Hamburg. Hamburger können mögliches Fehlverhalten von Beamten per E-Mail oder anonym melden. Polizeigewerkschaft kritisiert Einrichtung.

Der Zeitpunkt war gut gewählt. Nur einen Tag, nachdem bekannt wurde, dass in Nordrhein-Westfalen Polizisten in privaten WhatsApp-Gruppen offenbar rassistische Bilder und Sprüche geteilt hatten, stellten Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer eine neue Stelle für Beschwerden gegen die Hamburger Polizei vor.

Leiter der neuen Abteilung wird der Polizeioberrat Ulf Bettermann-Jennes. Tatsächlich dockt die Beschwerdestelle, für die auch externe Soziologen arbeiten sollen, ziemlich genau an der Problematik an. Nicht nur die Hemmschwelle für Beschwerden über das Verhalten von Polizisten soll bei den Bürgern gesenkt werden. Auch erhofft sich Polizeipräsident Meyer durch „Whistleblower“, wie er sagt, mehr Hinweise auf Fehlentwicklungen aus dem Apparat selbst.

 1998 war in Hamburg die „Polizeikommission“ eingerichtet worden

Tatsächlich dürfte die Einrichtung weniger mit den Vorfällen in Nordrhein-Westfalen, sondern vielmehr mit dem SPD-Koalitionspartner, den Grünen, zu tun haben. Die hatten sich eigentlich einen Polizeibeauftragten gewünscht, der als politische Institution den kritischen externen Blick auf die Polizei hat.

Das hatte es schon einmal gegeben. 1998 war in Hamburg die „Polizeikommission“ eingerichtet worden, die wenig bewirkte und schließlich 2001 nach dem Regierungswechsel sang- und klanglos wieder aufgelöst wurde.

Die Einrichtung der neuen Dienststelle solle Grüne und Polizei beschwichtigen. Senator Grote formuliert das so: „Ich glaube, dass eine moderne Polizei den Anspruch hat, mit Vorwürfen so umzugehen, dass es dafür keine externe Stelle braucht.“

Kritik von Polizeigewerkschaft

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) kritisierte die Einrichtung, die irgendwo in Hamburg auf „neutralem Boden“ eingerichtet werden soll und die per E-Mail oder sogar anonym erreichbar ist, als – so Thomas Jungfer, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft – „aufgebläht, überbordend, kostenintensiv“.

Jungfer weiter: „Wir sperren uns nicht gegen eine Beschwerdestelle.“ Aber es gebe bereits die Möglichkeit für Bürger, sich über Fehlverhalten von Polizisten zu beschweren und gegen Beamte Anzeige zu stellen.

Im ersten Halbjahr 2020 gab es 323 Beschwerden gegen die Polizei. Drei von ihnen wegen Rassismus. Nicht alle Fälle sind abschließend geklärt. Die drei Rassismusvorwürfe hätten sich als unbegründet erwiesen, hieß es.