Hamburg. Der Zwei-Sterne-Koch aus dem Louis C. Jacob hat alles erreicht. Und doch will er nicht zurückschalten. Dazu hat er zu viele Ideen.
Der „Kampf mit dem Teller“ ist Alltag für Thomas Martin. Er ist einer der besten Köche der Stadt und ein Perfektionist: „Wenn ich das Essen anrichte, dann muss alles zu 100 Prozent passen, bis zum letzten Tupfer Sauce. Denn auch das Auge isst mit“, sagt der gebürtige Mannheimer.
Seit mehr als 20 Jahren ist das Spitzenhotel Louis C. Jacob an der Elbchaussee seine Wirkungsstätte. Das Jacobs Restaurant ist seit 2011 mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet und hat 16 von 20 Punkten im Gault-Millau. Wie wichtig sind Thomas Martin diese Bewertungen? Der Spitzenkoch nimmt einen Schluck Cappuccino, lässt den Blick über die Elbe schweifen und hält einen Moment inne: „Als das Jacobs Restaurant 1999 mit dem ersten Stern ausgezeichnet wurde, da haben mein Team und ich zwei Tage lang gefeiert. Das war damals das Größte für mich.“
Aber inzwischen sieht der 51-Jährige das gelassener. „Selbstverständlich freue ich mich über Auszeichnungen und ganz besonders über zufriedene Gäste. Die möchte ich mit erstklassigen Produkten und einem besonderen Geschmackserlebnis verwöhnen.“ Thomas Martin wirkt entspannt an diesem sonnigen Nachmittag in einem Café in Övelgönne: „Ich bin ein glücklicher Mensch und sehr dankbar dafür, dass ich seit mehr als zwei Jahrzehnten im Louis C. Jacob meine berufliche Heimat gefunden habe. Auch wenn das vielleicht ein wenig kitschig klingt: Wir sind in diesem Haus wirklich so etwas wie eine Familie.“
Er sollte das Restaurant der Eltern weiterführen
Dass er Koch werden wollte, wusste Thomas Martin schon früh. Seine Eltern führten ein Restaurant mit gutbürgerlicher Küche in Mannheim: „Wir haben über dem Lokal gewohnt, und immer wenn Not am Mann war, dann hat mein Vater oben angerufen, und ich habe zum Beispiel in der Küche mitgeholfen oder Gläser poliert.“
Seine Ausbildung machte Thomas Martin Anfang der 80er-Jahre im Anglo-German Club an der Außenalster. Es folgten Stationen im Gourmettempel Aubergine in München und im Sternerestaurant Zur Traube in Grevenbroich. Eigentlich sollte Thomas Martin das Restaurant seiner Eltern übernehmen: „Ich bin dann noch mal ein paar Monate da gewesen, habe aber schnell festgestellt, dass es mich in die weite Welt hinauszieht. Deshalb habe ich mich dann dagegenentschieden.“ Seine Eltern seien natürlich zunächst enttäuscht gewesen. Thomas Martin wirkt ein wenig nachdenklich und sagt dann: „Aber später waren meine Eltern auch stolz auf meinen Werdegang und unser Verhältnis sehr gut.“
Mit den Jahren ist Thomas Martin Herr über ein kleines Gastro-Imperium geworden. Als Küchenchef ist er verantwortlich für das Jacobs Restaurant und für sämtliche Bankette und Feierlichkeiten in dem Fünf-Sterne-Superior-Haus an der Elbe, in dem sogar Hollywoodstar Robert Redford seine Hochzeit mit Sibylle Szaggars feierte. Auch die benachbarte Weinwirtschaft Kleines Jacob und die Brasserie Carls in der HafenCity gehören zu seinem kulinarischen Reich: „Ich liebe diese Vielfalt und lasse meinen kreativen Köchen ihre Freiheiten. Aber ich habe natürlich alles im Blick und stehe im Jacobs Restaurant immer mit am Pass, wo die Gerichte geschickt werden.“
Verantwortlich auch fürs Abendblatt-Restaurant
Es gibt noch ein weiteres gastronomisches Projekt, das ihm sehr am Herzen liegt. Noch bis zum 14. Oktober sind er und Küchenchef Rüdiger Mehlgarten verantwortlich für das „Hamburger Abendblatt – Das Restaurant im Louis by Thomas Martin & Friends“. Das wurde im August aus Anlass des 70. Geburtstags des Abendblatts für die Dauer von gut zwei Monaten am Kaiserkai eröffnet, und jede Woche zaubert ein anderer Spitzenkoch unter der Schirmherrschaft von Thomas Martin ein Menü.
