Kiel. Angesichts des alles überschattenden Krieges in der Ukraine fällt der Landtagswahlkampf in Schleswig-Holstein zurückhaltend aus. Auch beim ersten Triell im Norden bleiben die Spitzenkandidaten betont sachlich. Einen Hauch von Streit gibt es nur bei einem Thema.
Beim ersten Wahl-Triell in Schleswig-Holstein zweieinhalb Wochen vor der Landtagswahl am 8. Mai haben die Spitzenkandidaten von CDU, SPD und Grünen ihre Positionen betont sachlich ausgetauscht. Vor und nach der Aufzeichnung für RTL Nord im Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel gaben sich Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller entspannt. Auch der Austausch der Positionen etwa zur Energie- und Verkehrspolitik oder zur Grunderwerbsteuer blieb freundlich und nordisch-sachlich.
Einen Hauch von Streit gab es nur beim Thema Kitagebühren. Günther kritisierte Losse-Müller für dessen auch plakatierte Wahlaussage zur Abschaffung der Kitagebühren. Losse-Müller verwies darauf, dass es in SPD-regierten Nachbarländern keine Kitagebühren gebe. "Wenn das da geht, dann geht das auch in Schleswig-Holstein", sagte Losse-Müller. "Das ist möglich, das Geld ist da, das ist eine Frage von politischem Willen."
Losse-Müllers Aussage sei nicht richtig, widersprach Günther, denn es gebe in den anderen norddeutschen Ländern durchaus auch noch Kita-Gebühren. So sei in Hamburg etwa nur die Grundbetreuung kostenfrei. Eine alleinerziehende Mutter, die auf acht oder neun Stunden Betreuung angewiesen sei, zahle in Hamburg auch Gebühren. "Weil alles andere auch gar nicht finanzierbar ist", sagte Günther. "Von daher müssten Sie mal nachdenken, ob die Plakate, die Sie aufhängen, so ehrlich sind vor diesem Hintergrund", sprach der Regierungschef seinen Herausforderer direkt an.
Erst die Jamaika-Koalition habe in Schleswig-Holstein für Verbesserungen gesorgt. "Wir haben ein Land übernommen, das kann ich Ihnen nicht ersparen, wo wir die höchsten Kita-Gebühren zu zahlen hatten."
Auch Heinold, ging in dieser Frage auf Distanz zu Losse-Müller. Die Beitragsfreiheit in der Kita sei zwar ein Herzenswunsch, denn Kita sei Bildung und müsse eigentlich wie Schule betrachtet werden. Aber: "Ich halte überhaupt nichts davon, vor der Wahl ganz viel zu versprechen und nach der Wahl zu sagen, oh, jetzt habe ich einmal ins Portemonnaie geschaut." Die Grünen wollten erst die Qualität in den Kitas weiter verbessern und dann weitere Kostenentlastungen erreichen. "Alles auf einmal zu versprechen, ist aus meiner Sicht nicht ehrlich."
Losse-Müller räumte ein, dass die SPD zunächst nur die Grundbetreuung kostenfrei machen wolle. Das würde für Familien mit zwei Kindern in Kita oder Krippe aber schon 2500 Euro Entlastung im Jahr bedeuten. Laut Wahlprogramm plant die SPD, die gebührenfreie Kinderbetreuung bis 2027 einzuführen.
Beim Thema Energiepolitik verwies Günther vor dem Hintergrund der aktuellen Krise auf die Vorreiterrolle Schleswig-Holsteins bei der Energiewende. Es sei richtig gewesen, zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie auszuweisen. "Wir können noch mehr Flächen dadurch zur Verfügung stellen, dass wir Repowering möglich machen." Beim Repowering werden alte Windräder durch leistungsstärkere neue Anlagen ersetzt. So werde die Strommenge aus erneuerbaren Energien noch einmal erhöht.
Losse-Müller sagte, das Land müsse sich auch beim Aufbau der Ladesäulen-Infrastruktur für Elektromobilität engagieren. Der Plan der SPD, sehr viel Geld für den Klimaschutz einzusetzen, sei richtig: "Wenn wir beim Klimaschutz nicht ernst machen, werden wir in Schleswig-Holstein sehr viel Geld verlieren."
Heinold forderte, die benötigte Energie vor Ort zu erzeugen. "Wir sind mitten in der Klimakrise." In der Vergangenheit sei es für Grüne schwer gewesen, mit dem Thema durchzudringen. "Ich hoffe, dass jetzt der Punkt gekommen ist, wo es ernst genommen wird."
Auch nach den Koalitionsvorlieben fragten die RTL Nord-Moderatorin Linda Mürtz und die Chefin vom Dienst des RTL-Nord-Standortes Kiel, Kirsten von Keitz, am Ende des Triells - allerdings erhielten sie keine überraschenden Antworten. Die Grünen wollten mit allen Beteiligten sprechen, sagte Heinold. "Mir geht es darum, dass wir in Schleswig-Holstein vorankommen." SPD und Grüne seien sich inhaltlich sehr nah, betonte Losse-Müller.
Günther verwies darauf, dass die Jamaika-Koalition trotz der Unterschiede von CDU, Grünen und FDP fünf Jahre gut zusammengearbeitet habe. "Wenn man eine Zustimmung von fast 80 Prozent der Menschen hat, die sagen, sie werden gut in Schleswig-Holstein regiert, wer wäre ich, wenn ich als Ministerpräsident nicht sagen würde, ich würde auch gerne in dieser Konstellation in Jamaika mit Grünen und FDP weiterregieren."
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