Hamburg. Eigentlich war die Kripo im Haus eines 38-Jährigen auf der Suche nach Drogen. Dieser handelte aber offenbar mit einer anderen Ware.

  • Gefälschte Impfpässe statt Drogen: Polizei Hamburg hebt Fälscherwerkstatt aus
  • Ein Stempel des Impfzentrums Buchholz wurde sichergestellt
  • Auch gegen Abnehmer der gefälschten Impfpässe wird ermittelt

Die Polizei hat erstmals in Hamburg eine professionelle Fälscherwerkstatt ausgehoben, in der im großen Stil Impfpässe ausgestellt wurden. Abnehmer waren offenbar Personen im gesamten Bundesgebiet. Als Haupttäter gilt ein 38 Jahre alter Mann. Er kam in Untersuchungshaft. Nicht nur gegen ihn, auch gegen die Abnehmer der gefälschten Impfpässe wird nun ermittelt.

Es ist eine Wohnung in einem Haus an der Straße Bekassinenau, in der die Fälscherwerkstatt entdeckt wurde. Zuvor hatte die Polizei beobachtet, wie der 38-Jährige aus dem Haus gekommen war und sich zur Übergabe eines Impfpasses mit einem 27-Jährigen traf. Anschließend griff die Polizei ein.

Gefälschte Impfpässe in Hamburg gefunden

Für Cagatay A., gegen den bereits ein Haftbefehl wegen Drogenhandels bestand, klickten die Handschellen. Bei dem 27-Jährigen fand die Polizei einen Impfpass. Außerdem stellten die Beamten Geld und ein Mobiltelefon sicher.

Im Anschluss durchsuchte die Polizei die Wohnung des 37-Jährigen an der Bekassinen­au, gegen den zuvor nicht ermittelt worden war. Dort wurden rund 400 Impfpässe entdeckt, von denen die Hälfte bereits für die Fälschung vorbereitet war. Die Täter hatten Impfstoff-Etiketten eingeklebt und die Pässe gestempelt. Außerdem wurde etwa ein halbes Dutzend Impfpässe gefunden, die bereits komplett ausgefüllt waren und offenbar bald übergeben oder verschickt werden sollten.

Mehr als 30.000 Euro in Hamburger Wohnung versteckt

Und es wurde ein Stempel des Impfzentrums Buchholz sichergestellt. Er scheint dort entwendet worden zu sein. Die Ermittlungen hierzu dauern an. Wie das Geschäft gelaufen sein muss, lässt sich an dem Geld erahnen, das die Polizei nur in der Wohnung sicherstellte. „Es waren mehr als 30.000 Euro, die an verschiedenen Stellen versteckt waren“, so ein Polizist.

In einer Wohnung, die der 38-Jährige nutzte, wurde auch eine Rolex sichergestellt. Während der Aktion erschien außerdem die Freundin des 38-Jährigen. Die arbeitslose Frau hatte mehr als 1000 Euro in der Tasche und wollte eigentlich etwas „shoppen“ gehen. Auch das bei ihr gefundene Geld stellten die Beamten sicher, die Einkaufstour musste ausfallen. Bislang waren gefälschte Impfpässe nur immer mal wieder vereinzelt von der Polizei sichergestellt worden, ein Fälscher ging den Beamten noch nie ins Netz. Jetzt half der Zufall bei dem Einsatz gegen den Drogenhändler.

Gefälschte Impfpässe schwer zu erkennen

„Am Anfang haben wir so gut wie keine gefälschten Impfpässe gehabt, die bei uns vorgelegt wurden“, sagt Apotheker Lühr Weber, in dessen Apotheken Impfpässe digitalisiert werden. „Mittlerweile haben wir ein bis zwei Fälle die Woche, wo wir Zweifel haben. Dann halten wir Rücksprache beispielsweise mit Ärzten oder Impfzentren, in denen die Impfpässe ausgestellt worden sein sollen.“

Ohnehin seien Fälschungen schwer zu erkennen, gerade wenn sie Stempel von offiziellen Impfzentren tragen. „Dann sind es Feinheiten wie ungewöhnliche Abstände zwischen den Impfungen oder Impfstoffkombinationen“, so Weber. „Das zeigt aber, dass es gut ist, von Apotheken die Impfpässe digitalisieren zu lassen. Da besteht wenigstens die Chance, dass es dem fachlich versierten Personal auffällt.“

Digitalisierte Impfpässe nicht mehr zu entlarven

Denn ist ein Impfpass erst einmal digitalisiert, ist er nicht mehr als Fälschung zu entlarven. Der aktuelle Fall zeigt, dass Käufer solcher Fälschungen bereit sind, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Im aktuellen Fall hat der 38-Jährige 200 Euro pro Impfpass verlangt. Allein mit den in der Wohnung an der Bekassinenau gefundenen Impfpässen wäre so ein Umsatz von 80.000 Euro erzielt worden. Wie viele Impfpässe der Mann in der Vergangenheit bereits in Umlauf brachte, ist ungeklärt und soll nun ermittelt werden.

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„Wir stellen fest, dass sich Menschen aus unterschiedlichsten Gründen nicht impfen lassen wollen“, sagt Weber. Allerdings scheinen viele nicht bereit zu sein, die Konsequenzen zu tragen, also auf Besuche in Gaststätten, bei denen die 2G-Regel angewendet wird, zu verzichten.

Gefälschte Impfpässe sind zu einem lukrativen Geschäft geworden (Symbolbild).
Gefälschte Impfpässe sind zu einem lukrativen Geschäft geworden (Symbolbild). © picture alliance / Kirchner-Media/Wedel | Kirchner-Media/Wedel | Unbekannt

Einen Impfpass zu kaufen, bedeutet Urkundenfälschung

Dabei machen sich auch die Erwerber gefälschter Impfpässe einer Straftat schuldig. Werden sie erwischt, wird gegen sie ein Verfahren wegen Urkundenfälschung eingeleitet. Es drohen Geldstrafe oder eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren. „Wer einen gefälschten Impfpass digitalisieren lässt, unterschreibt zudem eine Erklärung, in der er versichert, richtige Angaben zu machen. Auch das würde verfolgt werden“, so Weber.

Der jetzt Verhaftete hat allerdings auch noch ganz andere Probleme. Gegen den Mann wird auch ermittelt, weil er in größerem Stil gemeinsam mit einigen Komplizen mit Drogen gehandelt haben soll. Ihm droht also eine lange Haftstrafe.