Hamburg. Asklepios Kliniken sprechen von “erschreckender Bilanz“. Ärzte planen Register zu Unfällen. Werden die E-Scooter richtig gewartet?
Prellungen, Brüche, Kopfverletzungen: Bereits kurz nach der Einführung der E-Scooter in Hamburg verzeichnen Hamburgs Ärzte eine hohe Zahl an Verletzten, die mit einem E-Tretroller unterwegs waren und deren Fahrt in der Notaufnahme endete. Allein in der Asklepios Klinik St. Georg, die im Zentrum des Verleihgebietes der fast 3000 zur Miete stehenden E-Scooter liegt, wurden in den vergangenen drei Wochen mehr als 15 Verletzte behandelt, wie die Asklepios Kliniken am Donnerstag mitteilten.
„Die Bilanz ist erschreckend, vor allem, weil viele Kopfverletzungen dabei waren und die Fahrer in keinem Fall einen Helm trugen“, sagt Prof. Dr. Christian Kühne, Chefarzt des Chirurgisch-Traumatologischen Zentrums der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg. „Wir haben schon mehrere Patienten mit Verletzungen am Schädel oder im Hirnbereich behandelt, außerdem gab es bereits schwere Gelenkverletzungen, Verletzungen im Bereich des Brustkorbs und auch diverse Prellungen und Hautverletzungen“, so der Unfallchirurg.
Im UKE weiß man ebenfalls um die Schwere der Verletzungen, die in Zusammenhang mit Unfällen von E-Scootern entstehen: „Seit Mitte Juni haben sich in der Zentralen Notaufnahme des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf rund 20 Patientinnen und Patienten nach einem Unfall im Zusammenhang mit der Nutzung eines E- Scooters vorgestellt", sagt Dr. Jakob V. Nüchtern, Oberarzt der Unfallchirurgie des UKE. Hier handele es sich insbesondere um Verletzungen der E-Scooter Fahrer selbst, auch aber um Verletzungen anderer Verkehrsteilnehmer. Die Verletzungen reichten von einfachen Prellungen und Platzwunden bis zu Schädel-Hirn-Traumata und operationsbedürftigen Knochenbrüchen.
E-Scooter: Verletzungen sollen in Register dokumentiert werden
Auch die Ärzte und Pflegekräfte der Asklepios Kliniken in Altona, Wandsbek und Harburg haben bereits einige Verletzte nach Stürzen mit den E-Scootern behandelt. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Verletzten noch steigt, und haben deshalb beschlossen, die Unfälle so schnell wie möglich in einem Register zusammenzutragen, um unter anderem die Art der Verletzungen und die Umstände der Stürze zu dokumentieren und später für eine Studie auszuwerten,“ so Professor Kühne.
In dem geplanten Register sollen die Meldungen der Notaufnahmen und Unfallchirurgen aus allen Hamburger Asklepios Kliniken zusammengeführt werden. „Wir erfassen dann zum Beispiel den Schweregrad der Verletzung, ob der verletzte Scooter-Fahrer einen Helm getragen hat, ob er zum ersten Mal mit einem E-Scooter unterwegs war und ob es ein Sturz oder eine Kollision war“, sagt Chefarzt Prof. Kühne.
Experten aus den Krankenhäusern und der Polizei weisen darauf hin, dass man auch genau schauen müsse, von welchen Anbietern die E-Scooter kamen, mit denen die Verletzten fuhren. Möglicherweise gibt es auch einen Zusammenhang zwischen dem Warten der Roller und dem allgemeinen technischen Zustand.
Ärzte raten, beim E-Scooter-Fahren Helm zu tragen
„Unabhängig von den Ergebnissen der geplanten Studie ist aber jetzt schon klar, dass Scooter-Fahrer ohne Helm ein besonders großes Verletzungsrisiko haben. "Auch wenn der Gesetzgeber keine Helmpflicht für E-Scooter vorsieht: als Ärzte, die diese schwerverletzten Patienten behandeln, raten wir dringend dazu, beim Fahren einen Helm zu tragen!“, so der Appell von Prof. Kühne.
Damit wiederholt er die gemeinsame, eindringliche Warnung seiner Chefarztkollegen aus der Asklepios Klinik Altona, dem Unfallchirurgen Prof. Lars Gerhard Großterlinden und dem Neurochirurgen Prof. Uwe Kehler. Diese hatten bereits Ende Mai vor den Gefahren durch leichtsinnigen Gebrauch der E-Scooter gewarnt. "Damals hatten die beiden Chefärzte eine US-Studie aus Texas zitiert, nach der 45 Prozent aller Verletzten nach E-Scooter-Unfällen eine Kopfverletzung aufwiesen", heißt es in der aktuellen Asklepios-Mitteilung. Kaum einer der Verletzten hatte einen Helm getragen.
Frau bei Unfall mit E-Scooter in der Innenstadt schwer verletzt
Erst vergangenen Sonntag war eine 41-Jährige bei einem Unfall mit einem E-Scooter in der Hamburger Innenstadt nahe dem Hauptbahnhof schwer verletzt worden. Die Frau war nach Polizeiangaben auf dem Fahrradstreifen unterwegs gewesen, allerdings auf der falschen Seite. Zudem soll sie bei Rot über eine Straße gefahren sein. Ein Mercedes erfasste die Frau. Sie flog über die Motorhaube und landete auf der Straße. Die 41-Jährige kam mit schweren Rückenverletzungen ins Krankenhaus.
Die bis zu 20 Stundenkilometer schnellen E-Scooter dürfen von über 14-Jährigen gefahren werden. Sie müssen Radwege benutzen oder – wenn nicht vorhanden – Straßen.