Hamburg. Keine andere Stadt ist in der Liste der schlimmsten Stau-Straßen so oft vertreten. Das sind die Strecken in Hamburg.
Die vierte Welle der Corona-Pandemie schlägt sich mittlerweile auch wieder auf den Hamburger Straßen nieder. Nach aktuellen Zahlen der Hamburger Verkehrsbehörde ist das Kraftfahrzeugverkehr in Hamburg im Oktober gegenüber den Vorwochen wieder deutlich zurückgegangen.
Hatte das Verkehrsaufkommen in den letzten beiden Augustwochen nur noch vier Prozent unter dem des Vor-Corona-Jahres 2019 gelegen, so sank es danach sukzessive und lag im Oktober schon wieder um durchschnittlich 15 Prozent unter dem Aufkommen von 2019. Offenbar haben die schnell steigenden Infektionszahlen dazu geführt, dass sich die Menschen aus Vorsicht etwas weniger durch die Stadt bewegten oder wieder stärker im Homeoffice gearbeitet wird.
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) weist auch angesichts der zuletzt wieder intensiv geführten Debatten über Baustellen und Staus darauf hin, dass Hamburg im Vergleich mit anderen Metropolen gar nicht so schlecht dastehe.
Stau-Ranking: Hamburg fünf Mal in Top 10 Deutschlands
„Nüchtern betrachtet findet sich Hamburgs Verkehrsfluss im Vergleich mit europäischen Städten vergleichbarer Größe im Mittelfeld wieder – trotz der großen hiesigen Herausforderungen in der Erneuerung der Infrastruktur, aber auch in Anbetracht unserer geografischen Lage mit zwei großen, die Stadt durchquerenden Flüssen“, sagte Tjarks dem Abendblatt. Der Grünen-Politiker bezieht sich dabei auf eine Erhebung der amerikanischen Firma Inrix, die weltweite Verkehrsdaten auswertet.
Ähnlich wie andere Anbieter erstellt auch Inrix ein globales Ranking der Städte mit den größten Verkehrsbehinderungen. Dabei nutzt das Unternehmen vor allem den Parameter „Zeitverlust durch Stau“. Dabei wird die Gesamtzahl der Stunden berechnet, die während der Stoßzeiten durch Staus verloren gehen im Vergleich zu einer Fahrt ohne jegliche Verkehrsbehinderung.
Die Corona-Pandemie habe „die kurz- und langfristigen Verkehrstrends auf den Kopf gestellt“, schreiben die Autoren der „Inrix 2020 Global Traffic Scorecard“, ihrem Bericht über die weltweite Entwicklung des Straßenverkehrs in den Städten. Es habe mehr Homeoffice und Lockdowns gegeben, die Menschen hätten aber auch weniger öffentliche Verkehrsmittel genutzt, dafür seien sie häufiger zu Fuß gegangen oder seien mit dem Rad gefahren.
Stau: Hamburg besser als München oder Berlin
Zwar veränderte die Pandemie das Verkehrsverhalten also 2020 massiv gegenüber 2019. Allerdings geschah dies in fast allen Metropolen der Welt, sodass eine gewisse Vergleichbarkeit erhalten bleibt. Bei dem globalen Inrix-Stauranking schnitt Hamburg nicht so schlecht ab wie in anderen Ranglisten, etwa von ADAC oder TomTom, bei denen die Hansestadt zuletzt immer wieder zur deutschen Stauhauptstadt gekürt wurde. In der Inrix-Liste der staureichsten deutschen Städte 2020 landete Hamburg auf Platz drei – mit einem Zeitverlust von insgesamt 33 Stunden.
Am schlechtesten ist die Situation für Autofahrer demnach in München gewesen, wo sie 2020 trotz Pandemie 65 Stunden durch Verkehrsbehinderungen verloren – fast doppelt so viele wie in Hamburg. Auf Platz zwei steht Berlin mit 46 Stunden. Nach Hamburg folgen Nürnberg (35 Stunden) auf Platz vier, Leipzig (31 Stunden) auf Platz fünf und Freiburg (30 Stunden) auf Platz sechs.
In der Liste der 25 staureichsten Städte Europas sind als deutsche Städte nur München auf Platz 13 und Berlin auf Platz 22 vertreten – Hamburg gar nicht. Die drei europäischen Städte mit den meisten Staus waren 2020 laut Inrix Bukarest (134 Stunden Zeitverlust), Moskau (100) und Paris (88).
Betrachtet man die Verkehrssituationen aller großen Metropolen weltweit, so ist in den Top 25 mit München auf Rang 21 nur eine deutsche Stadt vertreten. Die Städte mit den größten Verkehrsbehinderungen waren 2020 laut Inrix das kolumbianische Bogotá (133 Stunden Zeitverlust), Bukarest (134), New York und Moskau (je 100).
Stau: Hamburg hat fünf der schlimmsten Strecken Deutschlands
Allerdings fällt das Ergebnis für Hamburg nicht durchweg so aus, dass der Verkehrssenator zufrieden sein könnte. In der Liste der „zehn staureichsten Streckenabschnitte in Deutschland“ ist Hamburg nämlich gleich fünfmal vertreten – so oft wie keine andere deutsche Stadt.
Auf Platz eins liegt zwar Berlin mit dem Tempelhofer Damm/Mehringdamm (Zeitverlust 14 Stunden) und auf Platz zwei München mit der Schleißheimer Straße (13 Stunden). Aber die Plätze drei bis fünf, sieben und zehn belegte im Jahr 2020 Hamburg – und zwar mit dem
- Ratsmühlendamm/Fuhlsbüttler Straße (12 Stunden),
- der B 432 zwischen Heinrich-Plett-Straße/Flurstraße und Plöner Straße (12 Stunden),
- der B 5 Tarpenbekstraße bis Königstraße (11 Stunden),
- der A 7 zwischen Eidelstedt und Waltershof (11 Stunden)
- und der B 431 zwischen Plöner Straße und Harderweg (10 Stunden).
Tjarks: Mobilitätswede als zentraler Schlüssel gegen Stau
Insgesamt kommt Hamburg bei der Auswertung der Inrix-Daten für 2020 deutlich besser weg als zuletzt in anderen Rankings. In der Behörde weist man darauf hin, dass kaum jemand so viele Daten so umfassend auswerte wie das aus Microsoft hervorgegangene US-Unternehmen.
„Die Inrix-Daten beinhalten aber auch noch eine andere wichtige Information“, betont Tjarks. „Es schneiden mit Wien und Barcelona gerade zwei Städte gut ab, die verkehrspolitisch auf die Mobilitätswende setzen und attraktive Alternativen zum privaten Pkw schaffen: Das zeigt, die Mobilitätswende ist auch ein zentraler Schlüssel zur nachhaltigen Verbesserung der Verkehrslage.“