Hamburg. Popeln, schlecken, gurgeln: Wie man schon die Kleinsten auf Corona untersucht. Hamburger Dr. Otte erklärt die verschiedenen Verfahren.

Gerade jetzt, kurz vor den Osterfeiertagen, steigt die Nachfrage nach Corona-Tests noch einmal stark an. Doch worin unterscheiden sich die verschiedenen Tests? Ist ein Schnellest, den man zu Hause durchführt, unsicherer als eine Probe, die von Fachpersonal entnommen wird? Und wann ist eigentlich der beste Zeitpunkt, um sich zu testen? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt Dr. Klaus-Martin Otte, Leitender Arzt bei der Laborgesellschaft Medilys, die zu Asklepios gehört, in der neuen Podcast-Episode der „Digitalen Sprechstunde“, die unter anderem kostenfrei auf abendblatt.de zu hören ist.

Selbsttest, Schnelltest, PCR-Test, „Popel“-Test, Lolli-Test, Gurgel-Test, Spucktest – da kann man schon ein bisschen durcheinandergeraten, oder? „Es ist völlig nachvollziehbar, dass da Unklarheiten bestehen“, sagt der Mediziner, der auch Chemie studiert hat. Der „Goldstandard“ in der Corona-Diagnostik sei der PCR-Test, der auf einer sogenannten Polymerase Chain Reaction (abgekürzt: PCR) basiere.

PODCAST Digitale Sprechstunde. Dr. Klaus-Martin Otte. Labormediziner/Corona-Tests Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services
PODCAST Digitale Sprechstunde. Dr. Klaus-Martin Otte. Labormediziner/Corona-Tests Foto: Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services © Unbekannt | Marcelo Hernandez

Bundesweit jeden Tag mehr als eine Million Ergebnisse aus PCR-Tests

 „Er ist das derzeit wichtigste und zuverlässigste Instrument, um Coronaviren direkt nachzuweisen“, so der Experte, der mit seinem Team unter der Verantwortung von Molekularbiologe Dr. Thomas Brodegger im Labor in Altona täglich 2000 dieser Tests auswertet.

Bundesweit würden derzeit jeden Tag mehr als eine Million Ergebnisse aus PCR-Tests untersucht. „Bei dem Verfahren wird Erbmaterial des Virus mehrfach verdoppelt, sodass es gelingt, das Virus aufzuzeigen, auch wenn nur wenige Erreger vorhanden sind.“ Der Test hat also das, was in der Fachsprache eine „hohe Sensitivität“ genannt wird, er gilt als nahezu einhundertprozentig treffsicher.

Ergebnis eines Antigen-Tests mit PCR-Test kontrollieren

Nachteil ist, dass dieser Test technisch aufwendig sei und daher nur im Labor ausgewertet werden könne. „Es gibt zwar mittlerweile auch eine Schnelltest-Variante, doch die für die Analyse nötigen Geräte hat man natürlich nicht zu Hause“, sagt der verheiratete Vater von drei erwachsenen Söhnen. Etwa eine Stunde dauere eine PCR-Schnelltest-Analyse im Schnitt.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Verbreitet sind derzeit die Antigen-Tests, die das Virus auch direkt nachweisen, allerdings ohne die Vervielfältigungsschritte des PCR-Tests. „Es muss also ausreichend Viruslast da sein.“

Sollte ein solcher Schnelltest positiv ausfallen, müsse das Ergebnis dringend über einen PCR-Test kontrolliert werden. „Also bitte nicht sofort in Panik verfallen, sondern ganz ruhig beim Gesundheitsamt oder Hausarzt anrufen.“ Denn es gebe hin und wieder sogenannte falsch-positive Ergebnisse. „Man setzt nämlich auf Antikörper, die gegen bestimmte Oberflächenbestandteile des Virus gerichtet sind.

Kinder neugierig machen

Leider haben diese Antikörper aber auch gewisse Kreuzaktivitäten.“ Dennoch sei es „absolut sinnvoll“, diese Tests, die im Aufbau einem Schwangerschaftstest ähnelten, flächendeckend an Schulen und in Firmen einzusetzen, so der Experte. „Sie liefern binnen 15 Minuten ein Ergebnis und können aufzeigen, ob eine Infektion vorliegt.“

Auch wenn der Nasen-Rachen-Abstrich manchmal ein bisschen „unangenehm“ sei, könne ein Laie den Test ohne Probleme anwenden – zumal es schon die im Volksmund gern als „Popel-Test“ bezeichnete Variante gibt, bei der das Teststäbchen nur in den vorderen Nasenbereich eingeführt werden muss. „Ich glaube sogar, dass man dafür schon Kleinkinder begeistern kann“, sagt der Laborarzt. „Man muss die Kinder neugierig machen und ihnen das als Experiment für kleine Forscher nahebringen.“

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Der „Gurgel“-Test, wie er auch in Hamburg angeboten wird, könne eine Alternative sein. „Er erscheint angenehmer, aber man darf nicht unterschätzen, dass man dabei auch mindestens 30 Sekunden lang tief gurgeln muss, um entsprechend viel Rachenspülflüssigkeit einzusammeln.“ Und so eine halbe Minute, das könne ja jeder mal nach dem Zähneputzen ausprobieren, könne auch ganz schön lang werden ...

