Hamburg. Männer schlagen 26-Jährigen mit Glasflasche und zünden einen Böller neben seinem Kopf. Ein Detail sorgt für Verwirrung.
Man kannte sich nicht, trank aber trotzdem miteinander in der Neujahrsnacht 2021 – Jan B., das spätere Opfer, und zwei junge Männer. Der eine klein, korpulent, blond; der andere schlank, dunkler Teint, mit gelockten Haaren und – auf dieses Detail wird es hier ankommen – einem Oberlippenbart.
Der Mann mit dem angeblichen Bart, Leon Z., steht am Dienstag vor Gericht unter anderem wegen versuchter räuberischer Erpressung. Gemeinsam mit dem Anderen, der nicht ermittelt werden konnte, soll der 24-Jährige Jan B. im Wassermannpark (Schnelsen) eine Glasflasche auf den Kopf geschlagen und von ihm die Herausgabe von Bitcoins im Wert mehrerer Tausend Euro verlangt haben – wie auch immer das bei einer Kryptowährung funktionieren soll.
Für Bitcoins: Räuber zünden Böller neben Kopf des Opfers
Wie es in der Anklage weiter heißt, habe der unbekannte Mittäter einen Böller neben Jan B.’s Kopf hochgehen lassen. Der 26-Jährige erlitt ein Knalltrauma und drei blutende Platzwunden. Der Angeklagte bestreitet die Tat: Er sei in Wilhelmsburg gewesen, habe dort Silvester verbracht.
Jan B. erinnert sich im Zeugenstand nur schemenhaft an das Geschehen: Am Neujahrsmorgen habe er sich mit den beiden Fremden angefreundet und mit ihnen im Wassermannpark Cola-Whiskey getrunken. Offenbar erzählte er ihnen dabei von seinen Bitcoins im Gegenwert eines „fünfstelligen“ Euro-Betrages.
Hamburger leidet unter hellem Fiepen am Ohr
Er habe Gedächtnislücken, sagt Jan B. Er erinnert sich noch, wie er in Panik wegrannte und stürzte, wie der mit dem Bart ihn schlug und schrie „Gib mir die Bitcoins“. Und wie etwas neben ihm glühte – die Zündschnur des Böllers. „Ich konnte mich noch schnell wegdrehen“, sagt der Zeuge. Dann sei er ins Krankenhaus geflüchtet.
Noch drei Wochen später habe er wegen des Knalltraumas unter einem hellen Fiepen im Ohr gelitten, außerdem unter Angstzuständen. An die Namen der Männer könne er sich zwar nicht erinnern. Aber „ganz sicher“ habe einer der Täter einen Oberlippenbart getragen.
Auch interessant
Dem Angeklagten fehlt der Bart – Nachermittlungen veranlasst
Der Richterin legt Leon Z. am Dienstag ein Handy-Foto vor, das ihn kurz vor der Tat zeigt – ein Oberlippenbart ist nicht zu sehen. Jan B. hatte ihn bei der Polizei auf einem Wahllichtbild erkannt: Der sei es gewesen, zu „90 Prozent“. Eine Telefonnummer des Bartträgers hatte er auch – die habe ihm der Mann gegeben, als sie sich angefreundet hätten, sagt Jan B. Doch die Spur führt ins Leere.
„Unsere Ermittlungen ergaben, dass sich hinter der der Nummer zugeordneten Personalie keine reale Person verbirgt“, sagt eine Polizeizeugin. Bei der Durchsuchung der Wohnung von Leon Z. in Wilhelmsburg habe man die Nummer angerufen, doch sein Mobiltelefon habe nicht geklingelt. Es sei nur eine Mailbox angesprungen. Die Amtsrichterin hat Nachermittlungen veranlasst. Der Prozess wird fortgesetzt.