Hamburg. Weil seine Schüler nicht zu ihm in die Schule kommen können, kommt Björn Lengwenus eben via Bildschirm zu ihnen nach Hause.
Ein Schulleiter als Moderator einer Late-Night-Show so wie einst Harald Schmidt oder Urgestein David Letterman? In Coronazeiten ist das Unmögliche möglich. Björn Lengwenus, Leiter der Stadtteilschule Alter Teichweg in Dulsberg, will mit seiner täglichen Show seine Schüler erreichen. Weil diese wegen der Schulschließung seit mehr als zwei Wochen nicht zu ihm in die Schule kommen, kommt er eben via Bildschirm zu ihnen nach Hause.
Schule, sagt Lengwenus, ist viel mehr als E-Learning, als zu Hause allein vor seinen Aufgaben zu sitzen wie im Moment. Das digitale Lernen funktioniere so weit gut an seiner Schule, was aber fehle, sei der persönliche Kontakt, das Miteinander. „Schule heißt ja auch, Freunde zu treffen, Anerkennung und Lob zu bekommen, wenn es gut läuft. Ein Schulterklopfen, wenn es mal nicht läuft“, sagt Lengwenus. Das kann er im Moment nicht immer leisten.
Er will für seine Schüler und Lehrer in der Corona-Krise da sein
Was er aber machen kann, ist für seine Schüler und Lehrer da zu sein, sich digital auszutauschen, und das mit sehr viel Spaß auf diesem digitalen Pausenhof, wie er es nennt. Also steht er an diesem frühen Nachmittag in der zum Fernsehstudio umgebauten und abgedunkelten kühlen Aula für die tägliche Aufzeichnung der Sendung, die dann später auf YouTube abrufbar ist. Lengwenus, rhetorisch gewandt und redefreudig, fühlt sich wohl in seiner Rolle und muss doch feststellen, dass es einen Unterschied macht, vor einer Klasse zu stehen und zu reden oder vor drei aufgebauten Kameras.
Heute steht die achte Folge auf dem Plan, und es braucht mal einen zweiten oder sogar einen dritten Anlauf, ehe das Gesagte dem Aufnahmeleiter passt. „Lass uns noch eine machen …“, sagt Martin D’Costa dann. Und wenn er zufrieden ist, sagt er zum Beispiel: „Ist gekauft!“
Jeden Tag werden rund eineinhalb Stunden aufgezeichnet
Martin D’Costa und Ole Schwarz sind Filmemacher, die zusammen mit Matthias Vogel von den Kulturagenten und Björn Lengwenus die „Dulsberg Late Night Show“ innerhalb weniger Tage auf die Beine gestellt haben. Jeden Tag werden rund eineinhalb Stunden aufgezeichnet. Zu sehen sind am Ende dann bis zu 18 Minuten. Schüler und Lehrer beteiligen sich interaktiv an der Show, sind per Telefon oder Videokonferenz dazugeschaltet, schicken Videos, und manchmal gibt es auch Studiogäste – natürlich im nötigen Sicherheitsabstand.
„Das hier dient dem Zusammenhalt und stärkt die Schulgemeinschaft auch in diesen Zeiten“, sagt Matthias Vogel. Die Themen der Sendung kommen von ihm, etwa eine Grundschullehrerin, die in Quarantäne ist, Gespräche mit zwei Abiturienten oder der Geburtstag von Björn Lengwenus am 31. März.
Sendung ist gut angelaufen
„Die Sendung ist wahnsinnig gut angelaufen“, sagt Vogel. „Und es ist wahnsinnig anstrengend“, sagt er und kann doch noch lachen. Dieser Kontakt zum Schulleiter, zu Mitschülern und Lehrern gebe den Schülern Stabilität. „Diese Sendung am Abend hat etwas Beruhigendes. Gemeinsam wird auf den Tag zurückgeblickt.“
Informationen zum Coronavirus:
- Die Stadt Hamburg informiert die Bürger auch online über das Coronavirus. Zusätzlich gibt es eine Hotline: 040 42828-4000
- Das Robert-Koch-Institut beantwortet häufig gestellte Fragen zu SARS-CoV-2
- Auch das Bundesgesundheitsministerium hat eine eigene Informationsseite zum Virus eingerichtet
Am heutigen Freitag ist Innensenator Andy Grote (SPD) zu Gast bei Björn Lengwenus. Die Sendung ist via Internet unter „Late Night Dulsberg“ bei YouTube abrufbar.