Hamburg. Viele Hamburger Eltern brachten am Montagmorgen ihre Kinder wieder mit dem Auto bis zur Schule. Das soll sich ändern.

Michael Jensen, Hauptkommissar an der Verkehrsdirektion, hatte ordentlich zu tun an diesem sonnigen Wochenanfang. Trotz besten Fußgängerwetters brachten am Montagmorgen wieder viele Eltern ihre Kinder an die Grundschule Franzosenkoppel in Lurup. Elterntaxis werden diese Autos genannt, die nicht nur regelmäßig für ein Verkehrschaos sorgen, sondern auch für zahlreiche Gefahrensituationen vor Schulen. Polizei und Schulen wollen jetzt mit einer konzertierten Aktion das Bewusstsein für dieses Problem bei den Eltern schärfen.

Bis zum 12. April wird es nach der Auftaktveranstaltung am Montag neun weitere Aktionen an Schulen geben. Es geht nicht um Schikane oder einen weiteren Mosaikstein im „Auto madig machen“. Es geht bei dieser Aktion auch ganz stark darum, Schulanfänger sicher im Verkehr zu machen. „Unsere Verkehrslehrer zeigen bereits in der Vorschule den angehenden ABC-Schützen, wie sie sich richtig im Verkehr verhalten“, sagt Ulf Schröder, Leiter der Verkehrsdirektion. „Die Kinder festigen das gerade Erlernte im Alltag. Werden sie von ihren Eltern zur Schule gefahren, fehlt ihnen die Praxis, und sie vergessen das Erlernte wieder.“

Eltern, die ihre Kinder regelmäßig fahren, würden ihnen keinen Gefallen tun. „Sie verwehren es ihren Kinder Erfahrung zu sammeln. Die ist aber ganz wichtig.“

Viele Kinder werden mit schöner Regelmäßigkeit gebracht

Glaubt man an diesem Morgen den Autofahrern, die ihre Kinder direkt vor der Schule absetzen, könnte das nicht passieren „Nur heute“, so sagt Hauptkommissar Jensen, der die Gespräche mit den Fahrern der Elterntaxis führte, seien die Kinder mal ausnahmsweise gebracht worden. Jensen weiß natürlich, dass das Quatsch ist und viele Kinder mit schöner Regelmäßigkeit gefahren werden. Dabei kommen sie an der Schule Franzosenkoppel, wie Schulleiterin Kerstin Wendt-Scholz weiß, aus einem Umkreis von etwa zwei Kilometern.

Hauptkommissar Michael Jensen von der Verkehrsdirektion spricht Autofahrer an, die Kinder vor die Schule gefahren haben.
Hauptkommissar Michael Jensen von der Verkehrsdirektion spricht Autofahrer an, die Kinder vor die Schule gefahren haben. © Unbekannt | André Zand-Vakili

Richtig lange Schulwege sind, wie an den meisten Grundschulen in Hamburg, nicht zu bewältigen. „Unsere Kinder haben zwar kurze Beine, sie haben aber auch kurze Wege“, sagt sie. Da sei das Elterntaxi nicht nötig. „Wir haben durch die Elterntaxis regelmäßig Chaos vor den Schulen“, sagt Hauptkommissar Jensen. „Viele Eltern sind dann hilflos und lassen ihre Kinder auch mal zur Straßenseite hin aussteigen – oder wo es gerade passt. Da kommt es dann oft zu konkreten Gefahrensituationen.“

Elternrat zeigt Verständnis für die Eltern

„Wir haben zwar Verständnis für die Eltern“, sagt Martin Krause vom Elternrat der Grundschule. „Wir unterstützen aber die Aktion, weil es wichtig für die Entwicklung der Schüler ist, dass sie ihren Schulweg selbst bewältigen. Das bringt die Kinder dazu, selbstständiger zu werden.“ Gerade an der Grundschule würden besonders viele Kinder von den Eltern gebracht. Wenn, wie im Fall Franzosenkoppel, ein Kindergarten integriert ist, sei der Anteil von Eltern, die ihre Kinder begleiteten, noch höher.

Das „Beste“ kam an diesem Morgen zum Schluss. Mit seinem BMW wollte ein Vater seinen Sohn direkt auf das Schulgelände fahren. Er war ja auch schon spät dran. Die Fahrt endete in der Gruppe aus Polizisten, Lehrern und Mitgliedern vom Auto Club Europa, kurz ACE, die zurzeit bundesweit die Aktion „Goodbye Elterntaxi“ durchführen. Da kam dann noch einmal Hauptkommissar Jensen in Aktion, der mit dem Fahrer ein Gespräch führte.

Wenigstens die letzten Meter zu Fuß

Tatsächlich ging es an diesem Morgen verhältnismäßig ruhig zu. Das sonnige Wetter und wohl auch der Umstand, dass sich die Aktion bei den Eltern herumgesprochen haben dürfte, ließ die Zahl der „Elterntaxis“ schrumpfen. „An anderen Tagen“, weiß Schulleiterin Wendt-Scholz, „ist schon mal deutlich mehr los.“ Da wird dann auch schon mal der Fußweg gleich neben dem Zebrastreifen als Ausweichstrecke genommen, um an den vor der Schule haltenden Fahrzeugen vorbei zu kommen.

„Es ist mir schon klar, dass viele Eltern in einem Dilemma sind“, sagt Wendt-Scholz. „Sie wollen ihr Kind noch zur Schule bringen und müssen dann weiter zur Arbeit.“ Da dränge sich das Auto auf. „Aber sie könnten dann ja wenigstens in den umliegenden Straßen parken und die letzten Meter mit ihrem Kind zur Schule gehen. Das würde schon helfen.“

Die Aktion geht gleich am Dienstag weiter. Dann steht die Polizei vor der Schule Bekassinenau. Es folgen dann im Abstand von jeweils einem Tag die Schulen Max-Eichholz-Ring, Rahlstedter Höhe, Surenland, Lohkampstraße, Brockdorffstraße, Adolf-Schönfelder-Schule, Anton-Reé-Schule und zum Abschluss am 12. April die Schule Wegenkamp.