Hamburg. Hamburger Kinder und Jugendliche durften am Freitag ihr Kreuzchen setzen. Ein Ziel des Projekts: Lernen, wie Demokratie funktioniert
Die Hamburger Ergebnisse für die U18-Wahl stehen fest. Gewonnen haben die Grünen mit 27,48 Prozent der Stimmen, dicht gefolgt von der SPD mit 26,76 Prozent. Auf dem dritten Platz liegt die CDU mit 16,15 Prozent vor der FDP (8,89 Prozent) und der Linken (7,72 Prozent). Die anderen Parteien kamen zusammen auf 13 Prozent der Stimmen.
Bei der U-18-Wahl waren bundesweit alle Mädchen und Jungen zur Wahl aufgerufen. Am 17. September konnten sie in 1700 Wahllokalen ihr Kreuzchen machen. In Hamburg beteiligten sich zahlreiche Schulen, Bücherhallen und Jugendtreffs an der Aktion. Ziel war es nicht nur, ein Stimmungsbild der jungen Generation zu erhalten, es ging vor allem auch um politische Bildung. Diejenigen, die noch zu jung sind, um zu wählen, sollen sich mit den Wahlprogrammen der Parteien auseinandersetzen und lernen, wie Demokratie funktioniert.
"Ein spannendes Erlebnis für viele Kinder und Jugendliche – und zugleich ein ganz wichtiger Schritt zum Erlernen eines elementaren demokratischen Grundprinzips", sagte Christoph Schommer, Sprecher des Erzbistums Hamburg. An 44 Schulen in Hamburg wurden Wahllokale aufgebaut.
U18-Wahl: Kinder und Jugendliche durften ihre Zweitstimme abgeben
Wie aufregend die Wahl am Freitag war, zeigte der Besuch in der Katholischen Schule St. Paulus in Billstedt. Die Schüler tuschelten, kicherten, lachten. Manche verschränkten die Arme, andere kneteten ihre Hände oder blickten in den Raum mit den Wahlkabinen. Zum ersten Mal durften sie den Bundestag wählen – oder wenigstens so tun als ob.
Wahlberechtigt sind sie nicht. Ihre Stimmen hatten daher keinen direkten Einfluss auf die Wahl am 26. September. Und doch durften Kinder und Jugendliche bei der bundesweiten U18-Wahl ihre Zweitstimme abgeben und den Erwachsenen mit ihrem Votum zeigen, was sie von der Politik erwarten. Deutschlandweit öffneten in diesem Jahr laut einer Sprecherin der Bundeskoordinierungsstelle mehr als 1600 Wahllokale. Sogar Briefwahl ist mancherorts möglich, an der St. Paulus Schule allerdings nicht.
Alle Jugendlichen wollten an U18-Wahl teilnehmen
Um 10.15 Uhr begrüßte ein Wahlhelfer die Jugendlichen. Er sagte: „Die Wahl ist freiwillig. Ihr dürft wählen, müsst aber nicht. Wer nicht will, darf auf dem Schulhof warten.“ Alle wollten wählen. In Zweiergruppen reihten sie sich vor der Tür in die Schlange ein. Benito (14) und Prince (14) waren die Zweiten.
„So ihr beiden. Das sind eure Stimmzettel. Ihr habt nur eine Stimme, dürft nur ein Kreuzchen setzen“, sagte eine andere Wahlhelferin, „und nicht den Namen draufschreiben!“ Dann reichte sie den Jungen ein Blatt Papier. Darauf abgedruckt war eine Tabelle mit 22 Parteien und jeweils einem Kreis zum Ankreuzen dahinter.