Es gibt Geschichten über erfolgreiche Köche, die in der Küche herumschreien und auch mal mit Bratpfannen werfen. Thomas Martin lächelt. „Vor mir braucht keiner Angst zu haben. Ich gehe mit meinen Mitarbeitern respektvoll um, und bei mir in der Küche sind alle hoch konzentriert.“ Der Zwei-Sterne-Koch ist stolz darauf, dass „wir viele langjährige Mitarbeiter haben und vor allem auch viele talentierte Jungköche, an die ich gerne mein Wissen weitergebe – aber auch auf ihre Ideen eingehe.“
Aber was treibt diesen Mann an, der nun seit mehr als 30 Jahren in der Branche arbeitet?: „Ich gebe immer noch Vollgas, weil ich meinen Beruf wirklich liebe. Kochen und damit andere Menschen glücklich zu machen ist für mich ein großes Geschenk.“Deshalb steht er sogar zu Hause am Herd: „Meine Frau und ich kochen für Freunde und Familie. Ich konzentriere mich auf die Zubereitung von Fisch oder Fleisch, und sie macht exzellente Dips und Saucen. Meist mache ich danach dann auch die Küche sauber.“
Aber Thomas Martin ist auch gern zu Gast: „Ich bin unkompliziert und freue mich, wenn ich bekocht werde oder einfach zu einem Barbecue eingeladen bin.“ Der Kochkünstler geht auch häufig essen, und da muss es nicht immer Gourmetküche sein: „Eine leckere Pizza Margherita beim Italiener oder gegrillte Lammkoteletts beim Türken und dazu ein gutes Glas Rotwein, damit bin ich zufrieden.“
Hochzeitsmahl bei Zwei-Sterne-Koch Rüffer
Seit fünf Jahren lebt er mit seiner Frau Esin zusammen. Er hat einen heute 22-jährigen Sohn aus erster Ehe mit in die Beziehung gebracht, sie eine Tochter. Im Kreise der Familie wurde der Bund der Ehe Anfang dieses Jahres mit einem festlichen Menü im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten an der Binnenalster im Zwei-Sterne-Restaurant Haerlin von Freund und Chefkoch Christoph Rüffer begangen. In Kürze wird Thomas Martin mit seiner Frau von Marienthal in eine neue Wohnung im Hamburger Osten ziehen. „Wir kommen der Innenstadt ein wenig näher. So ein Umzug steht auch immer für einen neuen Lebensabschnitt.“
Doch beruflich wird sich nichts ändern, dem Louis C. Jacob werde er treu bleiben. Aber ein bisschen mehr Sport möchte Thomas Martin machen, mal wieder Tennis spielen.
Manchmal, wenn er abschalten will, fährt er die momentan noch mehr als 20 Kilometer von Marienthal aus mit dem Fahrrad zur Arbeit. Und auch den einen oder anderen Fernsehauftritt wird es geben. So wird zum Beispiel an diesem Sonntag ab 20.15 Uhr auf Vox „Das perfekte Profi Dinner“ gezeigt, bei dem auch Thomas Martin mitgewirkt hat: „Es hat großen Spaß gemacht, für die Kollegen in privater Atmosphäre zu kochen.“ Mit dabei sind auch Matthias Gfrörer (Gutsküche, Tangstedt), Robin Pietsch (Zeitwerk, Wernigerode) und Food-Experte Sebastian Lege.
Er wäre auch gern Sommelier geworden
Thomas Martin ist auch regelmäßig bei der Kochshow „ZDF-Küchenschlacht“ zu sehen. „Wenn das Format stimmt, bin ich gerne beim Fernsehen dabei. Das bringt uns immer auch neue, neugierige Gäste in unsere Restaurants“, sagt Thomas Martin.Dass Menschen ihn auf der Straße ansprechen und nach Rezepten fragen oder Tipps haben wollen, ist für ihn kein Problem: „Ich freue mich darüber, wenn mein Rat gefragt ist.“
Bleiben am Ende noch zwei Fragen. Was wäre Thomas Martin geworden, wenn nicht Koch? „Sommelier hätte mich gereizt, weil Wein auch ein so spannendes Erzeugnis ist.“ Und was für ein neues gastronomisches Konzept würde ihn reizen? Ein paar Sekunden vergehen, dann antwortet der Sternekoch mit einem Blitzen in den Augen. „Ein Imbisskonzept mit natürlichen, regionalen und frischen Produkten, daran hätte ich Spaß.“
Aber jetzt muss Thomas Martin erst mal zurück in seine Küche im Louis C. Jacob, wo Hummer und Rehrücken auf ihn warten.