Kiel. Lockdown-Frust statt Vorfreude auf Ostern: Die Feiertage sollen auch im Norden ganz ruhig ablaufen und ohne die erhofften Urlaubstage zumindest in Ferienwohnungen oder Wohnmobilen. Regierungschef Günther biss mit seinen Plänen bei der Kanzlerin auf Granit.

Schleswig-Holstein setzt die Bund-Länder-Beschlüsse zur Fortsetzung des Corona-Lockdowns auch gegen eigene Wünsche um. Damit entfällt der in Aussicht gestellte Osterurlaub im eigenen Land ebenso wie vorerst die von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Anfang des Monats angekündigte Öffnung der Außengastronomie. Das Land macht keinen Alleingang. Es sei nicht sinnvoll, einen isolierten Weg zu gehen, sagte Günther am Dienstag nach dem Bund-Länder-Gipfel. Er verbarg seine Enttäuschung nicht: "Ich hätte mir trotz alledem mehr gewünscht". Die Regierung habe sich nicht in allem durchsetzen können. Dies sei schon ein blödes Gefühl.

Es sei aber richtig, mit einer Haltung in solche Gespräche zu gehen, sagte Günther. Hoffnung machte er den Gastronomen für die Zeit nach Ostern. Eine Öffnung der Außengastronomie könne ab 12. April dort möglich sein, wo die Zahl der Infektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen stabil unter 100 liege, sagte Günther. Teile der Branche seien am Ende der Kräfte.

Zwar sei der Norden beim Infektionsgeschehen vom Bundestrend derzeit abgekoppelt, sagte Günther. Die Lage sei aber auch hier in den letzten zwei Wochen nicht stabil gewesen. "Wir haben steigende Zahlen." Die Sieben-Tage-Inzidenz war am Montagabend mit 60,2 aber erneut die niedrigste in Deutschland.

Die Bund-Länder-Konferenz hatte für Ostern den härtesten Lockdown seit Beginn der Pandemie vor über einem Jahr beschlossen. Zudem wurden die geltenden Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus bis 18. April verlängert. Das öffentliche, private und wirtschaftliche Leben wird von Gründonnerstag bis Ostermontag weitgehend herunterfahren. Damit wollen Bund und Länder die dritte Welle der Pandemie brechen.

Der von Schleswig-Holstein und vier weiteren Ländern eingebrachte Vorschlag, zu Ostern im eigenen Land "kontaktarmen" Urlaub in Ferienwohnungen, auf dem Campingplatz oder in Wohnmobilen zu ermöglichen, lehnten Bund und Ländermehrheit ab. Diese Möglichkeit sollte an die Voraussetzung geknüpft werden, dass es jeweils eigene Sanitäreinrichtungen gibt und auch das Essen in Eigenregie organisiert werden kann. Bund und Länder rieten in ihrem Beschluss dringend von Reisen über Ostern ab.

Als Günther in der Konferenz mit Länderkollegen den Vorschlag für Osterurlaub light vorbrachte, ging Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen ihren Parteifreund und dessen SPD-Kollegen auf die Barrikaden. Sollten Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz darauf bestehen, werde sie den Konferenzbeschluss nicht mittragen, machte sie deutlich.

"Dass ich mir von den anderen elf Ministerpräsidenten mehr Unterstützung erhofft hätte - daraus mache ich kein Hehl", sagte Günther am Dienstag. Er hätte eine solche Regelung auch in ganz Deutschland für verantwortbar gehalten. "Die Kanzlerin sagt ja auch, was sie denkt", antwortete er auf die Frage nach Merkels Druck. "Das gehört einfach zum Geschäft mit dazu."

Kritik kam von Oppositionsführer Ralf Stegner. "Wir haben ihn nun zum x-ten Mal davor gewahrt, Versprechungen zu machen, von denen er schon vorher wissen musste, dass er sie nicht halten kann", sagte der SPD-Fraktionschef. "Schlimmer als Beschränkungen selbst ist die ewige Enttäuschung, die er mit dieser Taktik bei den Betroffenen auslöst." Natürlich müsse Günther den Menschen Hoffnung machen, aber: "Der Ministerpräsident ist nicht der Landespastor."

Im Land könnte nach Ostern auch eine Modellregion mit Lockerungen der Corona-Einschränkungen eingerichtet werden. Dies soll möglich werden in Gebieten mit niedrigen Infektionszahlen. Wo das sein wird, muss noch entschieden werden. Günther rief die Bürger auf, Kontakte so weit wie möglich zu begrenzen, gerade auch im privaten Bereich. Dieser gilt als stärkster Infektionstreiber.

Günther hatte noch Anfang März erklärt, bei einer Inzidenz unter 100 werde am 22. März die Außengastronomie geöffnet. Und er nährte lange die Hoffnung auf Osterurlaub. Die Lage habe sich seitdem geändert, sagte er am Dienstag.

Auf die Frage, inwieweit Günther beschädigt sei, nachdem er geweckte Erwartungen erneut nicht erfüllen konnte, sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, man sei gut beraten, Ankündigungen zu machen, die dann auch umgesetzt werden. Es sei richtig, vor einer Konferenz Position zu beziehen, sagte CDU-Fraktionschef Tobias Koch. "Dass der Ministerpräsident beschädigt ist, sehe ich in keinem einzigen Punkt." Er habe erhobenen Hauptes für einen richtigen Vorschlag gekämpft. Auch Grünen-Fraktionschefin Eka von Kalben zeigte sich in diesem Punkt enttäuscht. Günther, der mit Grünen und FDP regiert, sei deswegen aber nicht beschädigt.

Vogt zeigte sich nach den Bund-Länder-Beschlüssen generell frustriert und forderte Perspektiven für Menschen und Wirtschaft. Die Jungen Liberalen warfen der Bundesregierung Versagen auf ganzer Linie vor. Der AfD-Wirtschaftspolitiker Volker Schnurrbusch nannte Merkel und Günther "Totengräber" der Tourismus-Branche. Über die Bund-Länder-Beschlüsse wird am Mittwoch der Landtag diskutieren.

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