Hamburg. Der Erhalt des Kultlokals am Standort war der „Startschuss zur Sanierung“. Doch schon haben die Betreiber eine neue große Sorge.
Die Laster donnern um die Kurve, die nahe Autobahn rauscht, auf dem Nachbargelände verwahrlosen die ehemaligen Zollhallen. Kommt man auf die Veddeler Fischgaststätte zu, ist der erste Eindruck wie immer. Geht man aber rechts am Gebäude vorbei, ist die Überraschung groß: Hier ist in den vergangenen Wochen ein komplett neues Außengelände entstanden.
Den berühmten Backfisch kann man jetzt mit den Füßen im Sand genießen – und dabei in einem der drei Strandkörbe sitzen, die mit dem Namen des Kultlokals beschriftet sind, an einem der kleinen Bistrotische oder, ganz zünftig, an Tischen mit Bänken. Sonnenschirme, Palmen, Blumen und Gräser, und sogar ein Olivenbaum verleihen der Hamburger Institution südliches Flair.
Veddeler Fischgaststätte: Als Dank an die Gäste gibt es Akkordeonmusik
Dass man nicht komplett vergisst, wo man sich befindet, liegt an dem Geruch nach gebackenem Fisch – und auch an dem Akkordeonspieler, der im Hintergrund bekannte Seemannsweisen spielt. Dass Fridolin Fröhlich den Gäste hier einmal im Monat ein Ständchen bringt, ist ein Geschenk der Betreiberfamilie. „Wir möchten uns damit bei unseren Gästen dafür bedanken, dass sie sich mit fast 22.000 Unterschriften bei Bauamt und Politik für uns eingesetzt haben“, sagt Olivia Butzke, die das Lokal mit ihrem Mann Christian und dem gemeinsamen Sohn Jonas im April 2021 von Schwiegermutter Marion übernommen hat. Dadurch blieben auch elf Arbeitsplätzen erhalten.
Etwa ein halbes Jahr später waren die Pläne der Stadt für das Areal rund um die Fischgaststätte bekannt geworden, das zum „Stadteingang Elbbrücken“ umgestaltet und bebaut werden soll. Nachdem zunächst vorgesehen war, das Kultlokal dafür umzusiedeln (was das Aus für den historischen Ofen und damit für die Qualität des Backfischs bedeutet hätte), führte der Protest von Lokalpolitikern aller Parteien sowie zahlreicher Unterstützer letztlich zu der Nachricht, die alle aufatmen ließ: Die Baubehörde sicherte Anfang Juni den Erhalt der Fischbratküche am jetzigen Standort zu.
Teile des historischen Ofens wurden bereits ausgetauscht
„Die Zusage war der Startschuss für viele dringend notwendige Veränderungen“, sagt Christian Butzke, beruhigt aber sogleich: „Der Gastraum wird bleiben, wie er ist.“ Schließlich macht der den maßgeblichen Charme der Hamburgensie aus, die schon vom Bund für Heimat und Umwelt als „historisches Wirtshaus“ ausgezeichnet wurde.
Saniert wurden aber zum Teil schon die Elektrik (Stromzähler und Leitungen sind noch von 1946) und der historische Ofen, bei dem bereits eines der beiden Brennstoff-Module mit elf Brennköpfen erneuert wurde (übrigens von derselben Firma, die den Ofen 1929 auch gebaut hatte). Als Nächstes müsse die Küche modernisiert werden, die nicht mehr den heutigen Richtlinien entspreche, so Olivia Butzke. Die Toilettenräume dagegen sollen bleiben, wie sie sind. „Da werden höchsten mal Fliesen befestigt oder die Wände neu gestrichen.“
Eigentlich müsse auch das Gebäude an sich saniert werden, gibt Jonas Butzke zu bedenken. „Die Fassade ist zwar gestrichen, aber darunter sind viele Risse im Mauerwerk.“ Schuld daran sind der Schwerlastverkehr auf der erst 2017 fertiggestellten Hafenroute nur wenige Meter neben dem Lokal und auch die dafür erforderlichen Bauarbeiten.
Doch mit der Fassadensanierung und der geplanten Kellererweiterung, für die ein jetzt angrenzender Schuppen abgetragen und wieder aufgebaut werden soll, wollen die Butzkes noch die Baumaßnahmen für den geplanten neuen Stadteingang abwarten.
Fünfeinhalb Kubikmeter Strandsand für „Sommergarten“
Bis dahin wird es allerdings noch ein paar Jahre dauern. Und so wird der neue Außenbereich zunächst das offensichtlichste Zeichen dafür bleiben, dass die Butzkes nun Planungssicherheit haben. Fünfeinhalb Kubikmeter Strandsand haben sie dafür anfahren lassen, der in sogenannten Bigpacks über die Hecke gehoben und von Vater und Sohn anschließend mit Schaufeln verteilt wurde. Eine anstrengende Tätigkeit. Zuvor hatten sie bereits, um den Sand im Strandbereich zu halten, eine Einfassung aus Holz gebaut.
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Die Idee dazu – ebenso wie die, dem „Sommergarten“ durch Palmen und Olivenbaum einen mediterranen Anstrich zu geben – hatte Jonas Butzke. Der Vater freut sich über den kreativen Filius, der den Betrieb später mal übernehmen will. „Er hat gute Einfälle, die er mit Tatkraft umsetzt“, sagt er. Die Idee mit den Strandkörben habe allerdings Kay Gosebeck gehabt, Chef der Strandkorbmanufaktur Buxtehude. „Er ist bei uns Gelegenheitsgast und hat sie uns zu sehr fairen Preisen verkauft.“
Steigende Gaspreise machen den Butzkes große Sorgen
Doch trotz der Zusicherung des Standorterhalts können die Butzkes noch nicht aufatmen. „Nach Corona und der drohenden Umsiedelung machen uns jetzt die steigenden Gaspreise große Sorgen“, sagt Christian Butzke. Preiserhöhungen will er vermeiden – schließlich sind die guten, preiswerten Gerichte mit ein Grund dafür, dass sich, wie heute, schon zur frühen Mittagszeit lange Schlangen vor der Bestellklappe für Sommergarten-Gäste bilden.
Ein Aushang hier verweist darauf, dass das Team der Fischgaststätte vom 23. Juli bis zum 14. August Urlaub macht. Bleibt zu hoffen, dass Christian, Olivia und Jonas Butzke in dieser Zeit ihre neue Sorge zumindest zeitweise vergessen können.