Wählen ohne Alterslimit für Kinder und Jugendliche
Benito und Prince nahmen ihre Zettel entgegen. Sie warteten bis die beiden Wahlkabinen frei waren. Es waren zwei Umzugskartons, die angemalt und auseinandergeschnitten wurden. Kurz darauf nahmen sie in der Kabine Platz. Zack, Kreuzchen gesetzt. Benito gingt schon raus, als Prince noch seinen Zettel faltete und zur Urne ging, einem bunt bemalten Pappkarton mit Schlitz. Er steckte das Papier rein. Fertig. Als er den Raum verließt, kam die nächste Wählerin. Sandra (13) nahm in einer Kabine Platz. Als sie fertig war, stellte sie sich zu den beiden Jungen auf den Schulhof.
Am Freitag gaben rund 250 weitere Schülerinnen und Schüler der sechsten bis zehnten Klasse an der St. Paulus Schule ihre Stimme ab. Andernorts durften auch jüngere Kinder mitmachen, ein Alterslimit nach unten gab es theoretisch nicht. Zum Beispiel wurden an der Katholischen Schule Am Weiher St. Bonifatius schon Vorschülerinnen und Vorschüler miteinbezogen.
„Ich habe die Grünen gewählt“
Wieso also nicht an der St. Paulus Schule? „Wir wollten, dass die Schülerinnen und Schüler vorher das Thema Wahlen im Unterricht behandelt hatten“, sagte der Lehrer Sven Zschieschang. Er koordiniert die U18-Wahl an der Schule in Billstedt, unterrichtet dort Deutsch, Sport sowie die Lernbereiche Gesellschaft und Arbeit.
Draußen redeten Benito, Prince und Sandra über ihre Wahl. „Ich habe die Grünen gewählt“, sagte Sandra. „Die haben ein ziemlich gutes Programm, setzen sich gegen den Klimawandel ein. Das ist wichtig für meine zukünftigen Kinder und Enkelkinder.“ Sie schaute die beiden Jungen an, die auch verrieten, wo sie ihr Kreuzchen gesetzt haben. Benito war für die CDU. „Die gehen den Klimawandel, aber auch andere Themen wie Corona an.“
Wählen zu gehen ist für die Jugendlichen ein Privileg
Prince hat der FDP seine Stimme gegeben, „um später Steuern zu sparen“. Zwar waren die drei in ihrem Votum uneins, doch mit Blick auf die Bundestagswahl haben alle den gleichen Wunsch: Die Erwachsenen sollen sich an dem U18-Ergebnis orientieren, vor allem diejenigen, die noch unentschlossen sind oder sich nicht für Politik interessieren.
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Wählen zu gehen, das ist für Benito, Prince und Sandra ein Privileg. „Für mich bedeutet Demokratie, dass alle frei wählen dürfen.“, sagte Benito. Prince ergänzte: „Und jeder kann seine Meinung einbringen und sagen, was er verändern möchte. Jeder hat eine Stimme und kann sich keine zweite dazukaufen. Das finde ich gut.“
U18-Wahl bringt demokratisches Prinzip näher
Die achte Klasse der St. Paulus Schule hat ihr Kreuzchen gesetzt. Die U18-Wahl hat ihnen das demokratische Prinzip nähergebracht, ihr Interesse für Politik geweckt. Noch bis zum Abend fiebern die Schülerinnen und Schüler auf das Ergebnis hin. Wer siegt? Welcher Kanzlerkandidierende hat die Nase vorn? Olaf, Armin oder Annalena?
Bei der U18-Wahl vor vier Jahren lag die Union mit 28,5 Prozent vorn. Es folgten die SPD mit 19,8 Prozent und die Grünen mit 16,6 Prozent. Zum Vergleich: Die Erwachsenen voteten mit 26,8 Prozent für die Union, mit 20,5 Prozent für die Sozialdemokraten und 8,9 Prozent für die Grünen.
U18-Wahl: Grünen als Gewinner erwartet
Wer würde es dieses Mal an die Spitze schaffen? Sandra hatte eine Idee. „Wenn ich ehrlich bin, glaube ich, dass die Grünen eine gute Chance haben. Ich glaube, dass sie zusammen mit der SPD gewinnen.“, sagte sie.
Der Deutsche Bundesjugendring hat auf www.u18.org die Ergebnisse veröffentlicht.