Hamburg. Abendblatt-Redakteurin Elisabeth Jessen lebt in der dritten Woche in häuslicher Isolation. Wie es ihr dabei geht.

Nun hat für meine Familie schon die dritte Woche in häuslicher Quarantäne begonnen, und ich wurde in den vergangenen Tagen oft gefragt, ob wir nicht langsam alle einen Lagerkoller hätten. Stimmt ja, wir konnten seit 15 Tagen nicht mehr aus dem Haus. Aber bisher ist das nicht schlimm. Man darf ja nicht vergessen, dass alle vier Familienmitglieder in unserem Haushalt teilweise gleichzeitig, aber teilweise auch etwas zeitlich versetzt krank waren und sind. Da verschwimmen die Tage, und immer muss man sich um jemanden kümmern.

Covid-19 versetzt dem üblichen Bewegungsdrang bei uns allen einen kräftigen Dämpfer. Wenn einen schon das Treppensteigen aus der Puste bringt (und in einem Reihenhaus gibt es davon ja ein paar), sehnt man sich nicht so sehr nach langen Spaziergängen. Zudem hält das neuartige Coronavirus immer wieder ein paar neue Volten für uns bereit. Das Fieber ist hartnäckig, ebenso der Husten, die Schlappheit und der Verlust von Appetit, Geschmacks- und Geruchssinn.

Wer nicht isst, braucht auch kaum Klopapier

Allen Hamsterkäufern da draußen sei gesagt, wenn Sie erst mal infiziert sein sollten, brauchen Sie weder die Massen an Nudeln, Reis und Mehl und auch nicht das viele Klopapier, das Sie horten, denn ohne Appetit fährt der Stoffwechsel rasant zurück. Um es ganz drastisch zu sagen: Wer nicht isst, braucht auch kaum Klopapier.

Wir zwingen uns inzwischen, etwas zu uns zu nehmen. Am Wochenende gab es Eintopfsuppe nach österreichischem Rezept. Rezept ist fast zu viel gesagt: In die heiße Brühe rührt man ein mit Mehl verschlagenes Ei. Ich konnte die Suppe allerdings nicht abschmecken und entschuldigte mich dafür bei meiner Familie. Das führte zu großem Gelächter, denn alle sagten: „Wir können ohnehin nichts schmecken.“

Unseren jüngeren Sohn – man könnte ihn auch den Patienten null unserer Familie nennen, dem es inzwischen wieder gut geht – treibt um, wann seine Quarantäne beendet wird. Er hat an das Gesundheitsamt in Eimsbüttel geschrieben. Aber noch immer konnte uns niemand sagen, was genau für die Dauer der Quarantäne ausschlaggebend ist, wenn in einer Familie nicht alle gleichzeitig einen positiven Befund erhielten, sondern im Abstand von sechs Tagen zwischen dem Ersten und dem Letzten.

 Schnitt beim Corona-Abi fällt vermutlich schlechter aus

Er könnte die Zeit gut nutzen für die Abi-Vorbereitung. Denn am 17. April ist seine erste schriftliche Abiturprüfung terminiert. So richtig mag ich daran noch nicht glauben. Als Covid-Genesenen wird ihn vermutlich keine Quarantäne am Abi hindern und hoffentlich auch keine andere Erkrankung. Aber dass im Moment viele nur davon reden, wie man die Prüflinge so weit auseinanderplatziert, dass keine Ansteckungsgefahr droht, ist zu kurz gedacht. Das kriegt man hin, da bin ich sicher. Aber wer wird alles in ein paar Wochen in Isolation leben oder sogar akut an Covid-19 erkrankt sein? Darin sehe ich das größere Problem.

Dass auch der Schnitt beim Corona-Abi vermutlich deutlich schlechter ausfällt, weil die Vorbereitung durch die Lehrer an der Schule entfällt und die Schüler sich alles selbst erarbeiten müssen, mutet dagegen fast schon nebensächlich an. Aber vermutlich sehen das die Eltern von Einser-Kandidaten etwas weniger entspannt als ich.

Unser größter Wunsch aktuell ist eher, dass wir endlich wieder etwas schmecken. Im Moment hilft uns nur die Erinnerung daran, damit man überhaupt etwas zu sich nehmen mag.