Hamburgs Fremdenverkehrs-Chef Michael Otremba setzt auf mehr Gäste aus den USA, anspruchsvolle Veranstaltungen und weitere Direktflüge

Die Geschicke der Hamburg Tourismus GmbH leitet Michael Otremba seit gut zwei Jahren. Eigentlich ein Traumjob, denn die Hansestadt wird immer beliebter. Allein von Januar bis Mai stieg die Zahl der Übernachtungen gegenüber dem Vorjahr um 5,2 Prozent auf 5,49 Millionen an. In diesem Jahr wird die 14-Millionen-Marke überschritten werden. Doch der 48-Jährige hat die Herausforderung zu bewältigen, dass sowohl der Tourismus wächst, ohne dass die Akzeptanz der Hamburger für diesen wichtigen Wirtschaftsfaktor sinkt. Wie das funktionieren soll und wie sich Hamburg als Gastgeber künftig aufstellen sollte, darüber sprach Otremba im Abendblatt-Interview.

Hamburg hat in mehreren Kategorien den „Destination Brand Award“ gewonnen. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung?

Michael Otremba: Auf dieses Ergebnis kann die Stadt stolz sein. Es wurden 170 Reiseziele in Deutschland untersucht. 17.000 Menschen in deutschen Haushalten befragt. Hamburg wurde das Merkmal „attraktiv“ zugesprochen. Auch bei den Eigenschaften „erlebnisreich“ und „weltoffen“ nimmt Hamburg die Position eins ein.

Die Hansestadt ist so beliebt wie nie zuvor bei den Gästen aus aller Welt. Aber nicht alle Hamburger sind von den steigenden Übernachtungszahlen begeistert. Ist das nachvollziehbar?

Ja, deshalb ist es unsere größte Herausforderung, dass wir die Offenheit bei den Einheimischen gegenüber den Gästen erhalten. Darum setzen wir auf ein moderates Wachstum, das im Kontext mit dem Streben nach zunehmender Lebensqualität für die Hamburger und die Gäste steht. Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt, dadurch sind auch viele Investitionen in die Infrastruktur möglich. Davon profitieren alle. Genauso wie beispielsweise von den Investitionen in die Kultur, die durch die Kultur- und Tourismustaxe möglich werden.

Zwölf neue Hotels werden in diesem Jahr in Hamburg eröffnet. Ist das nicht zu viel?

Nein, denn die Nachfrage ist da – und in den vergangenen Jahren haben vergleichsweise wenige Hotels eröffnet. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn es in den Hotels mehr Angebote und Services gäbe, von denen auch die Hamburger etwas haben. Deshalb ist es wichtig, dass sich auch die neuen Hotels mit der Stadt identifizieren und zum Beispiel eine vielfältige Gastronomie anbieten, die auch für Einheimische zu einem Treffpunkt wird.

Was ist aus den Planungen geworden, die Touristenströme in Hamburg zu entzerren und die Gäste auch für Bezirke wie Bergedorf oder Harburg zu begeistern?

Wir sind in der Umsetzung. Es geht uns vor allen Dingen um eine qualitätsorientierte, ganzheitliche Entwicklungsperspektive. Wir führen dazu unter anderem auch Gespräche mit den Bezirken und entwickeln gerade gemeinsam ein Konzept. Aber es müssen natürlich Attraktionen und die passende Infrastruktur vor Ort geschaffen werden, damit wir die Gäste auch für Ziele außerhalb von Hotspots wie der Innenstadt und dem Hafen begeistern können. So etwas geht allerdings nicht von heute auf morgen.

Schlagermove, Triathlon und Helene-Fischer-Konzerte an einem Juliwochenende. Das ist sicherlich ein Erlebnis für Touristen, aber nicht unbedingt für die Hamburger.

Teilnehmerbefragungen zeigen, dass viele Hamburger oder Bewohner aus der näheren Umgebung an den viel diskutierten Veranstaltungen teilnehmen und begeistert sind. Und dennoch: Eine solche Ballung von Großveranstaltungen wollen wir in Zukunft verhindern.

Braucht Hamburg neue Veranstaltungsformate?

Ja, wenn es Veranstaltungen sind, die sich identitätsstiftend auf die Stadt auswirken. Wir brauchen Formate mit Anspruch und einem starken Hamburgbezug.

Die Reeperbahn auf St. Pauli ist für Touristen aus dem In- und Ausland ein beliebter Ort für ausgelassene Junggesellenabschiede und Saufgelage. Soll Hamburg künftig als Partymetropole vermarktet werden?

Hamburg ist eine weltoffene Stadt und zeichnet sich durch eine große Vielfalt aus. Dazu gehören Hochkultur in der Elbphilharmonie, Ausstellungen von internationalen Künstlern und die Seele baumeln lassen am Elbstrand. Auch das Kiezerlebnis gehört dazu, das ist auch ein Stück Hamburg. Wenn sich feiernde Gäste auf St. Pauli daneben benehmen, kann das allerdings nicht toleriert werden. Wir heißen jeden willkommen, aber auch Gäste müssen Verständnis dafür haben, dass es Regeln gibt. Auch und gerade auf St. Pauli.

Hamburg setzt auf mehr ausländische Touristen. Welche Märkte sind dabei besonders interessant?

Die Amerikaner und Chinesen sind spannende Zielgruppen. Wir konnten im vergangenen Jahr einen starken Zuwachs von rund 14 Prozent auf 236.000 Übernachtungen aus den USA verzeichnen. Analysen zeigen, dass Hamburg in den USA noch großes Potenzial hat. Wir werben dafür aktuell unter anderem mit einer Kampagne auf Expedia, das ist die größte Buchungsplattform in den USA. Dabei stellen wir die Themen Elbphilharmonie und die Speicherstadt als Unesco-Weltkulturerbe in den Fokus.

New York ist die einzige amerikanische Metropole, die von Hamburg direkt angeflogen wird. Reicht das aus?

Es wäre zu begrüßen, wenn wir zum Beispiel weitere Direktflugverbindungen nach San Francisco oder Washington bekämen. Auch Shanghai oder Peking wären hilfreich. Denn die Gäste wollen schnell und ohne Umsteigen reisen. Dass Emirates ab Oktober Hamburg und Dubai mit dem A380 bedient, ist eine gute Entwicklung.

Was braucht Hamburg noch?

Wir arbeiten daran, mehr Kongresse und Tagungen mit internationaler Strahlkraft nach Hamburg zu holen. Deshalb ist es so wichtig, dass zur Zeit das CCH umfassend revitalisiert und 2020 wiedereröffnet wird.

Was ist aus den Plänen für eine neue repräsentative Touristeninformation in der Innenstadt geworden?

Die werden nicht weiterverfolgt. Wir haben uns für ein dezentrales Konzept entschieden, das es uns ermöglicht, ­flexibel auf Bewegungsströme von Gästen einzugehen. Es wird zum Beispiel ein Infofahrrad zum Einsatz kommen, das an verschiedenen Hotspots Halt macht.