Hamburg. Auch die Hamburger Grünen warnen davor, sich “von irgendeiner rechten Partei den Diskurs diktieren zu lassen“.
Das Vorgehen der Schulbehörde gegen Antifa-Werbung in der Ida Ehre Schule und die Berichterstattung in den Medien darüber sorgen weiter für Diskussionen. Grünen-Chefin Anna Gallina und Emilia Fester, Sprecherin der Grünen Jugend, kritisierten die Debatte und verwiesen auf den „Beutelsbacher Konsens“, der die Prinzipien für den Politikunterricht an Schulen vorgebe.
Die Grünen: „Das Prinzip der Schülerorientierung soll Schüler/-innen in die Lage versetzen, die politische Situation der Gesellschaft und die eigene Position zu analysieren und sich aktiv am politischen Prozess zu beteiligen sowie nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vorgefundene politische Lage im Sinne seiner Interessen zu beeinflussen.“ Meinungsfreiheit gelte auch für Schüler. Diese gehe so weit, dass sie „sogar die pauschale Beleidigung von Polizisten/-innen mit dem Spruch - den wir ausdrücklich nicht teilen - A.C.A.B. (All Cops are Bastards) deckt, das hat das Bundesverfassungsgericht 2016 festgestellt“.
Aus Aufklebern an der Schule abzuleiten, hier dürfe ungestört extremistisches Gedankengut verbreitet werden, sei „absurd und völlig überzogen“. Man laufe Gefahr, sich „von irgendeiner rechten Partei den Diskurs diktieren zu lassen und ihr Denunziationsportal gesellschaftsfähig zu machen“, so die Erklärung der Grünen.
Schulbehörde ließ Antifa-Aufkleber entfernen
Wie berichtet, hatte die Behörde von Schulsenator Ties Rabe (SPD) eine Begehung des Oberstufengebäudes am Lehmweg veranlasst. Dabei wurden Antifa-Aufkleber entfernt, die etwa einen Vermummten vor brennenden Barrikaden über einem italienischen Antifa-Slogan zeigten. Auch wurde offenbar im Treppenhaus das Kürzel „A.C.A.B“ (für „All Cops are Bastards“, deutsch: „Alle Polizisten sind Bastarde“) übermalt und Sticker, u. a. von der „Antifa Altona Ost“ vom Teil einer Pinnwand in einem Klassenraum entfernt, die als „Antifa Area“ überschrieben war. Die Behörde ordnete eine Schulkonferenz an, bei der es um mögliche „Inkonsequenzen“ bei der Beachtung des Neutralitätsgebotes geben soll. Die Hinweise auf die Antifa-Werbung stammten aus dem umstrittenen AfD-Portal „Neutrale Schulen“.
Auch die „Antifa Altona Ost“ hat sich in einer Pressemitteilung geäußert. „Wie ihr sicher mitbekommen habt, hat die AfD vor Kurzem ihre Position in der (...) Bürgerschaft dazu genutzt, um durch eine (...) Anfrage Schüler/-innen und Lehrer/-innen der Ida Ehre Stadtteilschule zu verunglimpfen“, heißt es in einer am Mittwoch verbreiteten Erklärung. Gerade an Schulen, „wo Kinder und Jugendliche beginnen, sich über Politik Gedanken zu machen“ sei „ein offener und reger Meinungsaustausch ohne Angst vor Denunziation wichtig“, so die Erklärung.
Antifa-Gruppe sieht Meinungsfreiheit gefährdet
„Für einen solchen Meinungsaustausch setzen wir uns seit jeher ein und ermutigen alle Schüler/-innen daran teilzunehmen. Im November 2018 führte die AfD ein Portal ein, in dem Schüler/-innen Lehrer/-innen veröffentlichen sollen, die sie im Verdacht haben, gegen das Neutralitätsgebot zu verstoßen, bzw. Positionen zu vertreten, die nicht in das Weltbild der AfD passen. Dadurch sehen wir die Meinungsfreiheit (…) stark gefährdet. Deswegen haben wir (...) den Protest von Schüler/-innen dagegen mitorganisiert.“
Das scheine der AfD nicht zu gefallen. Diese greife durch ihre Anfrage massiv in die Privatsphäre von Schülern und Lehrern ein. „Es wurde explizit nach der ,verantwortlichen‘ Klasse bzw. deren Lehrer*innen gefragt. Die Klasse wurde … auch von der ,Bild‘ veröffentlicht.“ Zudem sei ein „linksextremistisches Netzwerk“ an der Ida Ehre Stadtteilschule herbeifantasiert worden. Das „Hirngespinst“ der AfD sei von Zeitungen „unreflektiert übernommen“ worden. Antifaschismus müsse vielmehr „eine Selbstverständlichkeit sein“.
Politik in der Schule, eine tägliche Gratwanderung
Berichtet haben Zeitungen, auch das Abendblatt, allerdings nicht in erster Linie über die AfD-Vorwürfe, sondern über das Vorgehen der Schulbehörde gegen die Antifa-Werbung. Auch SPD, FDP und CDU hatten die Werbung der vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppe an der Schule verurteilt.
Bei dem Konflikt geht es wohl nicht nur darum, dass an der Schule Sticker Vermummte vor brennenden Barrikaden zeigten, in Slogans alle Polizisten als „Bastarde“ bezeichnet wurden oder sich die Antifa-Gruppe vermummt in der Schule fotografieren ließ. Es geht auch um die tägliche Gratwanderung, dass Schulen zwar Schüler zu politisch mündigen Menschen erziehen sollen – zugleich aber verpflichtet sind, parteipolitisch neutral zu bleiben und Schüler in keiner Weise zu indoktrinieren.