Hamburg. Am Jenischpark wird eine mehr als 200 Jahre alte Scheune mit viel Aufwand restauriert und mit einem Neubau verbunden. Über das Projekt.

Es ist eines der zurzeit aufwendigsten Bauprojekte im Hamburger Westen: An der Straße Hochrad wird eine mehr als 200 Jahre alte Scheune restauriert und gleichzeitig behutsam mit einem modernen Neubau kombiniert. Parallel lassen die Eigentümer, die Familie Hoff, die historische Hofanlage mit einer Fläche von rund 5000 Qua­dratmetern so weit wie möglich in den Originalzustand zurückversetzen.

„Man braucht einen langen Atem, um das zu stemmen“, sagt Jan Hoff, „und vor allem muss man es unbedingt wollen.“ Die lange, bedeutende Geschichte und die besondere Lage des Hofs machen das Projekt so komplex – das wird beim exklusiven Treffen vor Ort deutlich.

Bauprojekt: Hof ragt in den Jenischpark hinein

Die „Biesterfeld(t)er Landstelle“, seit acht Generation im Besitz der Familie Biesterfeldt-Hoff, ragt wie eine kleine Insel in den Jenischpark hinein. Als die Gegend noch ganz ländlich war, hatten die Biesterfeldts schon den Dorfvogt gestellt, während nebenan Caspar Voght seine „Ornamented Farm“ kultivierte.

Architekt Gerald Kappelmann vom Büro acollage. architektur und urbanistik zeigt einen Ordner mit historischen Bildern. Auf einem Plan aus dem Staats­archiv von 1810 ist Biesterfeld(t)s Hof schon zu erkennen – unter anderem neben „Koopmanns Wachsbleiche“ und dem „Landhaus Voght mit Gutshof“. Während der Franzosenzeit wurde der komplette Hof zerstört, aber bereits 1814 wieder aufgebaut.

Anlage steht unter Denkmalschutz

Aus dieser Zeit stammen das Haupthaus, in dem sich seit den späten 1960er-Jahren das beliebte Restaurant „To’n Peerstall“ befindet – und eben die alte Scheune. Da die Anlage unter Denkmalschutz steht und der Jenischpark ein Naturdenkmal ist, greifen vor Ort bei Bauvorhaben mittlerweile zahlreiche Vorschriften ineinander, die unzählige Abstimmungen nötig machten und noch machen.

Die alte Scheune in frischem Glanz. Links ist der Neubau zu erkennen.
Die alte Scheune in frischem Glanz. Links ist der Neubau zu erkennen. © Unbekannt | Roland Magunia/Hamburger Abendblatt

Die Fachwerkscheune, ein Zweiständerbau mit Sichtmauerwerk, war ursprünglich ein einfacher Nutzbau: ein kombinierter Kuh- und Pferdestall mit Futterboden, der sicherlich gar nicht für eine Lebensdauer von mehr als 200 Jahren errichtet worden war. Hinzu kommt die ungünstige Lage: Auf abfallendem Gelände an der Nordseite des Parks stehend, sammelte sich dort über viele Jahrzehnte so viel Wasser, dass sie faktisch oft monatelang im Nassen stand.

Idee wurde mit Kappelmann entwickelt

Schon auf Fotos und Postkarten aus der Zeit um 1900 wirkt die Scheune an der damaligen Poststraße geduckt und ramponiert. Ein solches Gebäude lässt sich unter den Gegebenheiten vor Ort nicht „mal eben“ restaurieren. Und wofür auch? Für ein millionenteures, privates Freilichtmuseum? Die Hoffs entschieden sich trotz aller Bedenken, dem verfallenen Bau eine Chance zu geben.

Gemeinsam mit Architekt Gerald Kappelmann wurde von 2015 an die Idee der Kombination Scheune/Neubau entwickelt – ein Konzept, das schließlich auch die vielen beteiligten Behörden überzeugte. Das neue Haus wird nun hinter der Scheune errichtet und durch einen Glasübergang mit ihr verbunden. Auf diese Weise kann der alte Bau zu Wohnzwecken genutzt werden, auch wenn er aufgrund des Denkmalstatus nicht beliebig modernisiert werden darf.

Den Hoffs ist Familientradition wichtiger als Protzerei

Das alles hört sich ziemlich leicht an, ist es aber nicht. Denn es gehört zu den vielen Vorgaben bei diesem Projekt, dass der Neubau die Scheune nicht überragen darf, weil die Sichtachse von der Frontseite in Richtung Park erhalten werden muss. Das neue Haus wird dadurch mit rund 130 Quadratmetern für eine fünfköpfige Familie nicht sonderlich groß ausfallen. Im Übrigen gilt: Für die Kosten, die durch die Restaurierung der alten Scheune und den nicht gerade üppigen Neubau auflaufen, hätte man sich andernorts in der Gegend eine prunkvolle Villa bauen können.

Doch den Hoffs ist Familientradition wichtiger als Protzerei. „Uns geht es darum, eine Symbiose aus Alt und Neu zu schaffen“, sagt Charlotte Hoff, und Gerald Kappelmann spricht von der „Verwebung von Historischem und Zeitgenössischem“. Für Jan Hoff hat es große Bedeutung, auf dem Land zu bauen, auf dem schon seine Vorfahren gewirkt haben – „das erdet ungemein“. Nach der Fertigstellung zum Jahresende sollen sich Scheune und Neubau in die Silhouette des Jenischparks einschmiegen. Um diesen Effekt zu verstärken, erhält der Neubau eine Fassade aus Holz.

Bauprojekt: Scheune wird stark aufgewertet

Die rund 140-Quadratmeter-Scheune ist inzwischen frisch gedeckt, Balken und Ständer wurden stellenweise erneuert oder verstärkt. Ihre Wände stehen auf einem umlaufenden Sockel, im Dach sind jetzt Fenster. Fast ehrfürchtig klopft Gerald Kappelmann auf eine frisch restaurierte Wand, Charlotte Hoff erläutert das uralte, einfache Belüftungssystem. Die Scheune wird also nicht nur erhalten und langfristig gesichert, sondern auch stark aufgewertet. So schön, wie sie in wenigen Monaten aussehen wird, ist sie noch nie gewesen.