Hamburg. Hunderte Menschen lassen sich in der Elbphilharmonie impfen. Bühne wird zum Ruheraum. Aktion auch beim HSV.
Kampf gegen Corona statt Konzerte und Kultur: In der Elbphilharmonie wurden am Freitag mehrere Hundert Menschen gegen das Virus geimpft. Sie erhielten ihren Piks in einer der edlen Garderoben für die Künstler, Musiker und Dirigenten und konnten die medizinisch angezeigten 15 Minuten Ruhezeit dort verbringen, wo man sonst nur mit Tonnen von Talent und jahrelanger Übung hinkommt: auf der Bühne des Großen Saals.
Auffällig war, dass neben den jungen Leuten auch Familien mit kleinen Kindern kamen. Warum Vater und Mutter noch keine Gelegenheit zum Impfen fanden, ist angesichts der vielen offenen Angebote rätselhaft. „Keine Zeit“, war die Erklärung. Student Alexander (20) sagte: „Ich war längere Zeit skeptisch und habe in der Messe keine Gelegenheit mehr gehabt, mich impfen zu lassen. Die Aktion heute kam mir gelegen. Ich nehme Johnson & Johnson, um das mit einem Mal hinter mir zu haben, denn mein Praxissemester fängt demnächst an.“
Corona-Impfung: Lange Schlangen vor der Elbphilharmonie
Das Warten schien den Impfkandidaten keine Probleme zu bereiten. Schon zu Beginn des Impfens in Hamburgs Wahrzeichen bildeten sich Schlangen vor dem Zutritts-Container. Anfang Oktober soll es die Zweitimpfungen für die geben, die mit Biontech geimpft wurden.
Elbphilharmonie-Intendant Christoph Lieben-Seutter sagte am Nachmittag: „Es geht mit der Aktion natürlich darum, Leute noch zu erreichen, die eine kleine Motivation brauchen.“
Impfung auch am Gesundheitskiosk in Billstedt
Rund zehn Kilometer entfernt am Gesundheitskiosk in Billstedt wurden zur gleichen Zeit 250 Menschen gegen Corona immunisiert, deren Kosmos sich zumeist abseits der Hamburger Hochkultur erstreckt.
Rund um die Möllner Landstraße leben viele Menschen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, für die das Gesundheitssystem undurchschaubar und Covid-19 oft ein Rätsel ist. Der Gesundheitskiosk als Projekt von niedergelassenen Ärzten und Krankenkassen bietet seine Beratung in verschiedenen Sprachen an und hat diesmal auch 40 Jugendliche ab zwölf Jahren erreicht, die mit ihren Eltern kamen. Das ist ein gutes Zeichen, denn vor allem unter jungen Leuten verbreitet sich im Bezirk Hamburg-Mitte das Virus derzeit wieder rasant.
Auch in die Schulen kommen die mobilen Teams
Die Impfkampagne der Ärzte und des Senats hat sich in der Woche der Schließung des Impfzentrums in den Messehallen in die Stadtteile und auf außergewöhnliche Orte verlagert. Auch in die Schulen kommen die mobilen Teams. Ganz gleich, ob Bürgermeister Peter Tschentscher, Impfarzt Dr. Dirk Heinrich (der auch im Gesundheitskiosk Billstedt engagiert ist) oder Virologin Prof. Marylyn Addo (UKE) – sie alle sagen: „Jede Impfung zählt.“ Nur so lässt sich die Pandemie wirksam bekämpfen.
HSV öffnete den Impfwilligen die VIP-Logen
Motivation war auch das Stichwort bei den Impfungen im Volksparkstadion. Der HSV öffnete den Impfwilligen die VIP-Logen. Lange Schlangen bildeten sich am Abend auch vor dem Eingang zur VIP-Lounge. Für HSV-Fans und -Sympathisanten bot die Impfaktion, für die keine vorherige Anmeldung erforderlich war, einen besonderen Reiz: Sie fand im VIP-Bereich der Osttribüne des Volksparkstadions statt. Nach der Impfung dienten die Sitzplätze der Osttribüne als Warte- und Ruhebereich für die folgenden 15 Minuten.
„Wir möchten unseren Fans und Besuchern schnellstmöglich wieder die Chance bieten, in einem voll besetzten Volksparkstadion und auch in auswärtigen Stadien die Spiele unserer Mannschaft anzuschauen“ hieß es von HSV-Vorstand Frank Wettstein: „Je verbreiteter der Impfschutz ist, desto schneller wird die Rückkehr zur Normalität gelingen.“ Im Stadion des FC St. Pauli am Millerntor gibt es am Sonntag eine weitere Möglichkeit, sich zwischen 12 und 19 Uhr kostenlos und ohne Anmeldung impfen zu lassen – und zwar mit dem Wirkstoff von Biontech. Beim ersten Termin war der Andrang mit etwa 700 Menschen sehr groß gewesen.
Corona-Impfung: 69 Prozent Erstgeimpfte in Hamburg
Die Impfquote in Hamburg bewegt sich derweil weiterhin deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt. Bei den Erstgeimpften sind es 69,0 Prozent (bundesweit 65,6), bei den vollständig Immunisierten werden 64,5 Prozent (61,0) verzeichnet. Allerdings hängt Hamburg bei den erstgeimpften 12- bis 17-Jährigen (30,0) dem Bundestrend (33,2) hinterher, bei den doppelt Geimpften in dieser Altersgruppe sind es 20,4 zu 22,2 Prozent in ganz Deutschland. Niedersachsen (27,2 Prozent bei den vollständig Geimpften) und Schleswig-Holstein (25,9) liegen bundesweit vorn.