Hamburg. Großeinsatz von Polizei und Zoll in Hamburg. Schießerei in der Fischbeker Heide im April hatte die Ermittlungen ausgelöst.
Es war eine der größten Aktionen gegen die organisierte Rauschgiftkriminalität in Norddeutschland in der jüngeren Vergangenheit. Am Dienstagmorgen stürmten Beamte von Polizei und Zoll rund 40 Wohnungen. Schwerpunkt der Aktion war Hamburg. Es wurden mehrere Haftbefehle vollstreckt.
Bis zum Mittag klickten für 15 Gesuchte die Handschellen. Mit im Boot bei den Ermittlungen ist die Soko „HHammer“. Sie wertet Chatverläufe von „Encrochat“ aus, die ihr via Bundeskriminalamt von Interpol zur Verfügung gestellt wurden. In den vergangenen Wochen gab es in dem Zusammenhang bereits mehrere Festnahmen von Tätern aus dem Bereich Waffen- und Drogenhandel.
Einsatz gegen Drogenbande geht auf Schießerei in Fischbeker Heide zurück
Der Einsatz am Dienstagmorgen geht auf eine Schießerei in der Fischbeker Heide zurück. Der Vorfall hatte im April dieses Jahres bei der Polizei intensive Ermittlungen ausgelöst, die schließlich mit einem Ermittlungsverfahren von Zöllnern zusammengeführt wurden. Der Zoll ermittelte gegen einen Drogenring, dem die gewerbsmäßige Einfuhr von Drogen im großen Stil vorgeworfen wird.
Dabei geht es um mindestens zwei Tonnen Kokain, die in den Böden von Leercontainern aus dem Hafen geschmuggelt wurden. Der Zoll hatte zwei Chargen – einmal 1,2 Tonnen und einmal 380 Kilo – sichergestellt. Die Ermittler wissen von weiteren 381 Kilo Kokain, die von der Gruppierung über den Hafen eingeschmuggelt wurden.
Die Schießerei im April war nach aktuellen Erkenntnissen eine Bestrafungsaktion. Ein damals 28 Jahre alter Libanese und ein Komplize sollen mehrere Kilo Kokain abgezweigt und auf eigene Rechnung verkauft haben. Das erklärt auch, dass der 28-Jährige Mann sich zunächst trotz eines Oberschenkelschusses selbst in ein Krankenhaus geschleppt hatte und mit der von dort alarmierten Polizei nicht reden wollte. Ein zweiter Verletzter hatte einen Handdurchschuss erlitten. Die Mordkommission ermittelte, dass bis zu zehn Personen an der Schießerei beteiligt waren.
IT-Experte verhaftet der Schmuggler – er nutzte Insiderkenntnisse
Die Gruppierung hatte, wie viele andere hochkarätige Kriminelle in Hamburg, den verschlüsselten Messenger-Dienst „Encrochat" genutzt. Dadurch gab es weitere Erkenntnisse. Jetzt hatten Ermittler und Staatsanwaltschaft genug Beweise zusammen, um Haftbefehle und Durchsuchungsbeschlüsse zu erwirken.
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In Altona, Wilhelmsburg, und Harburg vollstreckten Einsatzkräfte am Dienstag Haftbefehle. Am Haferacker in Neugraben wurde auch ein IT-Experte verhaftet, der Insiderkenntnisse nutzte. Ashraf M. gilt als einer der führenden Köpfe der Bande. Bei den Festnahmen wurden Beamte von Sondereinsatzkommandos aus mehreren Bundesländern eingesetzt.
Soko "HHammer" eine der erfolgreichsten Einheiten
Die an dem Erfolg beteiligte Soko „HHammer“ ist mittlerweile eine der erfolgreichsten Einheiten der Hamburger Polizei. Die ursprünglich von niederländischen Sicherheitsbehörden geknackten Chatverläufe der Verbrecher bieten Ansatzpunkte für zahlreiche Ermittlungen. So wurden Anfang des Monats im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld und in Schenefeld zwei 36 und 43 Jahre alte Männer verhaftet. Sie sollen mit Waffen, darunter Maschinenpistolen vom Typ „Skorpion“ und passende Munition, sowie Kokain im zweistelligen Kilobereich gehandelt haben. Auch jetzt war das Duo noch aktiv. Als die Beamten zuschlugen, wurden mehr als 60 Kilo Kokain sichergestellt.
Ebenfalls in diesem Monat wurde eine mehrköpfige Bande von Drogenhändlern zerschlagen, die nach Erkenntnissen der Ermittler der Soko „HHammer“ allein seit März rund 60 Drogengeschäfte abgewickelt hat. Dabei geht es um mehrere Hundert Kilo Marihuana und Kokain im zweistelligen Kilobereich. Zwei der Beschuldigten, Brüder, sitzen bereits in Untersuchungshaft. Drei weitere Haftbefehle wurden vollstreckt.
Schlag war ein Signal in die kriminelle Szene
Auch der Schlag Anfang November gegen eine Bande, die über den Hamburger Hafen mehrere Tonnen Kokain schmuggelte, geht auf das Konto der Auswertung von internen Chatverläufen unter Verbrechern. Bezeichnenderweise lief er unter dem Codenamen „Festspiele“ und war Auftakt zu den Aktionen.
Der Schlag am Dienstagmorgen war für die Sicherheitsbehörden auch ein Signal in die kriminelle Szene. „Dort ist man wegen der Erfolge von Polizei und Zoll sehr unruhig“, sagt ein Beamter. Intern befürchtet man Kurzschlussreaktionen wie Schießereien, weil betroffene Gruppen glauben könnten, dass sie von der Konkurrenz an die Polizei „verpfiffen“ wurden.
Arbeit der Soko "HHammer" noch lange nicht beendet
Sicher ist: Die Arbeit der Soko „HHammer“, die an die Dienststelle gegen Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt angebunden ist, ist noch lange nicht beendet. „Was wir an Daten bekommen haben, ist für Ermittler wie eine ganz dicke Goldader“, so ein Beamter. „So einen Fundus hatten wir noch nie.“
Die geknackten Chatverläufe geben die Grundlage für zahlreiche weitere Ermittlungsverfahren in der hochkriminellen Szene her. Es dürften in Hamburg, aber auch in allen anderen Bundesländern, in denen es vergleichbare Ermittlungsgruppen gibt, in den kommenden Monaten noch viele weitere Razzien und Festnahmeaktionen gegen Kriminelle bevorstehen.