Hamburg. IZH und Ditib seien „Gegner unserer offenen Gesellschaft“. SPD und Grüne sehen Vertragsaufhebung jedoch kritisch.
Der Umgang mit möglicherweise islamistischen Bestrebungen ist in diesen Tagen gleich mehrfach Thema in Hamburg: Die Grünen-Führung verdächtigt zwei eigene Bezirksabgeordnete der Nähe zum islamischen Extremismus; ein CDU-Parteitag hat am Dienstag beschlossen, die Stadt müsse die Verträge mit den Islamverbänden Ditib und Schura kündigen, weil diese für ein nicht immer mit der Verfassung vereinbares Religionsverständnis stünden – und am Mittwoch hat sich die Bürgerschaft mit dem Thema befasst. In der Aktuellen Stunde diskutierten die Abgeordneten darüber unter dem Titel „Das IZH, der Verfassungsschutz und die SPD“.
Zum Anlass für die von ihr angemeldete Debatte nahm die AfD einen Besuch des religionspolitischen Sprechers der SPD, Ekkehard Wysocki, bei einem Ramadan-Bankett im Islamischen Zentrum Hamburg (IZH), zu der die Blaue Moschee an der Alster gehört. Mit diesem Besuch habe die SPD im Kampf gegen islamischen Extremismus „den letzten Rest ihrer Glaubwürdigkeit verloren“, sagte AfD-Fraktionschef Alexander Wolf in der Debatte. Das IZH werde als Vertreterin der iranischen Regierung vom Verfassungsschutz als „antidemokratisch und antisäkular“ eingeschätzt und seine Vertreter hätten wiederholt an den so genannten Al Quds-Demonstrationen in Berlin teilgenommen, bei denen die Vernichtung Israels gefordert werde.
Zahl der islamistischen Salafisten gestiegen
Allerdings räumte Wolf ein, dass IZH-Vertreter in diesem Jahr offenbar nicht zu den umstrittenen Kundgebungen gefahren seien. Der SPD warf er gleichwohl vor, sie habe „offenbar kein Problem, sich mit solchen Antisemiten an einen Tisch zu setzen“. Dass Rot-Grün nicht konsequent gegen Islamisten vorgehe, zeige sich daran, dass die Zahl bekannter islamistischer Salafisten in Hamburg von 240 im Jahr 2015 auf nun 767 gestiegen sei. „Beenden Sie das Appeasement und kündigen Sie die Staatsverträge mit Ditib und der Schura“, so der AfD-Fraktionschef in Richtung SPD und Grüne.
Hintergrund dieser Forderung ist eine seit Jahren immer wieder geführte Debatte über die 2012 geschlossenen Verträge zwischen der Stadt und dem Landesverband der türkischen Religionsanstalt Ditib, der Schura (Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg) und dem Verband der Islamischen Kulturzentren. Darin wurden gemeinsame Werte festgeschrieben und auch der gemeinsame Religionsunterricht geregelt. Das IZH ist Mitglied in der Schura und stellt einen der Vorsitzenden. Zudem hatte es Kritik an martialischem und religiös aufgeladenen Jubel von Schura-Vertretern über das Eingreifen des türkischen Militärs in Syrien oder von Ditib-Gruppen verbreitete antichristliche Karikaturen oder die Verherrlichung des Märtyrertodes gegeben.
CDU fordert Aufhebung der Verträge
Auch CDU-Fraktionschef André Trepoll forderte in der Bürgerschaft am Mittwoch nun, die Verträge mit Ditib und Schura zu beenden. Ein CDU-Parteitag hatte am Dienstagabend diese Forderung auf Antrag der Frauen Union mit großer Mehrheit beschlossen. „Die fortschreitende religiöse Intoleranz bleibt eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben“, sagte Trepoll. IZH und Ditib seien „kein Partner, sondern ein Gegner unserer offenen Gesellschaft“. Wer liberale Muslime stärken wolle, müsse radikale Kräfte ausgrenzen und sich Partner suchen, die für liberalen Islam stünden.
Der SPD-Migrationspolitiker Kazim Abaci wies die Attacken der AfD auf seinen Fraktionskollegen Wysocki in einer sehr klaren Rede scharf zurück. Dieser könne selber nicht reden, da er am Evangelischen Kirchentag teilnehme, wo die AfD ja aus bekannten Gründen nicht eingeladen sei. Die AfD sei auch den Diskussionen im Sozialausschuss über Islamismus und Antisemitismus ferngeblieben. Abaci verwies auch auf eine Fachtagung der Sozialbehörde dazu, deren Ergebnisse man nun genau auswerten werde.
Grüne wollen "Taten folgen lassen"
Die Verträge mit den Islamverbänden seien eine „gute Grundlage für den kritischen Dialog“, so Abaci. Die SPD bekämpfe Islamismus und Antisemitismus mit allen Mitteln. „Die AfD dagegen will nicht den Antisemitismus bekämpfen, sondern Muslimfeindlichkeit in der Stadt schüren. Das lehnen wir ab.“ Die Grünen-Abgeordnete Filiz Demirel nannte die Vorwürfe gegen Wysocki „absurd“ und betonte zugleich, man werde „Taten folgen lassen“, sollte sich doch noch herausstellen, dass IZH-Vertreter erneut an der Al Quds-Demonstration teilgenommen hätten. Es wäre jedoch ein „fatales Signal“, den gesamten interreligiösen Dialog und die Verträge insgesamt wegen des IZH in Frage zu stellen, so Demirel.
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Anna von Treuenfels-Frowein wies darauf hin, dass die FDP schon immer gegen die Verträge mit den Islamverbänden gewesen sei. Und Linken-Innenpolitikerin Christiane Schneider sagte: „Ich weiß gar nicht, über was wir reden. Es ist überhaupt nichts vorgefallen. Sonst hätten wir es im Abendblatt gelesen.“