Hamburg. Gesponsert werden die Fahrräder von ihren Unternehmen. Das Firmenauto ist vor allem bei jungen Mitarbeitern kein Statussymbol mehr.

Jan Hansen nimmt immer häufiger das Rad, nicht nur für den Weg zur Arbeit. Der Immobilienberater arbeitet bei Grossmann & Berger und vermittelt an Kunden Büros, die meist nicht sehr weit von seinem Arbeitsplatz entfernt liegen. „Wann immer es möglich ist, steige ich auf mein E-Bike“, sagt Hansen.

Von seinem Arbeitsplatz an der Bleichenbrücke sind die Büros, die er in der Innenstadt, Ro­therbaum, der HafenCity oder auf St. Pauli vermietet und verkauft, schnell erreicht. „Durch das E-Bike kommt man auch nicht verschwitzt zu den Terminen, und an vielen Stellen entfällt die nervige Parkplatzsuche“, sagt Hansen. „Ich kann immer bis direkt vor das Objekt fahren, das spart auch Arbeitszeit.“

Firmenwagen sind kein Statussymbol mehr

Immer mehr Unternehmen in Hamburg setzen auf das Dienstrad. Gleichzeitig werden die Dienstwagen reduziert. „Anders als noch vor zehn Jahren, als der Dienstwagen das Statussymbol schlechthin war, sind vielen unserer Mitarbeiter heute andere Dinge wichtig“, sagt Lars Seidel, Geschäftsführer von Grossmann & Berger.

„Auf Interesse als Zusatzleistungen stoßen eher ein iPad, iPhone oder eben ein Dienstfahrrad, gerne auch als E-Bike.“ Vor allem die Makler in der Innenstadt nutzen das E-Bike, um zu Kundenterminen zu kommen. „Mehr als sieben oder acht Kilometer lege ich mit dem Rad zu Terminen nicht zurück“, sagt Hansen.

15 Prozent junger Bewerber wollen Dienstwagen

Der Dienstwagen hat weitgehend ausgedient, wie eine Umfrage des Abendblatts zeigt. „Seit einigen Jahren machen die Mitarbeiter der Deutschen Bank von der Firmenwagenoption immer weniger Gebrauch“, sagt ein Sprecher des Geldinstituts. Vor allem jüngere Mitarbeiter verzichteten, dabei hat jeder außertariflich bezahlte Beschäftigte Anspruch auf einen Firmenwagen. Allerdings hat die Deutsche Bank auch den Mitarbeiteranteil an den Kosten des Firmenwagens erhöht.

Bei Beiersdorf können sich die Führungskräfte entscheiden, ob sie einen Dienstwagen nutzen oder stattdessen eine monatliche Zahlung erhalten. „Das Angebot cash for car wird von rund 15 Prozent der Berechtigten genutzt“, sagt eine Firmensprecherin. Personalchefs, die Bewerber mit einem Firmenwagen locken wollen, haben es inzwischen schwer. Nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey wollen noch 15 Prozent der jungen Bewerber einen Dienstwagen. Alternativ werden Carsharing, Mobilitätsgutscheine und E-Bikes geschätzt.

Auch bei Philips verlieren Autos an Bedeutung

Bei Philips können die Verkäufer im Außendienst zwar nicht auf das Dienstauto verzichten, aber das Unternehmen registriert dennoch, dass der Wagen bei jungen Menschen in der Großstadt an Bedeutung verliert. „Das liegt an Möglichkeiten wie Carsharing und einem stärkeren Umweltbewusstsein“, sagt Thomas Piehler, Arbeitsdirektor bei Philips. Am neuen Standort in der Röntgenstraße wurde extra eine Station von StadtRad errichtet.

„Ein Dienstwagen spielt für neue Mitarbeiter kaum noch eine Rolle bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber“, bestätigt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Die größte deutsche Sparkasse setzt auf sechs Elektroautos, die für Kundenbesuche, aber auch privat genutzt werden können. Gebucht werden können die Fahrzeuge über ein internes System im Internet, eine Art Carsharing im eigenen Unternehmen.

