Hamburg. Bei der Elektromobilität setzt Hamburg auf neue High-Power-Charger. Neun dieser innovativen Säulen sollen nun gebaut werden.

Noch bis Mitte 2019 war Hamburg unter den deutschen Metropolen stets der Spitzenreiter bei der Anzahl von Ladesäulen für Elektroautos. Inzwischen ist die Hansestadt laut des aktuellen Registers des Verbands BDEW mit 1214 öffentlich zugänglichen Ladepunkten auf Rang drei hinter Berlin (1799) und München (1327) abgerutscht.

Nach aktuellem Plan des Senats sollen bis 2025 aber immerhin mehr als 2000 Ladepunkte in Hamburg zur Verfügung stehen – wobei man jetzt auch auf eine ganz neue Geschwindigkeitsklasse setzt: Andreas Rieckhof, Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde, weihte am Montag am Zirkusweg auf St. Pauli den ersten sogenannten High-Power-Charger (HPC) mit einer  Ladeleistung von 160 kW ein. 

Hamburg gibt Gas bei Ladesäulen für Elektroautos

„Wir machen Tempo beim Ausbau, mit den High-Power-Chargern nun auch an den Ladesäulen selbst“, sagte Rieckhof: „So schnell ging Laden noch nie! HPC sind eine Neuheit, die die öffentliche Ladeinfrastruktur in Hamburg bereichert.“  Es handele sich um eine Innovation, die echten Mehrwert biete, weil sie den Nutzern Zeit spare. Er sei sich sicher, dass die Einführung der HPCs „den Markthochlauf der Elektromobilität in Hamburg weiter beflügeln wird“, so Rieckhof.

Mit der Ladeleistung von 160 kW können moderne E-Fahrzeuge in nur sechs Minuten die Energie für die nächsten 100 Kilometer tanken. Um die Akkus bis auf 80 Prozent der Kapazität zu laden, werden gut 20 Minuten benötigt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Autos die entsprechende Aufnahmeleistung besitzen – und das ist noch eher selten der Fall.

Neun HPC-Stationen in Hamburg geplant

Selbst Modelle der mittleren und oberen Preisklasse, etwa der VW ID.4, der Skoda Enyaq iV oder der Mercedes-Benz EQC unterstützen nur Ladegeschwindigkeiten von 100 bis 125 kW und benötigen somit etwas mehr Zeit an den HPC-Säulen.

Nach Angaben der Wirtschaftsbehörde sind für 2021/22 insgesamt neun HPC-Stationen in Hamburg geplant, deren Errichtung aus Bundesmitteln gefördert wird. Die anderen Standorte sind: Elbchaussee 564, Oesterleystraße 2, Daimlerstraße 3, Eichholz 43, Fuhlsbüttler Straße 179, Rennbahnstraße 26 (zwei Ladesäulen) und Robert-Koch-Straße 36.

Zahlung muss kontaktlos möglich sein

Hersteller der HPC-Säulen für Hamburg ist der Elektrokonzern Siemens. „Technisch sind die Ladesäulen bereits für die Anforderungen an die neue Ladesäulenverordnung vorgerüstet, und das, obwohl diese Anforderungen erst ab 2023 verpflichtend einzuhalten sind“, erklärte Bastian Pfarrherr, Leiter Innovationsmanagement bei  Stromnetz Hamburg – das städtische Unternehmen errichtet die Ladepunkte.  

Der neuen Verordnung zufolge muss die Zahlung kontaktlos auch per Kreditkarte oder Girocard möglich sein. „Damit bieten wir bereits heute einem noch größeren Nutzerkreis einen Zugang und komfortable Ladekapazitäten an“, sagte Pfarrherr. 

Auch Ladesäulen von privaten Betreibern geplant

Nach den Vorstellungen der Wirtschaftsbehörde sollen in Zukunft in Hamburg aber auch „verstärkt öffentlich zugängliche Ladesäulen im privaten Raum hinzukommen“, die durch private Betreiber errichtet werden – etwa an Tankstellen, auf Supermarktparkplätzen und in Parkhäusern.

Tatsächlich gibt es in der Hansestadt an solchen Standorten schon Lademöglichkeiten, die noch deutlich schneller sind als die neun HPC-Säulen: Schon im Februar gab es an zwei Aral-Tankstellen in Allermöhe und in Rothenburgsort Ladepunkte mit einer Leistung von sogar 350 kW, die ein Fahrzeug mit 350 Kilometer Reichweite in nur zehn Minuten vollständig aufladen können – theoretisch jedenfalls. Denn selbst ein Porsche Taycan, der derzeit im Hinblick auf die Ladeleistung an der Spitze liegt, schafft nur 270 kW.

Auch Rewe-Gruppe plant Schnellladesäulen

An einer Shell-Tankstelle in Billbrook gibt es zwei Ladepunkte mit immerhin 300 kW. Und die Rewe-Gruppe hat gerade eine Kooperation mit Shell zum Aufbau von Schnellladesäulen an rund 400 Rewe- und Penny-Supermärkten bekannt gegeben. Die Märkte sollen der Ankündigung zufolge bis Ende 2024 jeweils bis zu sechs Ladepunkte mit bis zu 360 kW Leistung erhalten.

Nach dem Urteil des ADAC stoßen viele E-Autos auf der Langstrecke noch an ihre Grenzen: „Die Notwendigkeit,  etwa auf dem Weg von Hamburg nach München mehrmals nachladen zu müssen, macht das Reisen zur Geduldsprobe.“ Langstreckentauglich sind E-Fahrzeuge nach Einschätzung des Automobilclubs, wenn sie in 30 Minuten Energie für 200 Kilometer laden können.

Start-up stellt Akku-Proto­typen vor

Während der größte Teil der öffentlich zugänglichen Stromtankstellen nur eine Ladeleistung von höchstens 22 kW hat und Schnellladesäulen nach gängiger Definition bei 50 kW beginnen, ist das Modell „Terra 360“ des Schweizer Konzerns ABB nach dessen Angaben die bisher „weltweit schnellste Ladestation“. Mit einer Leistung von 360 kW genüge für zusätzliche 100 Kilometer Reichweite ein Ladestopp von weniger als drei Minuten – nur dass es eben noch kein Auto gibt, das dies nutzen könnte.

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Doch das israelische Start-up Storedot hat Anfang 2021 einen Akku-Proto­typen vorgestellt, der dank Extreme Fast Charging Technologie (XFC) nur fünf Minuten für eine vollständige Ladung benötigt. Wann die Technologie in Serie gehen kann, steht zwar noch nicht fest. Der Daimler-Konzern hat aber schon 2017 in die junge Firma investiert.