Neue Berufsvertretung soll Interessen der 25.000 Beschäftigten bündeln. Ob sie wirklich gegründet wird, hängt von einer Umfrage ab.

Hamburg Es gibt eine Ärztekammer, eine Zahnärztekammer und eine Apothekerkammer. Auch die Psychotherapeuten haben sich in einer Kammer organisiert, um ihre beruflichen Interessen zu bündeln und besser durchzusetzen. Jetzt nehmen die Pläne für die Gründung einer Pflegekammer in Hamburg Fahrt auf.

Im Juni hatten die Grünen in der Bürgerschaft einen entsprechenden Prüfantrag eingebracht. Beschäftigte in den Pflegeeinrichtungen der Stadt sollen von der nächsten Woche an ihr Votum abgeben.

„Pflegekräfte stellen die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen und wollen durch eine Pflegekammer auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen ihre Interessen wahrnehmen und ihre Angelegenheiten selbst regeln“, sagt Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD). Zugleich warnt sie: Eine Kammer könne aber nicht alle Probleme lösen. Weil damit zudem eine Pflichtmitgliedschaft und eine Beitragszahlung verbunden ist, will die Senatorin die Entscheidung vom Ergebnis einer repräsentativen Umfrage abhängig machen, das von der Firma Info GmbH durchgeführt werden soll. Derzeit gibt es in Hamburg 25.000 Pflegekräfte. Ersten Überlegungen zufolge könnten die Beiträge zwischen jährlich 60 Euro (nicht Berufstätige/geringfügig Beschäftigte) und 250 Euro (Leitungskräfte) liegen. Bereits in dieser Woche wird ein Infoblatt in den Pflegeeinrichtungen verteilt.

Für Elke Maria Reinhardt ist das ein Etappensieg. „Wir brauchen endlich auch eine Selbstverwaltung“, sagt die Präsidentin des 2006 gegründeten Fördervereins zur Gründung einer Pflegekammer in Hamburg und wählt einen Vergleich aus dem Straßenverkehr. „Wenn alle ein Auto haben und wir nicht, können wir nicht mitfahren.“ Wichtige Aufgaben der Kammer seien die Definition von Berufsbildern, die Anerkennung und Sicherung von Aus,- Fort- und Weiterbildung und der Aufbau eines Pflegekräfte-Registers.

„Es geht um die Qualität von Pflege“, sagt Burkhard Zieger vom Deutschen Berufsverband für Pflegekräfte, Region Nordwest. Schon seit Jahren kämpfen Pflegeverbände in den Ländern für eigene Interessenvertretungen, die sich dann auch an der Gesetzgebung beteiligen könnten. Vorreiter ist Rheinland-Pfalz, 2014 könnte dort die erste Pflegekammer in Deutschland gegründet werden. Auch die rot-grünen Landesregierungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben Gründungen angekündigt.

Inzwischen wächst allerdings auch der Widerstand. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), in dem in Hamburg 350 Einrichtungen organisiert sind, hat eine Kampagne gestartet und sammelt Unterschriften gegen die Gründung einer Pflegekammer. „Pflegekammern sind ein teures Placebo und lösen keines der drängenden Probleme wie Fachkräftemangel, übermäßige bürokratische Anforderungen und knappe Vergütungen“, sagt der Landesbeauftragte Uwe Clasen. Zudem sei eine Absicherung für das Alter, wie bei den Kammern für Ärzte oder Apotheker, für die „Kammer zweiter Klasse“ nicht vorgesehen. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di macht gegen eine Pflegekammer mobil. Gesundheitsexpertin Hilke Stein kritisiert sie „als Papiertiger“. Es sei Aufgabe des Staates, die Rahmenbedingungen für eine Aufwertung und Professionalisierung der Pflege zu schaffen.

„Ver.di befürchtet Konkurrenz, dabei müsste die Gewerkschaft eigentlich Bündnispartner sein“, sagt dagegen die Hamburger Grüne Heidrun Schmitt. Im August hat ihre Fraktion beim Hamburger Senat nachgehakt, wie es mit der Einführung einer Pflegekammer an der Elbe weitergehen soll. Jetzt ist Heidrun Schmitt optimistisch. „In anderen Bundesländern“, sagt die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, „gab es bei Umfragen breite Zustimmung für eine Pflegekammer.“