Ökostromfirma Lichtblick nutzt Fahrräder

Auch beim führenden Anbieter von Ökostrom, der Hamburger Firma Lichtblick, hat man die Zahl der Dienstwagen reduziert. Stattdessen gibt es für alle Mitarbeiter ein Fahrrad, wenn sie es wünschen. „Die Idee kam von einem Mitarbeiter und wir finden, das Konzept passt gut zu unserer Unternehmensphilosophie“, sagt Anke Blacha von Lichtblick.

Die Personalverantwortliche bei Lichtblick, Stephanie Springer, steigt jeden Tag aufs Rad, um zur Arbeit zu fahren. „In Hamburg liegt ja kaum Schnee“, sagt sie. „Obwohl der Weg nur vier Kilometer beträgt müsste ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln umsteigen, so brauche ich maximal 15 Minuten zur Arbeit“, sagt Springer.

Fahrrad-Leasing wird allen angeboten

Sie ist eine von rund 50 Mitarbeitern, die sich bei Lichtblick über den Arbeitgeber ein Fahrrad angeschafft haben, das sie auch privat nutzen können. 20 Euro im Monat kostet Springer das Leasing mit Abrechnung über das Gehalt. 20 Euro gibt ihr Arbeitgeber hinzu. Damit ist das City Trekkingrad für sie deutlich günstiger als bei einem Privatkauf.

Nach 36 Monaten kann sie ein neues Modell leasen oder es zu einem Restwert käuflich erwerben. Die Abrechnung über das Gehalt spart Steuern und Sozialabgaben. „Das Angebot wird sehr gut angenommen“, sagt Blacha. Rund zwölf Prozent der Mitarbeiter sind inzwischen auf das Fahrrad umgestiegen. Der Vorteil des Radprogramms in Unternehmen ist, dass es allen Mitarbeitern angeboten wird und nicht nur denen, die einen Anspruch auf einen Dienstwagen haben.

90 Berenberg-Mitarbeiter nutzen Fahrrad

Beim Hamburger Start-up Lotto24 ist ein Dienstwagen ohnehin kein Thema. Das Unternehmen hat das Fahrradprogramm gerade erst gestartet. Bisher hat sich erst ein Mitarbeiter ein Rad ausgewählt. „Aber das Interesse bei der Vorstellung des Programms war groß“, sagt Sprecherin Vanina Hoffmann.

„Wir erwarten für das Frühjahr deutlich mehr Teilnehmer.“ Bei der Hamburger Privatbank Berenberg nutzen inzwischen 90 Mitarbeiter Fahrrad-Leasing. „Das sind zehn Prozent der Beschäftigten“, sagt eine Banksprecherin.

Bewegung ist wichtig für die Gesundheit

Bei der Versicherung Hanse Merkur sind inzwischen 29 von 1000 Mitarbeitern auf das Dienstrad umgestiegen. Hier wurde das Programm erst im Herbst 2017 vorgestellt. Das Unternehmen rechnet noch mit weiterem Zulauf. „Wir wissen, dass für die Gesundheit Bewegung das A und O ist“, sagt Personalvorstand Andreas Gent. Wer den ganzen Tag im Büro sitzt, kann Bewegung am besten auf dem Weg von und zur Arbeit oder bei Dienstterminen in den Alltag integrieren.

Das Beratungsunternehmen Eco Libro hat 2300 Berufstätige nach ihrer Verkehrsmittelwahl auf dem Arbeitsweg und nach ihrer Gesundheit befragt, um den Zusammenhang zwischen Arbeitsweg und Gesundheit zu testen. Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen, die mit dem Rad zur Arbeit fahren oder zu Fuß gehen im Durchschnitt ein Drittel weniger Krankheitstage vorweisen.

Steuerliche Regeln gelten auch für Dienstrad

Die PSD Bank Nord hat gerade erst im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge ein Fahrradangebot eingeführt. „Zehn der insgesamt 130 Mitarbeiter haben sich bereits ein Rad angeschafft“, sagt Banksprecher Frank Neitzel.

