Hamburg. „Seid nett zueinander“ – mit dieser Aktion will das Abendblatt in der Krise das Miteinander stärken. Motto: Gemeinsam sind wir stark!
Die Hamburger haben in den vergangenen Wochen – insbesondere in der Hochphase der Corona-Krise – bewiesen, was Solidarität bedeutet, im alltäglichen Miteinander wie mit vielen kleinen und großen Hilfsaktionen. Sie haben unter Beweis gestellt, dass sie zusammenhalten, wenn es darauf ankommt – und das ist auch in Zukunft wichtig.
Schließlich scheint der Ton in der Stadt zuletzt vereinzelt wieder rauer geworden zu sein. Das Hamburger Abendblatt setzt daher ein weiteres positives Zeichen, das Mut machen soll, und lässt die Aktion „Seid nett zueinander“ wieder aufleben – diesmal unter dem Motto #gemeinsamsindwirstark.
Lebensmittelgutscheine für mehr als 1,3 Millionen Euro
Die Ausnahmesituation der Pandemie ließ und lässt die Hamburger zusammenstehen. Überall in der Stadt entstehen Nachbarschaftshilfen. Menschen gehen für völlig Fremde einkaufen, machen Musik am Fenster oder in Vorgärten und applaudieren jeden Abend den Ärzten und Pflegekräften, die im Kampf gegen das Coronavirus an vorderster Front stehen. Auch Firmen engagieren sich mit Spenden. Der Verein „Hamburger Abendblatt hilft“ hat mithilfe von Spenden in sieben Wochen 53.400 Lebensmittelgutscheine im Gegenwert von mehr als 1,3 Millionen Euro ausgegeben – die Gutscheine haben es vielen Vereinen und gemeinnützigen Institutionen ermöglicht, Bedürftigen unbürokratisch und direkt zu helfen. Gastronomen, die selbst um ihre Existenz fürchten müssen, kochten für die „Helden des Alltags“. Über diese Initiativen, Hilfsprojekte und vieles mehr will das Abendblatt bis zum 8. August einmal wöchentlich berichten.
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Kostenlose Sticker in der Abendblatt-Geschäftsstelle
Wir stellen Menschen vor, die sich vorbildlich für andere eingesetzt haben. Dazu gibt es in der Abendblatt-Geschäftsstelle (Großer Burstah 18–32), sowie bei zahlreichen weiteren Kooperationspartnern erneut kostenlose Aktions-Sticker. „Wir alle sind durch die Krise mit Abstand näher zusammengerückt“, sagt Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider. „Der Umgang der Hamburgerinnen und Hamburger untereinander wird bedingt durch die Ausnahmesituation immer netter, hilfsbereiter und respektvoller. Einige von ihnen wollen wir vorstellen und ihnen die Aufmerksamkeit schenken, die sie verdienen.“
Psychologe Prof. Christoph Berg von der FOM Hochschule für Oekonomie und Management findet, dass die „Seid nett zueinander“-Kampagne genau zum richtigen Zeitpunkt kommt. Das Füreinander-Einstehen und die Nachbarschaftshilfe in der Anfangszeit der Krise erlahmten, zugleich spürten die Menschen immer stärker die Folgen der sozialen Distanz. „Was uns am Anfang noch schwerfiel, haben wir mittlerweile sehr verinnerlicht: anderen auszuweichen, Nähe zu vermeiden“, sagt Berg. Das führe unbewusst zu einem „gegenseitigen Befremden“. Denn das Gefühl, gemieden zu werden, laufe dauerhaft dem eigenen Anspruch des Menschen, ein soziales Wesen zu sein, entgegen – auch wenn viele dies nicht bewusst wahrnähmen. Das führe in der Sprache der Psychologen zu einer „kognitiven Dissonanz“.
Wer arbeitslos wird, zieht sich oft zurück
Trotz Abstandsgebots und Maskenpflicht helfe es deshalb schon sehr, im Umgang mit anderen – beim Einkaufen oder auf der Straße – bewusst den Blickkontakt zu suchen und vielleicht zu lächeln. Freundlichkeit zu zeigen und nett zueinander zu sein sei derzeit wichtiger denn je, so der Psychologe. Denn: Wer sich um andere kümmert, fühlt sich besser und hilft sich so auch selbst.
