Hamburg. Vermisster Hund aus Othmarschen löst große Anteilnahme aus. Besitzerin lobt 2000 Euro Belohnung aus. Wurde er gestohlen?

„2000 Euro Belohnung“ prangt knallrot hervorgehoben über dem Foto eines kleinen, schwarzen Hundes, das auf DIN-A4-Zetteln gedruckt im Schanzenviertel an Bäume, Haustüren und Fassaden geklebt ist. Doch nicht nur dort. Auch in Othmarschen und rund um den Isebekkanal ist der Suchaufruf zu finden: „Scotti, unser kleiner Hund ist am 02.10.21 in Othmarschen gestohlen worden“, schreibt Besitzerin Claudia Woitas und bittet um Hinweise. Nicht nur wegen der hohen Belohnung fällt der Aushang vielen Anwohnern auf, auch in sozialen Medien ist die Anteilnahme groß. Denn Claudia Woitas lässt nichts unversucht. Und es gibt den Verdacht, dass Scotti gestohlen worden ist.

„Gegen 18 Uhr ist er unter dem Gartenzaun hindurch ausgebüchst“, sagt Woitas dem Abendblatt. Ihre kleine Tochter war zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Mann im Urlaub. „Scotti ist immer etwas unruhig, wenn unsere Tochter nicht da ist.“ Zunächst sei der Hund zu einem benachbarten Grundstück gelaufen. Nicht das erste Mal. „Die Nachbarskinder haben ihn sonst immer wieder zurückgebracht,“ so Woitas. Dieses Mal habe Scotti seinen Streifzug fortgesetzt.

Altona: Zeugin macht wichtige Aussage

Was dann passiert sein soll, ist wohl der Albtraum eines jeden Hundebesitzers. Eine Zeugin habe beobachtet, wie der kleine Zwergpudel von einem jungen Mann an der Ecke Parkstraße/Klein Flottbeker Weg mitgenommen wurde. Dieser wichtigen Zeugenaussage schenkt die Familie Glauben. „Die Zeugin kennt unseren Hund von der Hundewiese im Jenischpark“, sagt Woitas.

Die wichtige Information erreicht die Familie aber erst drei Tage nach dem Verschwinden von Scotti. Zuvor hängt die 49-Jährige die ersten Zettel mit der Vermisstenanzeige ihres Hundes auf. Zunächst lobt sie jedoch keine Belohnung aus. „Wir haben geglaubt, dass jemand ihn vielleicht nur übers Wochenende behalten wollte.“ Vor allem hofft sie, dass Hund Scotti vor der Rückkehr ihrer Tochter aus dem Urlaub wieder auftaucht. „Wir wollten ihr den Kummer ersparen.“

Finderlohn auf 2000 Euro angehoben

Doch als der Hund auch am vergangenen Montag noch verschwunden bleibt und alle Anrufe bei Polizei, Tierheim und Feuerwehr kein Ergebnis bringen, lobt sie einen Finderlohn von 500 Euro aus. Dann startet Woitas eine großangelegte Suchaktion. „Ich habe das Viertel mit 200 Flyern gepflastert.“

Mit diesem Aushang sucht die Besitzerin Claudia Woitas nach ihrem Zwergpudel. Er sei ein ganz besonderes Tier.
Mit diesem Aushang sucht die Besitzerin Claudia Woitas nach ihrem Zwergpudel. Er sei ein ganz besonderes Tier. © Genevieve Wood | Unbekannt

Und: Sie hebt den Finderlohn auf 2000 Euro an. „Wir sind voll ins Risiko gegangen, damit die Suche schnell beendet ist. Das ist so viel Geld, dass jeder diesen Hund eigentlich zurückgeben müsste.“ Die Familie engagiert sogar einen privaten Sicherheitsdienst, läuft bis spätnachts durch die Straßen, um ihn zu suchen. Im Aushang heißt es auch, dass Scotti Medikamente brauche und ansteckend sei.

Hund im Schanzenviertel gesichtet

Ein Facebook-Aufruf bringt schließlich eine weitere Zeugenaussage hervor. Jemand will den Hund im Eimsbütteler Lindenpark nahe dem Schanzenviertel gesehen haben. „Also haben wir in der Schanze weitergesucht“, sagt Woitas. Unterstützung erhält sie vom ehrenamtlichen Verein K-9 Tiersuche Nord e. V., der mit einer Hundestaffel den Park und die Umgebung absucht. Wie aussichtsreich sind solche Suchaktionen?

„Generell hat man eine gute Chance, den Aufenthaltsort des Tieres näher einzugrenzen“, sagt die Notfallhelferin Regina Schulius von K-9. „Wenn ein Hund unterschlagen oder gestohlen worden ist, ist es deutlich schwerer.“ Im Fall Scotti ist ein Problem, dass Geruchsspuren bei der Suche in dicht besiedelten Gebieten für die Suchhunde schwerer zu verfolgen sind.

