Hamburg. Kriminalstatistik: Hamburg bei Zahl der Verbrechen auf dem Stand von 1980. Neues zur Kriminalität von Ausländern.


Es machte Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer angesichts eines erneuten Kriminalitätsrückgangs, diesmal von 5,6 Prozent im vergangenen Jahr, sichtlich Spaß, sich die Bälle zuzuspielen. „Schon letztes Jahr war er stolz wie Bolle“, sagte Grote über seinen Polizeipräsidenten. „Ich bin auf die Steigerung gespannt.“

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Die Arbeit der Hamburger Polizei sei „ganz großes Kino“, ließ Meyer wissen, eine „Riesenleistung meiner Leute“. Und mit Blick auf die zahlreichen erfolgreichen Sokos und Ermittlungsgruppen, die gegen Wohnungseinbruch, Taschen- oder Fahrraddiebstahl vorgehen, sagte er: „Wo gehobelt wird, da fallen die Zahlen.“ Ein Wermutstropfen ist die Aufklärungsquote, bei der Hamburg im bundesweiten Vergleich ohnehin eine Schlusslichtposition einnimmt. Sie ging noch einmal zurück und liegt bei nur noch 44,4 Prozent. Auch negativ: Die Zahl der Betrugstaten stieg explosiv an.

Weniger Straftaten angezeigt

225.947 Straftaten wurden im vergangenen Jahr in Hamburg von der Polizei registriert. Das ist ein Minus von 5,6 Prozent. Nach einem Rückgang der Kriminalität von 1,9 Prozent in 2016 ist es nicht nur das zweite Jahr in Folge, in dem weniger Straftaten zur Anzeige kamen. Es ist der niedrigste Wert seit 1980. Damals hatte die Zahl der Straftaten erstmals die 200.000er-Marke überschritten.

Die Statistik der Polizei offenbart aber auch: Die Kriminalität geht weg von der Straße. So ist auch der rasante Anstieg der Betrugstaten zu erklären. Um besorgniserregende 29,6 Prozent stieg der „sonstige Betrug“ auf 9390 Fälle an. Dahinter verbergen sich ein Sammelsurium von Delikten, die von Sozialleistungsbetrug bis zum Enkeltrickbetrug reichen. Insgesamt wurden in Hamburg 32.553 Betrugsdelikte bearbeitet. Vor allem das Internet bietet ein reichhaltiges Betätigungsfeld für Betrüger aller Art. Zudem dürften nach Ansicht von Experten längst nicht alle begangenen Delikte zur Anzeige kommen. Vor allem große Firmen, so wissen es Ermittler, scheuen den Aufwand, den eine Anzeige bei der Polizei mit sich bringt. Im Landeskriminalamt hat man das erkannt. „Betrug ist der neue Ladendiebstahl“, soll ein geflügeltes Wort von LKA-Chef Frank-Martin Heise sein.

Die Beute wird größer

Dort, wo die Zahlen zurückgehen, ist es nicht immer unbedingt eine durchweg positive Entwicklung. Das trifft vor allem auf Straftaten „rund um das Kfz“ zu. Die Zahl der gestohlenen Autos ist zwar um 225 auf 2108 gesunken, und auch die Zahl der Autoaufbrüche ging von 16.582 auf 15.075 im vergangenen Jahr zurück. Die Beute wird aber immer größer, da es professionelle Tätergruppen sind, die sich auf teure Fahrzeuge und den Diebstahl von teuren Autoteilen wie Navis, Airbags oder Funktionslenkräder spezialisiert haben.

Durchweg positiv ist die Entwicklung bei der Gewaltkriminalität, die lediglich 3,6 Prozent der Gesamtkriminalität in Hamburg ausmacht. Sie ging um 8,9 Prozent auf 7841 Fälle zurück. Damit gemeint sind Delikte wie Raub, schwere Körperverletzung, Tötungsdelikte oder schwere Sexualdelikte. Erfreulich ist auch die Entwicklung beim Fahrraddiebstahl mit einem Rückgang von 17 Prozent oder 2979 Taten und beim Wohnungseinbruch mit einem Rückgang von 23,2 Prozent auf 5769 Taten.

Kriminalität und Ausländer

Ein besonderes Augenmerk hat in jedem Jahr der Anteil der Tatverdächtigen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Er beträgt 45,6 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 47,4 Prozent. Bei den Raubdelikten beträgt der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen 54,2 Prozent, bei schweren Sexualdelikten 47,8, bei den gefährlichen Körperverletzungen 46,5 Prozent.

Dass der Anteil von ausländischen Tatverdächtigen überproportional ist, zeigt die Belastungszahl, die das Verhältnis zum Bevölkerungsanteil ausweist. Von 100.000 deutschen Staatsangehörigen wurde in Hamburg im vergangenen gegen 2702 wegen einer Straftat ermittelt. Bei Ausländern lag der Anteil bei 11.923. Nimmt man lediglich die Flüchtlinge, kamen statistisch 12.669 Tatverdächtige auf 100.000 Flüchtlinge. Grote macht für diesen Wert auch den hohen Anteil junger Männer unter den Flüchtlingen verantwortlich.

Kritisch kommentierte Dennis Gladiator die Kriminalitätsentwicklung. „Im Moment erkauft sich der Senator seine gute Bilanz auf Kosten der Beamten. Es braucht mehr Personal, um alle Aufgaben auch ohne dauerhafte Mehrarbeit bewältigen zu können und vor allem, um endlich auch Fortschritte bei der Aufklärungsquote zu machen“, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion.

Joachim Lenders, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, bringt es auf eine einfache Formel: „Es zeigt sich ganz deutlich, nämlich am Beispiel der Soko ,Castle‘, dass die Hamburger Polizei immer dann erfolgreich ist, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und genug Personal zur Verfügung steht.“ Hier gebe es Defizite. So würden allein an den Polizeiwachen rund 300 Beamte fehlen. Seinen Kollegen attestiert er „exzellente Arbeit unter oftmals schwierigen Bedingungen“.

Der extrem belastende G-20-Einsatz schlägt sich noch nicht groß in der Statistik nieder. Von den rund 3000 Straftaten, wegen derer die Soko „Schwarzer Block“ ermittelt, sind lediglich knapp über 600 in der aktuellen Statistik erfasst, da es sich um eine sogenannte „Ausgangsstatistik“ handelt, in der eben nur abgeschlossene Fälle landen.