Für sogenannte Dienstfahrräder, auch wenn sie überwiegend privat genutzt werden, gelten ähnliche steuerliche Regeln wie für Dienstwagen (siehe Beistück). Seitdem blüht das Geschäft mit dem betrieblichen Fahrrad-Leasing. Firmen haben in der Regel keine zusätzlichen Kosten, wenn sie die Fahrräder nicht bezuschussen. Dienstleister wie Jobrad oder Business Bike ermöglichen den Unternehmen eine unkomplizierte Abwicklung des Fahrradkaufs und der Finanzierung.

Zahl der Diensträder wird auf 200.000 geschätzt

„Wir arbeiten mit 6000 Unternehmen zusammen und haben mehr als 50.000 Fahrräder vermittelt“, sagt Werner Weinmann, Geschäftsführer von Business Bike. Vor drei Jahren waren es erst 500 Unternehmen. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft schätzt die Zahl der Dienstfahrräder auf mehr als 200.000 bundesweit. Auch große Konzerne wie Deutsche Bahn, Deutsche Telekom oder SAP bieten Dienstrad-Leasing an.

Der Mitarbeiter eines Unternehmens sucht sich ein Fahrrad seiner Wahl bei einem Händler aus. „Im Großraum Hamburg kooperieren wir mit 120 Fachhändlern“, sagt Anette Engelke von Jobrad. Außerdem muss das Unternehmen des Fahrradkäufers eine Rahmenvereinbarung mit Dienstleistern wie Business Bike oder Jobrad schließen. „Wir haben auch schon viele Chefs davon überzeugt, wenn das Unternehmen die Leasingmöglichkeiten noch nicht kannte“, sagt der Hamburger Unternehmensberater Jürgen Boedecker, der Fahrradhändler berät.

Moderne Räder können 4500 Euro kosten

Die neue Lust der Firmen am Fahrrad beflügelt auch den Fachhandel. „Fahrrad-Leasing spielt bei uns eine stetig wachsende Rolle“, sagt Jasmin Kirchhoff von der Bike Factory. „Denn viele entscheiden sich für höherwertige Modelle.“ Bei Lichtblick liegen die Preise, für die Räder, für die sich die Mitarbeiter entschieden haben, zwischen 750 Euro und 4500 Euro. Immobilienmakler Hansen schätzt auch den Service rund um sein E-Bike: „Ich muss mich um nichts kümmern, das Rad wird regelmäßig gewartet und notfalls repariert.“ Für ihn ein unschlagbarer Vorteil – und der Umwelt hilft er auch.

Wichtige Tipps

Fahrrad-Leasing: Der Arbeitgeber least das Rad und überlässt es dem Arbeitnehmer zur freien Nutzung. Im Gegenzug zieht er die Leasingrate vom Bruttogehalt ab. Manche Firmen beteiligen sich mit einem Zuschuss. Durch diese sogenannte Gehaltsumwandlung der Leasingrate spart der Arbeitnehmer Steuern und Sozialabgaben. Aber monatlich muss man  ein Prozent des Kaufpreises als geldwerten Vorteil der privaten Nutzung versteuern.

E-Bike kaufen: Der ledige Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 4000 Euro (Steuerklasse 1) kauft sich ein E-Bike im Wert von 2500 Euro.  Die Versicherung bezahlt der Arbeitgeber. Die monatliche Leasingrate beträgt effektiv 44 Euro und wird 36 Monate lang vom Arbeitnehmer gezahlt. Die Einsparung bei Steuern und Sozialabgaben liegt monatlich bei rund 22 Euro, die Versteuerung des geldwerten Vorteils ist dabei berücksichtigt. Gegenüber einem Barkauf spart der Arbeitnehmer nach 36 Monaten rund 30 Prozent.

Entscheidung: Nach Ablauf der Leasingzeit bieten viele Anbieter ein neues Rad an oder das alte kann zum Restwert (hier 375 Euro) gekauft werden. Berücksichtigt man den Kauf zum Laufzeitende, liegt die Ersparnis noch bei rund 22 Prozent.