Hamburg. Post-Kunden sind verärgert, weil sie Pakete oft in weit entfernten Filialen abholen müssen. Grund sind Platzprobleme in den Filialen.
Selbstgebackene Kekse, Glühwein und „Last Christmas“ im Radio sind schon seit Jahrzehnten Erkennungsmerkmal der Vorweihnachtszeit. Doch seit einigen Jahren ist ein weiterer fester Bestandteil hinzugekommen: Pakete. Die Zahl der verschickten Kartons mit Büchern, Dessous und Flachbildschirmen steigt ohnehin stetig, doch in den Monaten November und Dezember explodiert sie geradezu. Statt fünf Millionen Sendungen werden nach Angaben der Post dann bis zu elf Millionen verschickt – täglich! Und das sorgt zunehmend für Probleme.
Nachdem kürzlich die Postfiliale an der Blankeneser Bahnhofstraße die Ausgabe von DHL-Paketen eingestellt hat und die Kunden diese nun an anderen Ausgabestellen abholen sollen (das Abendblatt berichtete), müssen sich nun auch die Wilhelmsburger auf erheblich längere Wege zum Paket-Abholen einstellen. Werden sie vom Paketboten nicht angetroffen, lagert ihre Sendung nun häufig nicht auf der Elbinsel, sondern in Harburg. Wilhelmsburger Stadtteilpolitiker sind darüber empört: „Das ist gerade für ältere Wilhelmsburgerinnen und Wilhelmsburger nicht zumutbar“, sagt Kesbana Klein, SPD-Bezirksabgeordnete aus Kirchdorf Süd.
Post hat eigens eine zusätzliche Paketausgabestelle eröffnet
Um das große Paketaufkommen rund um Weihnachten zu bewältigen, hat die Deutsche Post/DHL eigens eine zusätzliche Paketausgabestelle eröffnet – im ehemaligen Postamt hinter dem Harburger Bahnhof. Öffentlich mitgeteilt hat die Post dies jedoch nicht. „In der Bürgerfragestunde des Regionalausschusses Wilhelmsburg/Veddel machte uns ein Mann aus Kirchdorf-Süd darauf aufmerksam“, sagt Klein. „Er hatte eine Paketbenachrichtigung erhalten und war damit wie gewohnt ins Luna-Center am Wilhelmsburger Bahnhof gefahren, um dort bei der Post sein Paket zu holen. Er wurde allerdings nach Harburg verwiesen. Ich halte das für unmöglich.“
Ein Grund für den Ärger: Von der S-Bahn-Station Wilhelmsburg zum Popup-Postamt am Bahnhof Harburg ist es zwar nur ein Halt. Fahrzeit: Fünf Minuten. Wer aber keine Zeitkarte des HVV hat, muss für die Fahrt hin und wieder zurück zwei Einzelkarten zu jeweils 1,70 Euro kaufen – oder gleich eine Tageskarte für 6,50 Euro. „Da zahlt der Empfänger für das Abholen oft mehr, als der Absender für den Paketversand“, kritisiert Klein.
„Wir erwarten für die Weihnachtsmonate ein sehr hohes Sendungsaufkommen durch Versandhandel und Geschenkpakete“, sagt Post-Sprecher Jens-Uwe Hogardt. „Der Platz in den Postbank- und Postfilalen wird dafür nicht ausreichen und auch die Packstationen werden an ihre Grenzen kommen. Deshalb haben wir schon am ersten November eine Paketausgabestelle in Harburg eingerichtet, die dort bis Ende Januar bleibt. Auch ein Teil der Wilhelmsburger Sendungen wird dorthin geleitet. Die Empfänger sollten sehr genau auf die Benachrichtigungskarte gucken.“ Von Wilhelmsburg aus sei es zumutbar, nach Harburg zu fahren.
SPD-Abgeordnete fordert: Ausgabe muss in Wilhelmsburg möglich sein
Ganz so einfach ist es nicht, sagt Klein, vor allem weil die Paketabholung nicht nur die trifft, die aus beruflichen Gründen nicht zu Hause sind. „Gerade in den Großsiedlungen beschweren sich die Einwohner oft, dass der Paketbote sich nicht die Mühe macht, Pakete an die Wohnungstür zu liefern, sondern gleich die Abholkarten in den Briefkasten wirft“, sagt die Bezirksabgeordnete. Klein findet es im Prinzip gut, dass die Post schon im Vorwege auf die Weihnachtssaison reagiert, „aber das Zusatzpostamt sollte sich noch auf der Elbinsel Wilhelmsburg befinden“, sagt sie.
Ob es derartige Umstellungen und Probleme bei der Paketabholung auch in anderen Stadtteilen Hamburgs gibt? „Mit Sicherheit“, sagt Post-Sprecher Hogardt. Das Phänomen sei bundesweit in allen Großstädten zu beobachten. Da sich die Zahl der Partneragenturen und Packstationen aber ständig ändere, führe man keine Liste darüber, an welcher Stelle Kunden ihre Pakete gerade in einer anderen Filiale abholen müssten.
„Ich kann den Unmut der Kunden zwar verstehen“, sagt Jens-Uwe Rieck, Leiter des Fachbereichs Postdienste, Speditionen und Logistik bei der Gewerkschaft Ver.di. „Aber die Post ist auf den Paketansturm eigentlich gut vorbereitet.“ Man habe extra Personal eingestellt, Fahrzeuge beschafft und zusätzliche Flächen wie in Harburg geschaffen – so vorausschauend sei in den Vorjahren nicht gehandelt worden.
Verbraucherzentrale: Nur in Berlin gibt es mehr Beschwerden als in Hamburg
Dass Hamburg ein schwieriges Pflaster für Paketdienste ist, zeigen auch Erhebungen der Verbraucherzentrale. Bundesweit gingen bei ihr von Juli bis Dezember vergangenen Jahres 8.846 Paket-Beschwerden ein. Mit 30,9 Beschwerden je 100.000 Einwohner lag Hamburg dabei auf dem vorletzten Platz vor Berlin (34,1). Schleswig-Holstein kam auf 9,3 Beschwerden und Niedersachsen auf 7,6.
Übrigens: Wer statt eines Pakets an der Wohnungstür eine Benachrichtigungskarte im Briefkasten hat, kann bei der Post auch telefonisch oder online eine zweite Zustellung innerhalb einer Woche nach dem ersten Zustellversuch vereinbaren. Dabei kann jedoch höchstens der Liefertag, nicht aber die Zeit festgelegt werden. Genauere Anweisungen finden sich auf der Benachrichtigung. Große Online- Versandhändler senden bei ihren Paketen oft auch die E-Mail-Adresse des Empfängers mit ein. Man erhält dann bereits am Vortag eine Mail der Post auf die man ebenfalls mit einem alternativen Zustelltermin antworten kann. Einige Versandhändler bieten ihren Kunden auch die Option, den Paketdienst zu wählen.