Aktiv soziale Situationen zu suchen sei auch in der Distanz möglich. Die Verarmung an sozialen Kontakten könne dazu führen, dass einem gar nicht mehr auffällt, was einem fehlt. Studien zeigten, dass sich, wer arbeitslos werde oder in Kurzarbeit sei, häufig zurückziehe, weil er oder sie am eigenen Wert zweifle. „Es gilt, Formen zu finden, anderen zu zeigen, dass sie wichtig sind“, so Berg.
Sein Appell im Rahmen von „Seid nett zueinander“: „Bleibt nicht zu Hause, sondern versucht, euch soziale Anregungen zu verschaffen. Achtet auf Nachbarn und Freunde. Guckt, wo Menschen in Melancholie verfallen, und schaut, dass ihr sie erreicht“, sagt der Psychologe.
In einer Stadt mit vielen Singles ist die Krise eine Herausforderung
Die Pandemie hat den Zusammenhalt der Gesellschaft sehr gestärkt, meint auch Prof. Ulrich Reinhardt, Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen. „Viele haben mehr Kontakt zur eigenen Familie gehabt, mit den Großeltern regelmäßig per Skype oder Facetime kommuniziert und gezielt die Restaurants unterstützt, die unter der Krise leiden“, sagt der Zukunftsforscher. „Das Miteinander ist ein großes menschliches Bedürfnis.“
Gerade in unserer Gesellschaft in Hamburg, wo viele Menschen als Singles leben, sei die Krise eine große Herausforderung gewesen. Die Solidarität habe sich bewährt. „Das Füreinander-Dasein müssen wir uns erhalten“, sagt Reinhardt. Wenn das Leben wieder zunehmend in normaleren Bahnen verläuft, bestehe die Gefahr, die Gemeinsamkeit zu vernachlässigen. „Aber weil wir gelernt haben, wie gut es uns tut, kann das Bestand haben“, so der Zukunftsforscher. Dafür seien Disziplin und Struktur wichtig. Das könne beispielsweise bedeuten, sich regelmäßig fest mit der Familie zum Essen oder den Großeltern zum Telefonieren zu verabreden – so wie viele auch verbindliche Termine im Sportverein haben.
Reinhardt, der derzeit für ein Semester als Gastprofessor in North Carolina ist, beobachtet die großen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA. „Unsere Gesellschaft ist nach innen im Vergleich eher solidarisch – auch wenn in der Corona-Krise jedes europäische Land sein eigenes Ding gemacht hat“, sagt der Wissenschaftler. Die USA erlebe er als so gespalten wie noch nie zuvor. In Öko-Supermärkten trage jeder eine Gesichtsmaske, in Billigläden niemand. Bei Freunden im Mittleren Westen träfen die Corona-Regeln auf völlige Ablehnung, an der US-Ostküste gebe es hingegen große Zustimmung.
Viele Einrichtungen und Firmen unterstützen Aktion
Was sollte von der Corona-Krise bleiben? „Neben dem Füreinander-Einstehen wünsche ich mir, dass auch die große Akzeptanz der Wissenschaft in der Zeit danach Bestand hat“, sagt Reinhardt. Und: „Es gibt gute Chancen, die Gesellschaft im Sinne von mehr Nachhaltigkeit positiv zu verändern.“
Bereits 1948 prägte Abendblatt-Gründer Axel Springer mit dem Aufruf „Seid nett zueinander“ die Umgangsformen und das Miteinander der Hamburger. 2019 hat die Neuauflage der Aktion einen weiteren Erfolg verzeichnen können – mehr als 40 namhafte Unterstützer beteiligten sich.
Auch jetzt unterstützen wieder viele Firmen und Einrichtungen die Aktion. Zu ihnen zählen die Asklepios Kliniken, Aug. Prien Immobilien, die Bogdol Verwaltungs- und Immobilien GmbH, Carlsberg Deutschland, die Commerzbank, Edeka und Rewe, die Golf Lounge, die Stiftung Grone-Schule, Hanseatic Power Solutions, die Johanniter-Unfall-Hilfe, die Hamburger Sparkasse, Otto Wulff Bauunternehmung GmbH, das Studierendenwerk Hamburg, InnoGames, Kötter Security und Ingredion Germany.