sieht vor, dass im Stadtteil höchstens 1500 Flüchtlinge untergebracht werden.