Hamburg. Nach der Stiko-Empfehlung für 12- bis 17-Jährige will die Stadt nun “Schritt für Schritt“ an Schulen Impfungen anbieten.

Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sollen nun auch in Hamburg an Schulen geimpft werden können. Nachdem der Senat das – anders als zum Beispiel Schleswig-Holstein – bislang abgelehnt hatte, weil es keine entsprechende Empfehlung der Fachleute gab, änderte er am Montag seine Haltung. Anlass war die neue Empfehlung der Ständigen Impf-Kommission (Stiko), die nun erstmals ausdrücklich die Impfung von Kindern und Jugendlichen empfiehlt.

„Damit ist jetzt endlich die Klarheit geschaffen, auf die viele Eltern, Kinder und Jugendliche, aber auch Ärztinnen und Ärzte lange gewartet haben“, sagte Schulsenator Ties Rabe (SPD). „Hamburg wird deshalb zügig seine Impfangebote für Kinder und Jugendliche ausbauen und erstmals auch an den weiterführenden Schulen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren Impfangebote machen.“ Wann diese starten werden, wurde noch nicht mitgeteilt. Schulbehörde, Gesundheitsbehörde und andere Fachleute hätten aber bereits die Planungen begonnen, so Rabe.

Stiko war bei Impfempfehlungen für Kinder lange zögerlich

Die am Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelte Kommission hatte mit der Empfehlung lange gezögert, weil ihr nach eigener Aussage zu wenige Daten vorlagen. Am Montag kam sie nun aber vor allem nach Auswertung des amerikanischen Impfprogramms mit rund zehn Millionen geimpften Kindern und Jugendlichen zu der Einschätzung, dass „die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen überwiegen“. Daher empfehle sie eine Immunisierung mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe (Biontech­ oder Moderna). Dabei gehe es einerseits um den direkten Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Covid-19, aber auch um die „psychosozialen Folgeerscheinungen“.

Gleichzeitig sprach sich die Stiko aber „ausdrücklich dagegen“ aus, dass bei jungen Menschen eine Impfung zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird. Auch machte sie erneut darauf aufmerksam, dass Corona in der Regel bei Kindern und Jugendlichen keine schwere Erkrankung auslöst. Diese Haltung hatte auch der Schulsenator lange vertreten und sich skeptisch gegenüber der Impfung von Schülern gezeigt.

Impfangebote schon an Hamburger Berufsschulen

Am Montag verwies Rabe darauf, dass Hamburg bereits an den Berufsschulen Impfangebote für Schüler ab 16 Jahren aufgebaut habe. Jetzt werde man „Schritt für Schritt weitere Impfangebote an den 59 Stadtteilschulen und 63 Gymnasien für die rund 100.000 Schülerinnen und Schüler über zwölf Jahren aufbauen und damit die bereits bestehenden Angebote an Praxen und Krankenhäusern ergänzen“.

Begleitet werde das neue Angebot von ausführlicher Information und Beratung für die Eltern, die Schulbeschäftigten und die Schüler: „Dabei richten wir uns weiter streng nach den Empfehlungen der Stiko­, die insbesondere eine ärztliche Aufklärung unter Berücksichtigung des Nutzens und des Risikos fordert.“

Rabe appelliert an Erwachsene in Hamburg

Kinder und Jugendliche in Hamburg können auch jetzt schon geimpft werden. Vier Krankenhäuser sowie Dutzende Arztpraxen bieten das an – jeweils nach ärztlicher Beratung. Nach Auskunft der Schulbehörde liegt die Impfquote in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen derzeit bei gut 20 Prozent. „Ich freue mich darüber, dass es schon jetzt offensichtlich unter Kindern und Jugendlichen sowie ihren Sorgeberechtigten eine hohe Impfbereitschaft gibt“, sagte Rabe.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Er appelliere dennoch an die Erwachsenen, sich selbst impfen zu lassen, um die Kinder zu schützen und ihnen möglichst schnell wieder ein normales Leben zu ermöglichen. Schließlich gebe es für Kinder bis zwölf Jahren noch keinen Impfstoff. „Der beste Schutz für Kinder unter zwölf Jahren gegen Corona-Infektionen aber auch gegen die Einschränkungen des alltäglichen Lebens besteht deshalb darin, dass sich die Erwachsenen in größtmöglicher Zahl impfen lassen.“

Impfen: Familien können individuell entscheiden

CDU-Bildungsexpertin Birgit Stöver begrüßte die neue Haltung von Impfexperten und Senat: „Die Empfehlung der Stiko ist ein wichtiger Baustein zur Absicherung des Präsenzunterrichts.“ Die zögerliche Haltung der Experten habe zuvor für Verunsicherung unter den Eltern gesorgt, und sie sei froh, dass neue wissenschaftliche Untersuchungen die Vorteile der Impfung untermauerten.

Stöver betonte aber auch: „Die Entscheidung über eine Impfung bleibt eine individuelle Entscheidung jeder Familie. Es sollten jetzt niedrigschwellige Impfangebote mit mobilen Impfteams für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren sowie für nicht geimpfte Lehrkräfte und andere Schulbeschäftigte in den Schulen unterbreitet werden.“

Corona in Hamburg: 216 neue Fälle

Am Montag wurden in Hamburg 216 neue Corona-Fälle bestätigt – 44 mehr als eine Woche zuvor. Die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, stieg von 85,1 auf 87,4. Vollständig geimpft sind rund 55 Prozent der Hamburger.