Hamburg. Union greift Vorschlag der Handelskammer auf und will die Willy-Brandt-Straße (früher Ost-West-Straße) in einen Tunnel verlegen.

In die Debatte über eine Belebung der Hamburger Innenstadt kommt neuer Schwung: Die CDU wird in ihrem Programm zur Bürgerschaftswahl am 23. Februar fordern, die Willy-Brandt-Straße (ehemals Ost-West-Straße) in einen Tunnel zu verlegen. Sie greift einen Vorschlag der Handelskammer auf, der vor drei Jahren für große Aufmerksamkeit gesorgt hatte.

„Die Willy-Brandt-Straße schneidet die Innenstadt von der Speicherstadt und der HafenCity ab. Daher soll geprüft werden, ob sie unter die Erde verlegt werden kann, um mehr Ruhe und mehr Raum in die City zu bekommen“, heißt es in einem Positionspapier zur CDU-Wirtschaftspolitik, das der designierte Spitzenkandidat Marcus Weinberg und die Unternehmerin Christina Block am Dienstag vorgestellt haben. Auf Nachfrage betonte Weinberg, dass es aber keineswegs nur um eine Prüfung gehe: „Wir wollen das machen, wir wollen die Untertunnelung der Willy-Brandt-Straße angehen.“

Kosten von 800 Millionen Euro 

Für Handel und Tourismus wäre es ein großer Wurf, wenn die Straße als trennende Barriere zwischen Innenstadt und HafenCity verschwinden würde. Dass das Projekt grundsätzlich technisch möglich sei, habe das Handelskammer-Konzept gezeigt. Dennoch müssten Machbarkeit und Finanzierung zunächst gründlich und seriös geprüft werden. Weinberg schätzte das Kostenvolumen auf 800 Millionen bis eine Milliarde Euro.

Mit der Untertunnelung der Willy-Brandt-Straße könne man „im Zentrum Hamburgs eine höhere Wohn- und Lebensqualität erreichen und die Konkurrenzsituation zwischen Innenstadt und HafenCity beseitigen“, sagte Christina Block. Wie berichtet, gibt es unter den Einzelhändlern in der City große Sorgen, dass das neue Überseequartier in der HafenCity mit seinen gigantischen Verkaufsflächen dem traditionellen Handel in der Innenstadt das Wasser abgraben könnte.

Die frühere Ost-West-Straße war nach dem Zweiten Weltkrieg als breite Schneise durch die weitgehend zerstörte Innenstadt geschlagen worden. Das Konzept der Handelskammer sah vor, den 1,3 Kilometer langen östlichen Abschnitt zwischen Deichtorplatz und Rödingsmarkt, der seit 2005 Willy-Brandt-Straße heißt (der westliche Teil wurde schon in den 90ern in Ludwig-Erhard-Straße umbenannt), in einen Tunnel zu verlegen.

Baugrund würde frei

Ersten Berechnungen der Kammer zufolge würden dadurch oberirdisch 23.000 Quadratmeter Baugrund frei werden, die die Stadt für 416 Millionen Euro verkaufen könnte. Damit ließe sich der Löwenanteil der Tunnelkosten decken, die damals auf 492 Millionen Euro geschätzt wurden – also noch deutlich weniger als die Summen, von denen die CDU jetzt spricht.

Außer der Handelskammer und der CDU fordern auch die FDP in der Bürgerschaft sowie die Gemeinde der Hauptkirche St. Katharinen die Überwindung der vier- bis sechsspurigen Innenstadt-Barriere. Die Koalition von SPD und Grünen im Rathaus hatte den Vorschlag hingegen bislang nicht weiter verfolgt. Auf Bezirksebene hatte Rot-Grün in Hamburg-Mitte im Frühjahr einen Fußgängertunnel unter der Straße angeregt.

In ihrem Wirtschaftskonzept setze die CDU auf eine „Wissenschafts- und Gründerstrategie 2030“, so Weinberg. Die Hamburger Wirtschaft sei zwar stark, aber die Stadt müsse stärker auf Digitalisierung und Innovationen setzen und mehr Raum und Unterstützung für Start-ups gewähren.

"Wirtschaft und Industrie brauchen Flächen"

Generell fordert die CDU, bestehende Gewerbe- und Industrieflächen nicht anzutasten. „Wir sind klar der Auffassung, dass Hamburg ein Wirtschaftsstandort ist“, sagt Block. Die Schaffung von Wohnraum sei zwar wichtig, auch um für neue Fachkräfte attraktiv zu sein. Dennoch gelte: „Auch Wirtschaft und Industrie brauchen Flächen, um wachsen zu können.“

Die rot-grünen Pläne für ein völlig neues Wohnquartier auf dem Kleinen Grasbrook im Hafen lehne die CDU daher ab. „Das sind Flächen für Industrie und Gewerbe“, sagte Weinberg. Die sollten lieber für Zukunftstechnologien wie 3D-Druck oder Robotic vorgehalten werden. Wohnungen könnten auch an den Magistralen oder im Umland entstehen.

Christina Block, Aufsichtsrätin der Eugen Block Holding (Block House, Hotel Grand Elysée), ließ noch offen, ob sie im Falle einer Senatsbeteiligung der CDU für das Amt der Wirtschaftssenatorin zur Verfügung stünde. „Gucken wir mal, was im Februar ist“, sagte die 46-Jährige. „Ich sage nicht ja, aber auch nicht nein.“