Hamburg. Lange schwelender Streit um die A 26-Ost flammt wieder auf: Warum die einen sie kategorisch ablehnen und andere sie fordern.

Die einen halten sie seit Jahren für dringend notwendig, für die anderen ist sie ökologisches und ökonomisches Teufelszeug: die geplante A 26-Ost (Hafenpassage), die A 1 und A 7 verbinden soll. Der Streit über den auch im Hamburger Koalitionsvertrag verankerten Bau ist jetzt neu entfacht worden.

Grund ist der Koalitionsvertrag der Ampel-Bundesregierung, in dem es heißt: „Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrswegen an.“ Dazu wolle die neue Regierung neben der „Bedarfsplanüberprüfung“ einen „Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden starten“ zu den „Prioritäten bei der Umsetzung des geltenden Bundesverkehrswegeplans“. Bis zur Überprüfung der Bedarfsplanung solle es „eine gemeinsame Abstimmung über die laufenden Projekte“ geben.

Verkehr Hamburg: Der Streit um die neue Autobahn A 26-Ost

Aus Sicht der Umweltverbände wie des Nabu Hamburg bedeutet dies: Auch das weit gediehene Projekt A 26-Ost müsse auf Klimafolgen und ökonomischen Sinn überprüft werden (Abendblatt berichtete). Davor aber warnt jetzt die Hamburger CDU energisch.

„Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP gibt es kein klares Bekenntnis mehr, dass der Bund essenzielle In­frastrukturvorhaben wie die Hafenpassage A 26-Ost oder den Neubau der Köhlbrandquerung fördert“, kritisierte CDU-Landeschef Christoph Ploß. „Die jüngsten Äußerungen des Nabu zeigen, dass die Realisierung dieser wichtigen Projekte stark gefährdet ist. Die A 26-Ost ist für Hafen und Wirtschaftsstandort von entscheidender Bedeutung“, sagte Ploß dem Abendblatt. „Es wäre für Hamburg verheerend, wenn die Hafenpassage einer ideologischen Anti-Auto-Politik der Ampelkoalition zum Opfer fiele, nur weil die Grünen bei ihren Verbündeten in den Umweltverbänden punkten wollen.“

CDU: „Wirtschaftsstandort Hamburg“ wird vernachlässigt

Auch die Köhlbrandquerung müsse „endlich abgesichert werden“, so der CDU-Chef. „Diese Infrastrukturprojekte sind für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens entscheidend. Ich erwarte von SPD, Grünen und FDP, dass sie im Jahr 2022 den Weg zur Realisierung der A 26-Ost und der neuen Köhlbrandquerung frei machen.“

CDU-Wirtschaftspolitiker Götz Wiese warf der Ampel vor, „den Wirtschaftsstandort Hamburg durch falsche Schwerpunktsetzung zu vernachlässigen“. In vielen Punkten lasse der Ampel-Koalitionsvertrag Fragen der Finanzierung offen, im Bereich der Metropolregionen klinge er „vage und dünn“, so Wiese. „Hamburg benötigt vom Bund dringend ein klares Zeichen zur Planungssicherheit lebenswichtiger Infrastrukturprojekte. Auch auf die Pläne des rot-grünen Senats wartet die Hamburger Wirtschaft weiterhin vergeblich.“

Die A 26-Ost (Hafenpassage) soll die Autobahnen 1 und 7 verbinden, etwa 1,85 Milliarden Euro kosten und auch durch Wilhelmsburg führen.
Die A 26-Ost (Hafenpassage) soll die Autobahnen 1 und 7 verbinden, etwa 1,85 Milliarden Euro kosten und auch durch Wilhelmsburg führen. © BWVI | Deges

Handelskammer: Neue Autobahn leiste viel für Wirtschaftsverkehr

Auch Handelskammer-Präses Norbert Aust bekräftigte seine Forderung nach einem schnellen Bau der A 26-Ost. Diese leiste „für den Wirtschaftsverkehr – aber auch für Verkehrsströme in Hamburg und der Metropolregion insgesamt – einen entscheidenden Beitrag“, sagte Aust dem Abendblatt. „Als Lückenschluss zwischen der A 7 und der A 1 sichert sie nicht nur die Erreichbarkeit des Hafens und der dort ansässigen Unternehmen. Sie dient auch dazu, Verkehre abseits innerstädtischer Hauptverkehrsachsen zu bündeln und somit Staus zu beseitigen und die Anwohnenden dort zu entlasten.“

Die A 26-Ost stehe nicht im Widerspruch zu einer „wirtschaftlich tragfähigen Klimawende“, so Aust. „Allein 2019 summierten sich Staus nur im Autobahnnetz auf 1,42 Millionen Kilometer und über 520.000 Stunden Wartezeit. Dies kostet die Wirtschaft jährlich nicht nur viele Milliarden Euro, es werden dadurch auch völlig unnötig Hunderttausende Tonnen CO2 emittiert.“

Nabu: Projekt auf Sinn und Klimawirkung überprüfen

Laut ADAC würde die A 26 „eine erhebliche Entlastung für die Bundesstraße 73, aber auch für die Willy-Brandt-Straße bedeuten“, wie Technik-Vorstand Hanno Huijssen sagte. „Anwohner an der B 73 warten seit Jahrzehnten auf eine Verbesserung der kaum ertragbaren Situation. Durch den erwartenden Rückgang der Lkw-Durchgangsverkehr wären sie weniger gesundheitsgefährdendem Straßenlärm und Abgasen ausgesetzt.“

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Auch SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf hatte kürzlich die Notwendigkeit des Baus betont. Grünen-Fraktionschef Dirk Lorenzen sagte nun, dass seine Partei zwar „grundsätzlich zu den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag bezüglich der A 26-Ost“ stehe. Er fügt aber hinzu: „Natürlich sehen wir den Bau einer weiteren Autobahn sowohl aus ökologischen als auch aus verkehrspolitischen Gründen kritisch.“ In Zeiten von Klimawandel und Mobilitätswende müsse „auch der Bund konsequent in Schiene investieren statt in neue Autobahnen“, so Lorenzen. Dass die Grünen das Projekt gleichwohl nicht stoppen werden, machte auch der Sprecher des grünen Verkehrssenators Anjes Tjarks deutlich. Man stehe „zu den vereinbarten Infrastrukturprojekten“ und werde diese „konstruktiv begleiten“, sagte er.

A 26-Ost: „Deutschlands wahrscheinlich klimaschädlichstes Autobahnvorhaben“

Der Hamburger Nabu-Vorsitzende Malte Siegert dagegen bekräftigte seine scharfe Kritik an dem Vorhaben. „Große Teile von Politik und Wirtschaft scheinen nicht verstanden zu haben, was die Stunde schlägt“, so Siegert. Trotz der Betonung von Klimaschutz und Mobilitätswende würden sie „unter Amnesie leiden“, wenn es „zum Schwur kommt“.

Die A 26-Ost sei wegen Aufständerung und Tunnelbau mit Kosten von 1,85 Milliarden für zehn Kilometer „Deutschlands teuerstes und wahrscheinlich klimaschädlichstes Autobahnvorhaben“, so Siegert. Schon der aufwendige Bau werde durch massiven CO2-Ausstoß das Klima stark belasten. Es sei „das Mindeste“, das Projekt auf „Klimawirkung, Bedarf, Veränderungen der Rahmenbedingungen und neuer Mobilitätsziele“ zu überprüfen, so Siegert. „Alles andere ist fahrlässig, gestrig und zeigt, dass aktuelle Politik kaum Antworten auf die Herausforderungen von morgen hat.“