Hamburg. Sie lehnen den deutschen Staat ab, verweigern die Zahlung von Steuern – und knapp jeder Zehnte hat Verbindungen zur rechten Szene.
In Hamburg gibt es nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes mittlerweile 160 sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter. „Knapp zehn Prozent davon weisen Überschneidungen zur rechtsextremistischen Szene auf“, sagte der Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz, Marco Haase. Ende 2018 waren noch 145 Anhänger erfasst.
Grund für die höhere Zahl sei aber nicht ein weiterer Zulauf. Der jüngste Anstieg sei vor allem auf vermehrte Informationen aus anderen Behörden an den Verfassungsschutz zurückzuführen, berichtete Haase. Deutschlandweit sind es laut Verfassungsschutz derzeit rund 19.000 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“. „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ erkennen die Bundesrepublik, das Grundgesetz, Behörden und Gerichte nicht an. „Daher sind sie häufig bereit, Straftaten zu begehen - darunter Steuerdelikte, Urkundenfälschung, Amtsanmaßung, Nötigung oder auch Gewaltdelikte“, erklärte Haase.
Seit 2016 werden Reichsbürger beobachtet
Der Verfassungsschutz beobachtet die Szene seit 2016. „Das Milieu der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" ist äußerst heterogen und umfasst vom Rechtsextremisten bis hin zum Verschwörungstheoretiker ein breites Personenspektrum“, berichtete Haase. Viele seien zudem von esoterischem Gedankengut geprägt. Die Szene habe in Teilen eine ausgeprägte Waffenaffinität - seit 2016 sei in der Hansestadt in sechs Fällen „Reichsbürgern“ die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen worden.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes wurde in Hamburg bislang aber keine schwere Gewalttat von einem „Reichsbürger“ begangen. „Gleichwohl konnte aggressives Verhalten gegen Hamburger Behördenmitarbeiter festgestellt werden“, sagte Haase. Regelmäßig montags und dienstags gebe es Mahnwachen und Kundgebungen in der Hamburger Innenstadt, an denen Angehörige der „Reichsbürger“-Szene beteiligt seien. Diese Veranstaltungen würden von den Passanten aber kaum beachtet. „Um die "Reichsbürger"- und "Selbstverwalter"-Szene weiter aufzuklären, ist der Verfassungsschutz auch auf Hinweise aus der Bevölkerung oder anderen Behörden angewiesen“, betonte Haase.