Auch am Wochenende geht die Suche weiter

Auch bei der Polizei erstattet die Familie Anzeige. „Die Polizei trifft bei Vorliegen einer entsprechenden Anzeige alle erforderlichen Maßnahmen, die zur Aufklärung der Tat dienlich sind“, sagt Sprecher Daniel Ritterskamp. Aus kriminaltaktischen Gründen könnten jedoch keine näheren Angaben gemacht werden. „Im vorliegenden Fall wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, die noch nicht abgeschlossen sind.“

Zwei weitere Hinweise, die bei Claudia Woitas eingehen, laufen ebenfalls ins Leere. Eine Frau will den Hund am Isebekkanal gesehen haben. Ein Mann will sie sogar zu ihrem Hund führen. „Ich weiß, wo dein Hund ist“, soll er am Telefon gesagt haben. Es kommt zu einem Treffen, doch die Aussage entpuppt sich als falsch. Scotti bleibt unauffindbar. „Ich liebe diesen Hund und habe so geheult, als er weg war. Ich gehe auf dem Zahnfleisch“, sagt Woitas. Auch ihre 9 Jahre alte Tochter leidet sehr unter dem Verschwinden: „Scotti ist mein bester Freund, und jetzt schläft er woanders, und ich weiß nicht, wo er ist, das fühlt sich gar nicht gut an“, habe sie gesagt.

Suche nach Scotti soll weitergehen

Auch an diesem Wochenende soll die Suche weitergehen. Woitas geht jeder noch so vagen Spur nach – auch von einem Zeugen, der Scotti zwar nicht gesehen, aber möglicherweise gehört hat.

Scotti sei ein ganz besonderer Hund. „Selbst Hundehasser haben diesen Hund geliebt“, so Woitas. Somit habe sie auch Angst, dass jemand den Hund gar nicht hergeben will. „Dann sind 2000 Euro auch wurscht, wenn man ihn kennt und lieb gewinnt.“ Doch die Familie hofft, dass sie ihren zweieinhalb Jahre alten Zwergpudel bald wieder in die Arme schließen kann. „Die Anteilnahme ist riesig. Das ist wirklich überwältigend.“

Wer Hinweise auf den Verbleib von Zwergpudel Scotti hat, wird gebeten, sich unter Tel. 04354 24 39 884 an K-9 Hundesuche Nord zu wenden.

Was betroffene Halter tun sollten

Die Anzahl von entlaufenen Hunden und Katzen sei derzeit erneut hoch, sagt die Notfallhelferin Regina Schulius vom Verein K-9 Hundesuche Nord, in dem etwa 20 Ehrenamtliche aktiv sind. Als Führer für Suchhunde, aber auch Berater und für die Betreuung der Tierhalter. „Man darf die psychischen Folgen keinesfalls unterschätzen, wenn ein geliebtes Tier plötzlich weg ist“, sagt Regina Schulius. Die Expertin hat auch klare Empfehlungen dafür, wie sich Tierbesitzer in einem Vermisstenfall am besten verhalten sollten.

„Wenn das Tier wie in sehr vielen Fällen von zu Hause entlaufen ist, sollten die Eingangstür oder eine Gartenpforte geöffnet werden, damit das Tier auch selbst wieder hereinkommt“, sagt Schulius. Das wichtigste Prinzip aber laute: Auf keinen Fall sollten Hundehalter selbst losgehen und in der erweiterten Umgebung nach ihrem Tier suchen. Dabei verteile man seinen Duft und verwirre das Tier im schlimmsten Fall so sehr, dass es nicht mehr wieder nach Hause fände. Mit Geduld und der Strategie, an Ort und Stelle abzuwarten, gelinge dies den Hunden und auch Katzen in einer Mehrheit der Fälle innerhalb weniger Stunden oder Tagen.  Sollte das Tier etwa in einem Park plötzlich vermisst werden, gelte dasselbe: „Ausharren, für drei oder vier Stunden – wenn möglich, noch länger.“

Flyer an Autofahrer verteilen

Wenn ein Hund oder eine Katze nicht bald wieder zurück ist, sei es laut der Expertin ratsam, professionelle Hilfe durch die Polizei und den Hundesuchverein K-9 hinzuzuziehen (Tel. 04354-2439884, weitere Infos unter www.tiersuche-nord.de) sowie etwa das Tierheim an der Süderstraße und auch Tierärzte zu informieren. Freunde können gebeten werden, einen Aushang im öffentlichen Raum, in Supermärkten oder anderen Geschäften zu platzieren. „Es macht auch Sinn, die Flyer an Autofahrer zu verteilen, die im jeweiligen Gebiet unterwegs sind und vielleicht im Vorbeifahren eine wertvolle Beobachtung machen.“

Um den Tieren die Orientierung zurück zu erleichtern, können in einer sternförmigen Form um das Zuhause oder den Ort des Verschwindens Geruchsfährten gelegt werden – indem Tierbesitzer ein Kleidungsstück hinter sich herziehen oder die Spur mit Wurstwasser träufeln. „Wichtig ist, erst auf dem Rückweg von den Endpunkten damit zu beginnen“, sagt Schulius. „Die Tiere können erkennen, in welche Richtung die Spur gelegt wurde.“