Zwei Tests pro Woche – „weniger sollten es nicht sein“

Doch wie lange ist ein Testergebnis nun gültig? „Es handelt sich immer um eine Momentaufnahme“, so der Leitende Laborarzt. Es sei schon vorgekommen, dass ein Antigen-Schnelltest negativ ausgefallen sei, ein PCR-Test am darauffolgenden Tag aber positiv. „Also das Ergebnis gilt vielleicht für zwei Tage, höchstens.“

Eine Testung zweimal in der Woche, wie für Lehrer, Schüler und Kita-Personal vorgesehen, sei daher „sinnvoll – größer sollten die Abstände aber auch nicht sein.“ Entscheidend sei vor allem das regelmäßige Testen. „Und dann sollte man natürlich immer testen, wenn Symptome auftreten.“ Oft diskutiert wird auch der Antikörper-Test. „Dabei geht es nicht um eine aktuelle Infektion, sondern darum, eine mögliche, zurückliegende Erkrankung nachzuweisen.“

Antikörper werden meistens erst zehn Tage nach Symptombeginn gefunden

Wenn beispielsweise jemand starke Erkältungssymptome gezeigt und hohes Fieber gehabt habe, sich aber keinem PCR-Test unterzogen habe. „Antikörper können jedoch frühestens fünf, meistens aber sogar erst zehn Tage nach Symptombeginn gefunden werden“, sagt der Experte.

Corona: Diese Testverfahren gibt es

  • PCR-Test: Weist das Virus direkt nach, muss im Labor bearbeitet werden – hat die höchste Genauigkeit aller Testmethoden, ist aber auch die aufwendigste
  • PCR-Schnelltest: Vereinfachtes Verfahren, das ohne Labor auskommt – gilt als weniger zuverlässig als das Laborverfahren
  • Antigen-Test: weniger genau als PCR-(Schnell)Tests, dafür zumeist schneller und günstiger. Laut RKI muss ein positives Testergebnis durch einen PCR-Test überprüft werden, ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere, wenn die Viruskonzentration noch gering ist.
  • Antigen-Selbsttest: Die einfachste Test-Variante zum Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus. Wird nicht von geschultem Personal, sondern vom Getesteten selbst angewandt. Gilt als vergleichsweise ungenau.
  • Antikörper-Test: Weist keine akute, sondern eine überstandene Infektion nach – kann erst mehrere Wochen nach einer Erkrankung sinnvoll angewandt werden
  • Insgesamt stellt ein negatives Testergebnis immer eine Momentaufnahme dar und trifft keine Aussagen über die Zukunft

Der Antikörper-Test eigne sich auch, um die Wirksamkeit einer Impfung zu prüfen. „Aber auch da ist Vorsicht geboten, denn die Antikörper, die teils schnell abfallen und womöglich nach einigen Monaten auch gar nicht mehr vorhanden sind, sind nicht die einzigen Indizien. Immunität kann auch über unsere Gedächtniszellen da sein.“

Peter Tschentscher ist der wohl bekannteste Laborarzt

Die kniffeligen Aufgaben seien es, die ihn an der Arbeit im Labor faszinierten, sagt Dr. Klaus-Martin Otte, der auch in seiner Freizeit gern tüftelt – im heimischen Bastelkeller. „Für den Patienten ist der Laborarzt ja oft ein Rätsel, das Labor selbst eine Black Box“, sagt er und lacht. Wobei das Berufsbild bekannter geworden sei - auch durch Deutschlands wohl bekanntesten Laborarzt, Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der vor Kurzem im Impfzentrum in den Messehallen mitgeholfen hat.

Sein großes Erfolgserlebnis 2020 sei die Einführung der PCR-Tests gewesen, sagt Otte. „Professor Drosten hatte dafür eine Art Rezept geliefert, aber damit ist das Gericht noch nicht fertig. Erst einmal müssen die richtigen Zutaten rangeschafft werden.“ Er erzählt von einem globalen Netzwerk. „Vieles kommt aus Deutschland, aber manchmal müssen wir auch mal zügig Geräte aus China beschaffen.“