Hamburg. Krankenhäuser behandeln junge Männer mit schwersten Verletzungen. Mehr Patienten sollen folgen – doch der Transport ist schwierig.
In Hamburgs Kliniken werden die ersten ukrainischen Kriegsverletzten behandelt. Ein Patient liegt im BG Klinikum Boberg, ein weiterer im UKE. In der Nacht zum Donnerstag sollte ein weiterer Schwerverletzter ankommen. „Es handelt sich um junge Männer mit Explosions-, Schuss- oder Brandverletzungen“, sagt Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch, Ärztlicher Direktor in Boberg sowie Direktor der Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie am UKE. Ihr Zustand sei „hochkritisch“.
Die Patienten bräuchten eine hoch spezialisierte Chirurgie, aufgrund schwerster Weichteilverletzungen auch im plastischen Bereich. Prof. Frosch und seine Kollegen stellen sich darauf ein, dass jetzt vermehrt Kriegsverletzte nach Hamburg kommen. Das größte Problem sei jedoch der Transport aus der Ukraine, für die Schwerverletzten brauche man in der Regel ein Flugzeug mit Arztbegleitung. Doch auch dann dauere eine Verlegung Stunden, so Frosch, die Patienten müssten dafür so weit stabilisiert sein. Akut lebensbedrohlich Verletzte würden daher nicht hier ankommen.
Ukraine-Krieg: Hamburger Kliniken helfen aus
Prof. Frosch hält derzeit engen Kontakt zum Militärkrankenhaus in Lwiw im Westen der Ukraine. „Von dort würde man gerne mehr Patienten zu uns schicken“, sagt der Chefarzt. „Und wir würden diese natürlich behandeln.“ Die Kliniken in dem Kriegsland hätten nicht mehr die Kapazitäten, um die Masse an Patienten zu versorgen. Neben der Infrastruktur fehlten auch Krankenschwestern.
Wenn ein Krankenhaus aus der Ukraine sich direkt bei einer Hamburger Klinik meldet, könnten diese untereinander eine Verlegung der Patienten vereinbaren, so Frosch. Bei offiziellen Hilfegesuchen aus dem Kriegsland laufe die Verteilung über das Traumanetzwerk Hamburg, ein Zusammenschluss von 18 Kliniken in der Metropolregion, die die Not- und Unfallversorgung von Schwerverletzten sicherstellen. Sie stehen in engem Kontakt und sprechen sich im Falle einer Ankunft von Kriegsverletzten ab, in welchem Krankenhaus diese am besten behandelt werden.
Deutsche Kliniken: weniger Kriegsverletzte als erwartet
Laut Netzwerk-Sprecher Dr. Jakob Nüchtern, zugleich Oberarzt an der Asklepios Klinik St. Georg, seien in ganz Deutschland bislang weniger Kriegsverletzte angekommen als erwartet. Man gehe aber von weiteren Ankünften in Hamburg aus und sei darauf in allen Krankenhäusern des Netzwerkes auch gut vorbereitet.
Die Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportorthopädie der AK St. Georg sei hoch spezialisiert auf die Versorgung schwerstverletzter Patienten. „Das Team der Unfallchirurgie hat große Erfahrungen in der Behandlung perforierender Verletzungen, wie Schuss- und Stichverletzungen“, sagt Dr. Nüchtern.
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Ukraine-Krieg: Kleeblattkonzept verteilt Patienten nach Hamburg
Wie viele Patienten auf offiziellem Wege aus der Ukraine nach Hamburg kommen, wird über das sogenannte Kleeblattkonzept entschieden, das im Frühjahr 2020 für die Corona-Pandemie entwickelt wurde: Mehrere Bundesländer sind jeweils zu einem Kleeblatt zusammengefasst, Hamburg bildet mit Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Bremen das Kleeblatt Nord.
Das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern (GMLZ) koordiniert die Verteilung aller in Deutschland ankommenden Verletzten auf die insgesamt fünf Kleeblätter, die sich dann intern weiter abstimmen.