Mit einer Tour durch die Schul-Aulas der USA soll die Hamburger Band Tonbandgerät Schüler zum Fremdsprachenlernen motivieren.

New York/Hamburg. Lautes Kreischen dringt durch die Aula der A. Philip Randolph High School im New Yorker Stadtteil Harlem. „Es ist alles wieder da, nur irgendwie anders“, singt Ole Specht, Frontmann der Band Tonbandgerät ins Mikrofon. „Irgendwie anders“, wiederholen mehrere Hundert Schüler im Chor. „Wir lieben Tonbandgerät“, „Fan Nummer eins“ und „Ihr seid supergeil“, steht auf selbst gebastelten Plakaten der klatschenden und jubelnden Menge. Sogar der Balkon der Aula muss extra aufgemacht werden, weil so viele Schüler die deutsche Popband aus Hamburg an diesem Nachmittag in New York sehen wollen.

 „Ich liebe Tonbandgerät, sie sind einfach supercool“, sagt der 15-jährige Jaris nach dem Konzert. Seit zwei Jahren lernt er an seiner Schule Deutsch. „Wir haben die Texte der Songs im Unterricht durchgenommen und ich verstehe sie schon sehr gut. Ich konnte auch mitsingen und das Konzert war einfach der Wahnsinn“, sagt der Afroamerikaner – allerdings dann doch lieber auf Englisch – und schwenkt noch einmal sein bunt bemaltes „Ich liebe Tonbandgerät“-Plakat.

 Mit seinen Deutsch-Kenntnissen ist Jaris in den USA in der Minderheit. Nur jeder fünfte Amerikaner lernt nach Angaben des Goethe Instituts überhaupt eine Fremdsprache – und wenn, dann ist es eher Spanisch oder Französisch als Deutsch. Ungefähr 500.000 Menschen lernen in den USA, einem Land mit mehr als 300 Millionen Einwohnern, von denen viele deutsche Wurzeln haben, gerade Deutsch. „Das Deutschland-Bild in den USA ist wirklich sehr, sehr gut, aber wir wünschten uns, dass sich das auch in Deutschlerner-Zahlen niederschlägt“, sagt Christoph Veldhues vom New Yorker Goethe Institut.

 Eine Motivationshilfe: Tonbandgerät. Die vier jungen Musiker aus Hamburg, deren Debüt-Album „Heute ist für immer“ es im vergangenen Jahr immerhin in die Top 50 der deutsche Charts schaffte, sollen amerikanischen Schülern Lust aufs Deutsch-Lernen machen. Das Goethe Institut schickte die vierköpfige Band – die Geschwister Isa und Sophia Poppensieker an den Gitarren, dazu der Schlagzeuger Jakob Sudau und Sänger Ole Specht – dafür auf Schul-Tournee durch zehn Städte, von Seattle über Salt Lake City und Chicago bis nach New York und Boston. Vor zwei Jahren hatte es bereits eine ähnliche Aktion mit der Indie-Rock-Band Madsen gegeben.

 „Wir wollten eine Band holen, die schon bekannt ist, aber auch noch nicht zu bekannt. Für Tonbandgerät ist es gut, noch bekannter zu werden, und für uns ist es gut, eine Band zu haben, die man sich auch leisten kann“, sagt Veldhues. „Wir waren für die auch interessant, weil wir noch relativ jung sind und auch noch viel jünger aussehen, als wir eigentlich sind. In Chicago hat uns sogar eine Lehrerin gefragt, ob unsere Eltern auch dabei sind“, sagt der 25 Jahre alte Tonbandgerät-Sänger Specht. „Es ist natürlich auch gut, dass wir zwei Mädchen und zwei Jungs sind. Und unsere deutschen Texte, die nicht so super-obszön sind, was auch gut ist, wenn man die im Unterricht behandeln will.“

 Von der Tour sei die Band restlos begeistert, erzählt Specht. „Die Schul-Aulas hier sind deutlich besser ausgestattet als die meisten deutschen Clubs. Was die da an Licht haben und wie professionell die sind, das hat mich an so richtig große deutsche Festivals erinnert.“ Neben den Konzerten gab es auch Autogrammstunden und Gesprächsrunden mit den amerikanischen Schülern. Dabei sei alles gefragt worden, erzählt Specht – von der Lieblingsfarbe über das Leben als Musiker bis hin zu den Unterschieden zwischen Deutschland und den USA. Deutsche Musik kannten die Schüler bislang wenig, sagt Specht. „Außer natürlich Rammstein, das ist Top eins, die kennen hier alle.“

 Er sei sicher, dass die Tour etwas bringen werde. „In San Francisco zum Beispiel hat uns eine Lehrerin erzählt, dass sich seit Beginn der Kampagne mit unserer Musik jetzt schon viel mehr Schüler für den Deutsch-Unterricht angemeldet haben“, erzählt Specht. „Nach dem Konzert kam sie zu uns, hat uns alle umarmt und gesagt, „danke, dass ihr mir den Job rettet“.“